♕67 • Ausgestoßen ♛

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Jungkook

Langsam blinzelte ich in die Sonne hinein und versuchte etwas durch den Schleier der Erschöpfung zu erkennen. Ich sah verschwommene Gestalten, zu viele von ihnen um sich überhaupt Hoffnungen machen zu können und obwohl ich wusste, dass mir nicht mehr viel Zeit blieb, fühlte ich mich ruhig.

Ich war überrascht, dass sie mich nicht sofort getötet haben. Taehyung schien verstanden zu haben, worüber sie sprachen und obwohl ich in seinem Blick sah, dass es um unser Leben ging, taten sie mir oberflächlich nichts. Sie zwangen mich allerdings eine Flüssigkeit zu trinken.

Zwei von ihnen hielten mich fest, einer sorgte dafür, dass ich den Mund öffnete und wieder schloss, als der vierte mir das Zeug in den Rachen kippte. Ich fing an zu husten und ich hoffte, dass ich das Gebräu sofort wieder auskotzen könnte, aber was auch immer das war, es wirkte sofort.

Ich kann nicht sagen, wie viel Zeit vergangen ist. Die Sonne war bereits unter gegangen als ich wieder wach wurde und sie hatten sich zum schlafen hin gelegt. Ich war an einen Baum gefesselt und direkt gegenüber von mir saß einer von ihnen und war dabei seinen Dolch zu schärfen.

Jin erzählte mir einst von Kriegern aus Marsex Zeiten. Hexen und Seher gab es bereits lange vor uns Menschen und als der große Krieg ausbrach, kämpfte ein Großteil von ihnen an der Seite der Götterwesen. Unter ihnen waren große, gefürchtete und respektierte Krieger, die in Sachen Kampfkunst mit einigen Götterwesen mithalten konnten. Er schwärmte von der Brutalität beim töten, selbst auf dem offenen Feld und er schwärmte von dem Einklang, den sie mit der Waffe bilden.

Als Taehyung und ich den Ausgestoßenen begegneten, trugen sie alle Speere als Waffen, aber als ich an diesem Abend die Augen öffnete, waren es nicht mehr die dutzend Männer von vorhin. Es waren nur noch neun und es waren nicht mehr dieselben. Mir wurde klar, dass irgendwann eine Übergabe stattgefunden haben muss, aber sie schienen trotzdem zusammen zu gehören. Der einzige Unterschied war der, dass diese neun statt Speeren die Waffen bei sich trugen, mit denen die Krieger kämpften, die Jin so bewunderte.

Es war eine brutale Art seine Feinde zu töten, ohne jegliche Gnade. Der Kriegshammer wurde von keiner Armee der neun Länder benutzt, weil er nicht präzise genug beim töten war, aber ein guter Schlag damit gegen den Helm eines Mannes und er konnte nie wieder kämpfen oder reden.

Es dauerte nicht lange bis er mich entdeckte und zu meiner Verwunderung schien die Tatsache, dass ich bei Besinnung war, ihn zu überraschen. Ich verspürte Angst, als er den Hammer nahm, der auf dem Boden neben ihm lag, aufstand und zu mir kam. Er nahm mein Gesicht in seine Hand und starrte mir Sekundenlang fast schon Fassungslos in die Augen, als wäre da etwas, was er nicht verstand. Er weckte seine Männer und nur einige Minuten später wurde mir dasselbe Zeug wieder eingeflößt.

Das zweite Mal als ich aufwachte lag ich mit dem Bauch auf dem Rücken eines Pferdes. Ich versuchte unauffällig den Kopf zu heben und zu erkennen wo ich war nachdem meine Augen sich an das helle Licht der Sonne gewöhnt hatten.

Es war Gras auf dem Boden, aber es sah nicht aus wie das kurze, zum Großteil niedergetrampelte Gras im Wald. Das hier war länger, deutlich länger und es leuchtete im Glanz der Sonne in einem solch satten Grün, dass es mir leid tat weg zu sehen. Doch das war nicht das einzige, was sich verändert hatte. Wir befanden uns nicht länger in einem Wald, es sah nicht einmal mehr nach Skravis aus, so schön war es.

Ich sah zwei lange Flüsse, in denen das Wasser nebeneinander her floss und für einen Moment war es um mich geschehen. Ich hatte vollkommen vergessen, in was für einer Situation ich mich befand und selbst der Schwindel aufgrund der unvorteilhaften Position schien für einen Moment verschwunden.

Es war ein wunderschöner, ein faszinierender Ort, als würde die Magie selber durch diesen Fluss fließen. Ich hatte mich vollkommen verloren im Glanz des Wassers, dem satten Grün der Wiese, in dieser Landschaft und vor allem in der Pracht der Gebirge, die uns umringten. Es war der schönste Ort, den ich jemals gesehen hatte und er befand sich nur einen Tagesritt vom Schloss entfernt.

