Kapitel 53.

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Heather und ich sitzen gemeinsam mit Benjamin auf schwarzen Ledersitzen und unterhalten uns darüber, was er noch in den Ferien tun wird. Er sagt, er möchte noch einige Jagdausflüge mit seinem Vater unternehmen, bevor er zu seiner echten Mutter nach Timmins zurückkehrt, wo er für das nächste Semester lernen wird.

Die Limousine hält vor dem Polizeirevier von Fort Hope an und lässt uns aussteigen. Ich trage meine Tasche, die Helene mir zum Abschied geschenkt hat, nach draußen und stelle sie dort ab. Alle anderen stehen schon versammelt vor der Türe zu einen Gebäude, auf dem vorne groß „Police Station“ steht. Dort werden wir die Sachen abholen, die uns beim Flugzeugabsturz verloren gegangen sind. Die Polizei hat sie für uns gefunden.

Die meisten haben eine Gastschwester oder -bruder dabei und manchmal ist sogar die gesamte Familie gekommen. Logan ist bei einem Mädchen mit hellblonden Haaren und wunderschönen blauen Augen. Ich schätze sie ungefähr auf 15 Jahre. Sie starrt ihn ununterbrochen an. Jayden hat einen gleichaltrigen Jungen bei sich, mit dem er sich gut zu verstehen scheint. Avery und Carter scheinen sich eine Gastfamilie geteilt zu haben. Ab und zu fange ich Blicke auf, die die beiden sich verträumt zuwerfen.

Ein Polizist mit einem Schnurrbart schließt die Türe auf und lässt uns eintreten. Er führt uns in ein Büro, in dem mehrere Kisten mit verschiedenen Gegenständen auf einem Tisch stehen. Manche sind voller gepackt, andere. „Wir haben die Kisten nach der Art der Gegenstände sortiert. In der ersten sind Klamotten, in der anderen zum Beispiel Toilettensachen. Ihr geht einfach durch und sammelt das ein, was euch gehört. Wahrscheinlich werdet nicht so viel finden, wie ihr ursprünglich dabei hattet. Das liegt dann vermutlich daran, dass wir einige Sachen aussortiert haben, die beschädigt waren oder einfach nicht mehr zu finden waren.“

Ich bin gespannt, was sie von meinen Sachen gefunden haben. Ich hatte nicht sehr viel dabei. Wenn sie etwas gefunden haben, dann sind es nur Klamotten. Zum Glück hatte ich keine Dinge dabei, die mir viel bedeutet hätten. Und auch im Bus befinden sich keine Sachen, die mir sehr am Herzen liegen. Ich habe alles zu Hause gelassen. Vor meinem inneren Auge blitzt kurz ein Bild von Liams Ring auf, den er mir vor langer Zeit einmal geschenkt hat. Kurz darauf folgt der altbekannte, stechende Schmerz.

Ich krame in den Kisten und alles was ich finde, ist eine leicht kaputte Jeans, ein paar T-Shirts und Pullover. Ich habe auch nicht mehr erwartet. Ich stopfe es achtlos mit der Plastiktüte von Helene in die Umhängetasche, die ebenfalls nicht beschädigt wurde.

Ich sehe, dass nur zwei von ursprünglich acht Handys noch heil sind. Die Kameras haben keinen Schaden davongetragen und auch die Mikrofone sind weitestgehend heil.

Nachdem alle ihre Sachen gefunden haben, werden wir von unseren Gastfamilien zum Hafen von Fort Hope gebracht. Eigentlich dürft man es nicht einmal „Hafen“ nennen. Es ist nur ein Steg, der in den See ragt. Das Schiff, von dem wir abgeholt werden sollen, ist noch nicht zu sehen. Die Sonne glitzert im See und der hellblaue Himmel taucht ihn in türkisfarbenes Wasser. Ich genieße einfach die Sicht und halte mein Gesicht in die Sonne, um es zu wärmen. Obwohl es Sommer ist und die Sonne scheint, ist es hier ziemlich kalt. Ich habe eine Softshelljacke von Johanna an, die Helene mir freundlicherweise gegeben hat. Auch wenn sie mir um einiges zu klein ist, bin ich ihr dankbar dafür.

„Wie geht es dir?“ Schon wieder diese Frage. Aber mein Herz macht trotzdem einen kleinen Hüpfer, als ich seine Stimme höre. Jayden. Gestern hatten wir gar keine Zeit dazu, uns zu unterhalten.

„Gut. Ich glaube mein Arm erholt sich schnell“, erzähle ich und mein Blick gleitet zu meinem rechten Unterarm, der immer noch eingegipst ist. Der Arzt in Fort Hope hat gesagt, dass ich den Gips in etwa zwei Wochen entfernen lassen soll. Er wusste, dass ich das dann wahrscheinlich in einem anderen Krankenhaus machen muss und hat mir deshalb extra einen Zettel geschrieben, den ich dem zuständigen Arzt geben muss, wenn ich den Gips entfernen lasse. Ich spüre ihn in meiner Hosentasche. Gestern hat es mich wirklich überrascht, mit einem Gipsarm Bogenschießen zu können.

WoodkissWhere stories live. Discover now