Kapitel 69.

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Genauso schmerzerfüllt wache ich am nächsten Morgen auf. Ich fahre mir mit einer Hand verschlafen über das Gesicht und bemerke, dass es feucht ist. Es muss geregnet haben. Ich bin überrascht, dass ich davon nicht aufgewacht bin. Aber ich war so müde, dass ich zu tief geschlafen habe, um es zu bemerken.

Leichte Tropfen rieseln auf mich hinab, als ich aus der Hängematte klettere und dabei fast gestolpert wäre. Ich fange mich mit den Händen auf dem Boden ab und ein stechender Schmerz durchzuckt meinen rechten Unterarm. Ich trage immer noch den Gips. Ich weiß, dass er eigentlich schon abgenommen sein sollte. Aber ich hatte noch keine Chance, einen Arzt aufzusuchen. Ich frage mich, ob es ungünstig wäre, den Gips länger als nötig zu lassen. Aber mir fällt nichts ein, was daran schlimm sein könnte.

Die anderen schlafen noch friedlich in ihren Hängematten und ich bin mal wieder als Erste wach. In letzter Zeit passiert das immer öfter...

Ich richte mich auf. Meine Knochen knacken laut. Und erst jetzt erkenne ich, was über Nacht passiert ist. Über den gesamten Boden liegen Stofffetzen, Müll und zerfetzte Klamotten herum. Jemand oder etwas muss hier gewesen sein, während wir geschlafen haben. Ich trete näher an die Stelle heran, an der gestern das Feuer war. Die Asche ist bis zu zwei Meter um die Feuerstelle verteilt.

Ich sehe eine Bewegung aus dem Augenwinkel, doch ich reagiere nicht darauf. Stattdessen knie ich mich auf den Boden, um die Asche besser untersuchen zu können. Etwas hinter mir knackt und ich fahre erschrocken herum. Ich erwarte das Geschöpf, das das Durcheinander verursacht hat, doch ich sehe nur Jayden, der ebenfalls aufgestanden ist. Erleichtert atme ich aus.

Mit verschlafener Stimme fragt er: „Wer war das?“

Ich weiß es nicht. Doch genau in diesem Moment entdecke ich die Fußspuren hinter ihm. Ich bücke mich auf den Boden und strecke die Hand danach aus. Es sieht nicht aus wie der Abdruck eines Schuhs, wenn es ein Mensch war, der das hier angerichtet hat. Nein. Eher sieht es aus wie die Pfoten eines Tieres. „Nicht wer. Was!“, antworte ich ihm. Er kniet sich neben mich. „Welches Tier ist das?“

„Ich bin mir nicht sicher“, sagt er. Mein erster Gedanke ist, dass es ein Bär war, aber dafür ist der Abdruck zu klein. „Ich vermute einen Waschbär. Oder vielleicht auch mehrere.“

„Waschbären?“, frage ich erstaunt. „Ich dachte, die leben nur in Großstädten, wo Menschen sind?“ Ich erinnere mich, als einmal Waschbären unseren Müll zu Hause auf der Suche nach Essen zerfetzt haben. Sie haben alles, was sie finden konnten, auf dem Boden verteilt. Dad ist in der Nacht aufgewacht, als sie unsere Mülleimer umgestoßen haben und hat sie verscheucht. Danach kamen sie nie wieder.

Jayden schüttelt den Kopf. „Nein. Es gibt genauso Waschbären, die in der Wildnis leben.“ Er lässt seinen Blick über das Durcheinander schweifen. „Aber vielleicht besteht eine Chance, dass hier irgendwo in der Nähe Häuser sind. Vielleicht können die Menschen uns helfen!“ In seiner Stimme schwingt Hoffnung mit.

Ich höre eine Knacken hinter mir und ich drehe mich um. Max ist von seiner Hängematte hinuntergesprungen. Er muss unser gesamtes Gespräch mitgehört haben, denn er sagt: „Ich kenne die Gegend hier. Hier wohnt niemand!“ Er klingt seltsam. Nicht seine Stimme, sondern der Tonfall, in dem er redet. Er verhaspelt sich fast, weil er so schnell spricht. Er hat zwar noch nicht viel in meiner Gegenwart gesprochen, dennoch weiß ich, dass er eher langsam geredet hat. Ich ziehe nur eine Augenbraue hoch.

„Wir sollten das hier aufräumen“, seufze ich und drehe mich zu einem Haufen zerfetzter Klamotten um. Es sind zum Glück keine von mir, denn ich habe alles, was ich noch besitze, angezogen. Ich hebe sie auf und bewerte, ob man sie noch tragen kann. Ich sortiere sie auf zwei Haufen und mache mich danach auf Essenssuche.

WoodkissWhere stories live. Discover now