♕33 • Puppenspiel♛

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Jungkook

Ich atme aufgewühlt aus und klopfe mit der Faust so fest ich kann gegen das schwere Holz der Tür. Das dumpfe schlagen, das dabei verursacht wird, hallt an den Wänden der Gänge wieder und wird zurück zu mir geworfen. Ich weiß nicht, die wie vielte Tür das ist, an die ich klopfe und ich weiß auch gar nicht mehr wo ich angefangen habe, dafür bin ich viel zu aufgewühlt. Das er mir aus dem Weg geht ist nichts neues, aber normalerweise weiß ich immer wo er ist, ich weiß ihn stets in Sicherheit, wie kann es also sein das er verschwunden zu sein scheint?

Mir kam bereits seine Abwesenheit beim Frühstück heute morgen komisch vor, Joohyun schien sich auch nicht ganz wohl zu fühlen, lediglich Vater strahlte mit der Sonne um die Wette und ebendiese merkwürdig gute Laune gibt mir jetzt zu denken, denn diese und Taehyungs Verschwinden können nicht ohne Zusammenhang sein. Das es nicht lange ruhig um ihn bleiben würde wusste ich, ich wusste das ich mich auf eine Aktion von seiner Seite  aus vorbereiten müsste und das diese eine Reaktion fordern würde, aber wie soll ich das tun wenn ich nicht einmal weiß was er geplant hat?

Als auch nach dem zweiten Klopfen niemand von innen die Tür öffnen, greife ich nach dem metallenen Türknauf und stoße sie mit meiner Schulter recht grob auf. Den Schmerz, der sich dabei durch meinen gesamten Arm zieht, ignoriere ich. Stattdessen konzentriere ich mich auf das Gesicht meines Vaters, das mir direkt ins Auge springt. Ich hätte mir eigentlich denken können, was die verschlossenen Türen des Thronsaales zu bedeuten haben, ich stand schon oft genug auf dieser Seite, aber es macht mich dennoch wütend zu sehen, was hier vor sich geht. 

Vater sitzt auf dem Thron, die Hände links und rechts auf den Armlehnen abgestützt und das Lächeln in seinem Gesicht unverkennbar. Am unteren Ende der Stufen, die zum Thron hinauf führen, haben sich alle wichtigen Berater und Beamten des Königs versammelt. Sie sitzen auf Stühlen, die in einem Halbkreis aufgestellt wurden, sodass jeder jeden sehen kann und Seok sitzt dabei ganz links. Bei allem was in letzter Zeit vorging habe ich ihn vollkommen vergessen und dabei war es wahrscheinlich seine Idee, mich hiervon, was auch immer das ist, auszuschließen. Mein Vater ist der König und zugegeben ein unglaublich schlauer Mann, nur so konnte er all die Jahre überleben. Er ist es, der die Krone auf dem Kopf trägt, aber das Gehirn hinter vielem ist meistens Seok. Er flüstert meinem Vater Ideen zu, die dieser in seinem Größenwahnsinn so ausübt, wie er es für richtig hält. Es ist eine Mischung, die von Feinden gefürchtet wird, aber ebenso von mir, weil sie den Krieg bedeuten könnte. Mein Vater ist Schwarzpulver und Seok ist der Funken, der diesen zünden kann.

"Was ist hier los?", frage ich und ignoriere das gemurmel der restlichen Berater, die sich über mein Auftreten und mein Verhalten beschweren. Der einzige, den ich überhaupt eines Blickes würdige ist mein Vater, der mit einem lächeln um die Lippen die Augenbrauen leicht verwirrt anhebt als würde er meine Frage nicht verstehen. 

"Es ist eine Besprechung", sagt er als verstehe er den Grund meiner Aufregung nicht. 