Ich war dort und doch schien es als wäre ich weit davon entfernt diese Schönheit überhaupt zu verstehen. Es dauerte erneut nicht lange bis ich bemerkt wurde. Der Ritt war anstrengend, ich hatte weder etwas gegessen, noch getrunken und die Mittagssonne war bereits eine ganze Weile dabei meinen Verstand zu verbrennen.

Etwas in meinem Magen drehte sich plötzlich um und ehe ich mich versah, hatte ich mich vom Pferd gerollt und übergab mich bevor ich mich überhaupt vom Sturz erholen konnte. Sie fluchten, ich hörte wie einer sein Schwert zog nachdem sie ihre Pferde zum stehen brachten.

"Coth ahi?" Was soll das, rief einer von ihnen dem Typen mit dem Schwert zu als er Anstalten machte vom Pferd zu steigen. Panisch suchte ich etwas im Dreck vor mir womit ich mich verteidigen könnte, sollte er auf mich los gehen. Ich weiß nicht, warum sie mich her brachten um mich zu töten, aber ich konnte nicht sterben ohne um das Leben gekämpft zu haben.

"Ran asai ano ma drivo." Irgendetwas stimmt nicht mit dem Bastard. Mein Kopf versuchte seine Worte zu verarbeiten, obwohl ich ganz klar wusste, dass ich es niemals verstehen würde. „Deliraes arison drises dara Vayes a ves seci. An ves mayan ma drizes." Dieser Trank sollte ihn für mindestens zwei Tage bewusstlos machen. Er wacht aber nach ein paar Stunden wieder auf.

"Dri ksos ilai." Du hast recht. Er sah kurz zu mir rüber und zum ersten Mal erkannte ich etwas mehr unter der Kapuze seines Umhangs. "Drizdari a ves ma Wordh lotrave hae?" Möchtest du ihn mit deinem Schwert in die Bewusstlosigkeit kitzeln?Einige der Männer fingen an zu lachen und obwohl sowas normalerweise ein gutes Zeichen ist, vertraute ich dort nicht darauf.

Ich sah zu den Ketten an meinen Handgelenken herunter und verfluchte die Tatsache, dass die wohl meine einzige Waffe sind. Es war eine Sache der Unmöglichkeit, ich war alleine gegen neun von ihnen, unbewaffnet und noch dazu hatte ich dank des Zeugs, das sie mir zwei Mal verabreicht haben, nicht einmal das Gefühl ein Wesen dieser Welt zu sein.

"Wais jis dime aho." Wir sind bald da. Es war als wäre mein Körper frei von jeglicher Last. Trotz der Sorge um mein Leben und der Frage, ob Taehyung es Sicher hier raus geschafft hat, hatte ich das Gefühl völlig Frei von jeglicher Last zu sein. Zumindest war das für eine Weile so.

Ich zuckte zusammen, als drei von ihnen sich aus ihrem Sattel erhoben. Mein Kopf war vollkommen getrübt von dem Zeug, das einer von ihnen bereits in der Hand hielt und dennoch war da der klare Gedanke zu kämpfen. Aber mein Körper wollte nicht länger funktionieren. Es könnten die Schläge gewesen sein, die Sonne, vielleicht doch das Zeug oder eine Mischung all dieser Dinge.

Mein Körper konnte nicht mehr, ich war am Ende und während ich nach vorne mit dem Gesicht auf die Wiese kippte, schoss mir plötzlich wieder ein Gedanke durch den Kopf. Ich war noch nicht tot, ich lebte und das hatte einen Grund.

Langsam schloss ich meine Augen und atmete tief aus als ich spürte wie mein ganzer Körper sich entspannte. Ich blendete die Stimmen der Männer aus, es machte mir sogar nichts als sie mich hoch rissen. Erst als einer von ihnen meinen Mund öffnete und ich spürte wie dieselbe bittere Flüssigkeit meine Zunge berührte, gewann ich meinen Verstand zurück.

Ich spürte wie mein Blut alleine bei dem Gedanken es wieder im Körper zu haben anfing zu kochen. Es war keine normale Reaktion auf Gift und selbst wenn es keines war, zerfraß es meinen Körper von innen als wäre es das. Was auch immer das war, ich wusste, dass ich es kein weiteres Mal überleben würde.

Aber es war keine Kraft in meinem Körper um mich irgendwie hindurch kämpfen zu können. Meine Arme zitterten bei dem Versuch sie aus ihren Griffen zu befreien und in meinen Beinen war keinerlei Gespür mehr. Noch nie zuvor hatte ich mich so hilflos gefühlt und während die Flüssigkeit erneut meinen Rachen herunter lief, warf ich einen letzten Blick auf den Himmel.

Es war mein sicherer Tod. Ich wusste, dass es hierzu kommen würde als ich Taehyung die Flucht ermöglichte und trotz der Schmerzen und der Angst würde ich es genauso wieder tun. Ich mag sie vielleicht nicht verstanden haben, aber sie hätten mit Sicherheit beide von uns getötet.

Auf diese Weise konnte wenigstens einer von uns leben.

Begin |Vkook|Where stories live. Discover now