Kapitel 2.

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Ich wachte im Krankenhaus wieder auf. Ich hatte eine traumlose Nacht hinter mir. Das Erste was ich sah, war das Gesicht meines Vaters, der sich über mich beugte. Ich erkannte, wie mein Vater die Lippen bewegte, aber ich konnte nichts hören. Ich spürte nur diese schreckliche Leere. Keine Gefühle, keine Schmerzen. Ich war noch ganz benommen und konnte noch nicht richtig denken, aber nach und nach bohrte sich eine Frage nach der anderen in mein Gehirn: Was war gestern Abend passiert? Was war mit Liam passiert? Habe ich ihn so sehr verletzt?

Ich erinnerte mich an immer mehr: Wie seine Faust mein Gesicht traf, wie ich auf dem Boden aufkam und die unendliche Enttäuschung spürte. Liam – mein bester Sandkastenfreund und später wurde er mein Freund – hatte mich geschlagen. Und das aus einem lächerlichen Grund: Er hatte mich gefragt, ob ich mit ihm schlafen möchte. Ich habe ihm dann erklärt, dass es für mich noch zu früh ist und ich noch warten möchte. Er hatte genickt und verständnisvoll getan, wie er es immer getan hatte. Er hatte sogar gelächelt. Wie konnte ich da mit einem Schlag rechnen?

„Schatz?“ Die schrille, hohe Stimme meiner Mutter riss mich aus meinen Gedanken.

Langsam drehte ich meinen Kopf zu ihr und dabei bemerkte ich den dicken Verband, der um meinen Kopf gewickelt worden war. Erst jetzt spürte ich den drückenden Schmerz in meinem Gehirn – nein, es waren zwei Schmerzen: Erstens fühlte sich mein Kopf so an, als würde er gleich zerspringen und in tausend Teile zersplittern (was ich im Moment nicht mal so schlimm fände) – und zweitens traf mich die Enttäuschung über Liam wie ein weiterer Schlag.

„Wie geht es dir?“, ich erkannte die Stimme meiner kleinen Schwester, Lisa.

Ich wollte etwas sagen, irgendetwas, doch aus irgendeinem Grund konnte ich meinen Mund nicht öffnen.

Mein Vater sagte: „Dein Kopf tut noch sehr weh oder?“

Und die besorgte Stimme meiner Mutter fügte hinzu: „Ist es arg schlimm? Soll ich eine Schwester holen?“

Nein, ich brauchte keine Schwester. Ich dachte wieder an Liam und plötzlich war mir alles egal. Mein Kopf machte mir keine Probleme. Es war mein Herz, das so weh tat, dass ich es kaum aushalten konnte. Es fühlte sich an, als würde es gleich in tausend kleine Splitter bersten, die von innen meine Lunge durchstoßen, sodass ich nicht mehr atmen kann.

WoodkissWhere stories live. Discover now