Ich weiß, was das hier werden soll, es ist eines seiner Spiele, nur das es das erste mal ist, dass er es mit mir spielt. Er wusste, dass ich hierher kommen würde, er wusste das ich nach ihm suchen und dabei in die Besprechung platzen würde und ich bin direkt in seine Falle gelaufen. Er wollte mir hiermit zeigen, wie unwichtig ich noch für das Land bin. Ich mag zwar der Kronprinz sein, aber solange er lebt bin ich nur eine Marionette in seinen Spielen, eine Puppe, die er in der Luft zerreißen kann wenn er es so wünscht. Aber es interessiert mich nicht, was für Spiele er spielt, es interessiert mich im Moment nicht einmal, dass er dafür das größte existierende Spielbrett, nämlich die Welt, benutzt. In meinem Kopf schwirrt seit heute Morgen nur eine Frage umher, nur eine Sorge, die mir keine Ruhe lässt und die Unwissenheit, die sie mit sich bringt, macht mich so wütend das ich am liebsten laut los schreien würde. 

"Geht es in dieser Besprechung zufälligerweise um den verschwundenen Prinzen?", frage ich vor Sarkasmus triefend und beiße die Zähne aufeinander um nichts falsches zu sagen. 

"Verschwunden? Ich weiß nicht wovon du sprichst." Er runzelt gespielt verwirrt die Stirn und sieht zu Seok herüber, der lediglich mit dem Kopf schüttelt. 

"Der Prinz des Nordens befindet sich unserer Kenntnis nach in der Stadt." 

Mein Vater nickt und sieht mich an wie ein Kind, das damit bewiesen hat das es recht hatte. "Also nicht verschwunden", sagt er als wären es gute Nachrichten, aber ich stehe einfach nur da und sehe ihn wie versteinert an.

All die Momente, die ich bisher mit Taehyung geteilt habe und die sich trotz des Schnees und des Eis, die er geschaffen hat, nie kalt anfühlten, verblassen in diesem Augenblick. Wenn ich das beschreiben müsste, was ich bei diesen Worten empfinde, wäre das Wort Angst wohl das, was dem am nächsten kommt, auch wenn es viel zu schwach klingt um dem Gerecht zu werden. Es fühlt sich eher an als hätte man mich von einer Klippe geschubst ohne irgendeinen Untergrund auf dem ich landen kann. 

"Du hast ihn in die Stadt reiten lassen?", fragte ich fassungslos und sehe ihn mit einem leeren Blick an. "Warum?"

"Warum?", wiederholt er meine Frage als wäre die Antwort darauf offensichtlich. "Weil er eine Waffe ist, die getestet werden muss. Ich habe keine Verwendung für nicht funktionierende Waffen."

"Verfluchte Scheiße!", schreie ich aufgewühlt und schieße nach vorne durch die Lücken zwischen den Stühlen hindurch bis zum Fuße der Treppe. "Er ist keine Waffe, die du nach belieben lenken kannst! Indem du ihn in die Stadt geschickt hast, hast du ihn den Wölfen zum Fraß vorgeworfen und wenn ihm etwas passieren sollte, dann...-"

"Dann was?", fragt er lauter und sieht mich ungerührt an. Das Lächeln ist gänzlich aus seinem Gesicht verschwunden und jede Belustigung, die vorher noch da gewesen, ist einem strengen, gar wütenden Ausdruck gewichen. "Noch bist du kein König, wie kannst du also glauben deine Stimme gegen mich erheben zu dürfen? Mir zu drohen ist Hochverrat und vor dem Galgen bist nicht einmal du sicher, Jungkook."

Er sieht an mir vorbei, zu einer der Wachen, die an der großen Flügeltür stehen, die ich auf gerissen habe. "Begleite den Prinzen zurück auf sein Gemach und Sorg dafür das er es nicht verlässt." Selbst wenn ich in diesem Moment etwas hätte sagen wollen, der eiskalte Ausdruck in seinen Augen bringt mich sofort zum Schweigen. "Bis der Prinz zurück kommt hast du Zeit darüber nachzudenken wem deine Treue gilt: Deinem Land oder dem Prinzen."



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