Kapitel 71.

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Ich werfe einen Blick nach unten. „Laura!“, zischt er gefährlich. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Er klingt wie eine Schlange. Was macht er hier? Was will er von mir? „Komm runter!“ Mein Verstand sagt mir genau das Gegenteil. Nämlich dass ich in meiner Hängematte bleiben soll. Ich tue einfach nichts und warte darauf, dass er noch etwas sagt. „Du weißt, dass ich dich da runter bekommen werde, oder? Egal was du tust...“ Sein Stimme klingt unheimlich und gefährlich.

Ich denke nicht nach und sage: „Dann werde ich schreien. Die anderen werden aufwachen und mir helfen!“ Aber eigentlich glaube ich selbst nicht daran. Die anderen haben ihre Hängematten viel zu weit von mir aufgehängt. Sie würden nicht hören, wenn ich schreien würde.

Daniel lacht spöttisch auf. „Die werden gar nichts tun! Die schlafen so fest, dass nicht einmal du sie aufwecken kannst.“ Ich runzle die Stirn, weil ich mich frage, ob er etwas mit ihnen getan hat. Bei Daniel kann ich mir das gut vorstellen. Ich will fragen, was mit Jayden ist. Er schläft direkt neben mir. Er würde sicher aufwachen. Sofort kommt mir der Gedanke, dass er ihm etwas getan hat. Aber das hätte ich sicher mitbekommen, weil ich eigentlich immer wach war. „Egal, was du tust, ich werde dich da sowieso runter kriegen!“ Seine Stimme verwandelt sich im Laufe des Satzes in ein Zischen. Er macht mir Angst, aber ich versuche, sie zu vertuschen und sie ihm nicht zu zeigen.

„Von hier oben ist es wesentlich schwerer“, sage ich und lasse so viel Spott wie möglich einfließen. Nur das Zittern in meiner Stimme kann ich nicht ganz unterdrücken. „Was willst du überhaupt?“, frage ich, um ihn abzulenken.

„Das sage ich dir erst, wenn du hier unten stehst!“ Er fällt nicht darauf herein. Für einen Moment überlege ich tatsächlich nach unten zu klettern. Aber das ist es mir dann doch nicht wert. Ich schnaube nur abfällig.

Meine Hängematte ist ungefähr zwei Meter über dem Boden. So schnell wird er da nicht hoch kommen.

Kurz sagt niemand von uns etwas. Dann meine ich: „Komm doch! Kriegst mich eh nicht!“ Ich lache auf und unterdrücke mit viel Mühe das Zittern, das in mir aufsteigt.

„Glaubst du wohl!“, lacht Daniel und spielt sein Spielchen weiter. Er macht eine ruckartige Bewegung nach vorne. Ich reagiere schnell und rutsche in meiner Matte nach hinten. Erst dann verstehe ich, dass er mich nur verarscht hat. Er lacht laut auf. So laut, dass wenigstens Jayden neben mir aufwachen müsste. Aber es rührt sich nichts nebenan. Was hat Daniel nur mit ihm gemacht? Ich werfe einen Blick zu seiner Hängematte hinüber. Es ist keine Ausbuchtung zu sehen, die gezeigt hätte, dass er darin liegt. Wieder läuft mir ein Schauer über den Rücken.

„Wo ist Jayden?“, zische ich Daniel an.

Doch er lacht nur. „Habe mich schon gefragt, wie schnell dir das auffällt!“ Er macht eine kurze Pause, die er seinem spöttischen Gelächter widmet. „Ich habe ihn aus seiner Hängematte geholt. Genauso, wie ich es mit dir tun werde!“ Sein Blick glitzert irre und seine Hände zucken. Ich zwinge mich dazu, nicht zurückzuweichen.

Und genau in dem Moment, in dem er seine Hände nach mir ausstrecken will, höre ich ein seltsames Geräusch. Ich muss nicht zweimal hinhören, um zu wissen, dass es ein Mensch ist. „Mmmhh!“, macht jemand, nicht weit entfernt von uns. Es klingt gedämpft. Wie ein Schrei. Jayden!, schießt es mir durch den Kopf. Meine Augen suchen wild nach ihm. Doch ich sehe nichts, außer dunkle Umrisse von Bäumen und Büschen. Daniel zieht seine Hände sofort zurück und dreht mir den Rücken zu. Er hat das Geräusch auch gehört. Doch im Gegensatz zu mir, weiß er, wer es war. „Verdammt sei still! Jayden!“ Seinen Namen fügt er noch extra an, als wolle er für mich hervorheben, wer es ist. Daniels Stimme trieft nur so von Bösartigkeit.

WoodkissWhere stories live. Discover now