Kapitel 29.

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Heather war gestern den ganzen Abend bei mir. Sie hat mich getröstet, mir zugehört. Und ich habe es genossen. Mit jemandem zu reden, ihm alles zu erzählen. Heather hat mich dazu gebracht, mich zu öffnen. Es fühlt sich schon nach Ewigkeiten an, seitdem ich das letzte Mal mit einer Freundin geredet habe. Sie gibt mir das Gefühl, nicht allein zu sein. Da zu sein, wenn ich sie brauche. Sie zeigt mir, dass sie mich versteht. Und dafür bin ich dankbar.

Und trotzdem ist mir immer noch das, was Dad als letztes zum mir sagte, im Kopf herumgespukt. Er meinte, ich solle niemandem vertrauen. Aber meint er damit auch, wenn ich Heather von Liam erzähle?

Jetzt sitzen wir am Frühstückstisch und sie lächelt mir quer über den Tisch aufmunternd zu. Es beginnt ein neuer Tag. Ich habe „Tag 5“, den sie gestern im Fernseher übertragen haben, nicht angesehen. Ich wollte es nicht sehen. Wie sie neue Lügen über mich erzählen. Und ich bin mir sicher, dass sie das taten.

Heute werden wir nach North Bay fahren. 200 Kilometer von hier. Man hat uns gesagt, dass wir Strecke aufholen müssen, weil wir so lange in Pembroke waren.

Also versuche ich, mir nichts anmerken zu lassen, wie sich die Lügen gestern angefühlt haben. Wir haben erst 'Tag 7', immer noch genug Zeit, mein Bild vor dem Publikum zu ändern. Und heute werde ich damit anfangen.

Wir machen gemeinsam den Bus startklar, während Carter uns dabei aufnimmt. Morgen werde ich an der Reihe sein mit dem Videotagebuch. Jayden, Logan und Kim räumen die Stühle und Tische auf, während Avery im Bus aufräumt und Daniel mit einem Hammer und einer handvoll Nägeln durch die Gegend läuft. Wahrscheinlich muss er irgendetwas im Bus festnageln. Heather wird von Carter mit der Kamera verfolgt.

Dann zerreißt Jaydens entsetzte Stimme die fröhliche Atmosphäre: „Wir haben einen Platten!“

„Oh nein!“, stöhnt Heather laut und ist immer noch ganz rot vom Herumrennen. Alle laufen zum Bus der Jungs, um den Platten zu sehen. Nur ich bleibe an unserem Bus stehen. Was ist an einem Platten so besonders? Ich lehne mich an den Mädels-Bus und schaue der Traube in ein paar Metern Entfernung zu.

Plötzlich ruft jemand: „Da steckt ein Nagel im Reifen!“

Und eine andere Stimme erhebt sich aus dem Gemurmel: „Hier ist ein zweiter Platten!“ Okay, jetzt wird der Platten – nein die Platten – doch spannend. Langsam trotte ich zu den anderen. Das rechte Vorderrad ist komplett eingesunken, während das rechte Hinterrad nur ganz leicht zusammengeschrumpft ist.

„Ist da auch ein Nagel?“, fragt Logan.

„Jaaahh...“, antwortet Daniel vom kleineren Platten. „Aber dieser steckt nicht ganz im Gummi drin!“ Als ich seine Stimme höre, muss ich mich plötzlich wieder daran erinnern, wie Dad mir einmal von Daniel erzählt hat. Er sagte, er wäre einmal bei mir zu Hause gewesen. Und wir hätten miteinander gespielt. Das muss aber vor sehr langer Zeit gewesen sein, denn ich kann mich nur noch sehr sehr dunkel daran erinnern. „Das ist seltsam. Wir können also nicht darüber gefahren sein. Sonst würde er tiefer im Hinterrad stecken!“ Er hat Recht.

„Es muss jemand absichtlich gemacht haben!“, vervollständige ich seine Worte.

„Aber wer?“

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