♕38 • Gut und Böse♛

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Jungkook

Normalerweise bin ich bei den Besprechungen, die mein Vater organisiert, stets so konzentriert, dass ich nicht einmal den stechenden Schmerz in meinem Rücken bemerke, der vom Stundenlangen herum stehen kommt. Ich war nie wirklich daran interessiert, ein König zu sein. Regenten sind für mich nur Menschen, denen zu viel Macht gegeben wurde und Macht zerstört einen Menschen. Wir zerbrechen daran wie Glas, in das man flüssiges Metall gießt.

Aber ich konnte es mir nicht aussuchen, ich konnte nicht Nein zu meiner Verpflichtung sagen, weil man mir keine Wahl gab um dies zu tun. Ich konnte mich entweder fügen, lernen und versuchen die Fehler meines Vaters nicht zu wiederholen, oder ich konnte mich widersetzen und mich brechen lassen. Es gab eine Zeit, wo ich meinem Vater offen gegenüber trat, ihm sagte was ich von seiner Herrschaft hielt, von seinen Grausamen Taten, die er bei eben solchen Besprechungen gut zu reden versuchte, doch das war eine Zeit, in der ich noch an das Gute und Böse glaubte.

Mit den Jahren fing ich an zu begreifen, dass ich vielleicht vor meiner Pflicht davon laufen könnte, aber dass die Herrschaft eines einzelnen Menschen nie enden wird. Wir sind wie Tiere, das einzige was uns von ihnen unterscheidet ist unser Verstand, aber letztendlich leitet uns nur eines an; der Wille zu überleben.

Es war Mutters Tod, der mir das klar machte. Menschen töten um zu überleben oder um die zu schützen, die sie lieben. Wir sind wie Tiere, die sich gegenseitig zerfleischen, Kontrolle ist das einzige was uns Menschlich macht und die kriegt man nur durch einen Herrscher.

Ich habe bereits häufiger mit Joohyun darüber nachgedacht, wie eine Welt ohne einen König wohl aussehen würde, eine Welt, in der jeder Mensch über sich selber entscheiden dürfte, in der es keine Hierarchie gibt. Sie glaubt bereits seit ihrer Kindheit an eine Welt, in der Menschen die, die über ihnen stehen, aus freien Stücken wählen, eine Welt, in der man Frei sein konnte, in Körper und Geist, aber ich hielt das nie für mehr als einen Traum. Diese Welt, von der sie spricht, kann nicht existieren. Selbst, wenn wir uns unsere Herrscher auswählen könnten, würde es Krieg geben.

Wir Menschen sind viel zu verschieden als das wir uns einigen könnten, es kann niemals eine Welt ohne Krieg geben.

Joohyun hatte diesen Gedanken von meiner Mutter eingeredet bekommen, eine ideale Welt, genau wie die Götter es wollten und obwohl ich in dieser Sache stets die Sichtweise meines Vaters vertrat, habe ich gestern ein Versprechen gegeben, das dem komplett gegenüber steht.

Ich habe Taehyung den Frieden versprochen, den er sich so sehr wünscht. Es ist merkwürdig, wie ich mich in seiner Nähe in einen fast vollkommen anderen Menschen verwandle, vielleicht nicht in der Art, wie ich mich verhalte, aber zumindest in der, mit der ich denke. Alles, was ich kenne, habe ich von meinem Vater gelernt und auch wenn ich das nur ungern zugebe, so habe ich auch einige Gedankengänge und Verhaltensweisen von ihm übernommen. Frieden war für ihn immer eine Wunschvorstellung der Menschen um sich den Krieg schönzureden, sich selber Hoffnung zu schenken, darauf, dass das alles irgendwann enden wird und für mich war das stets eine realistische Sichtweise auf das Leben. Hoffnung war in unseren Augen stets das größte Übel, die größte Plage, die die Götter auf die Menschen los gelassen haben.

Aber die Hoffnung, die ich in Taehyung sehe und die in seinen Worten steckt ist kein Übel, keinesfalls. Es ist, als wäre der Frieden, von dem er spricht, zum Greifen nah, als könnten wir beide ganz alleine all die Jahre des Leidens beenden und das, wovon er bereits seit seiner Kindheit träumt, wahr werden lassen.

"Jungkook."

Ich zucke zusammen und schaue mich verwirrt im Raum um als ich meinen Namen höre. Mein Vater, der die ganze Besprechung über auf dem Thron saß, erhebt sich langsam ohne den Blick von mir abzuwenden. Ich fahre mir mit der Zunge über meine trockenen Lippen, verschränke die Hände hinter meinem Rücken und versuche ihn so selbstsicher wie möglich anzusehen. Ich weiß nicht, wann die Berater aufgestanden und gegangen sind, ich war die ganze Besprechung über scheinbar in Gedanken vertieft, aber mittlerweile befindet sich niemand mehr im Saal, bis auf mir, meinen Vater und Seok.

Begin |Vkook|Место, где живут истории. Откройте их для себя