5 | Alles nur ein Spiel

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Natürlich tat es der Freundschaft zwischen Maxim und mir keinen Abbruch, dass ich ihm die Faust in die Fresse gedonnert hatte. Den Bluterguss auf seiner Nase konnte man noch ein paar Tage lang sehen - weil er mir aber aus dem Weg ging, kam ich nicht allzu oft dazu.

»Alles cool zwischen uns?«, sprach ich ihn in der nächsten Woche darauf an. Es war eine der vielen Pausen, die wir auf dem Raucherplatz verbrachten und uns fühlten, als hätten wir verdammt nochmal alles erreicht.

»Klar, warum nich'?«, erwiderte er und aschte auf den Boden. Abgase hatten den darauf liegenden Schnee grau verfärbt, auch die gelben Spuren von Pisse waren zu sehen.

»Zerstörte Fresse gegen scheiß Nachsitzen klingt ziemlich fair«, fügte Maxim hinzu, während sich ein kurzes Lachen über sein Gesicht legte.

Auch ich grinste, dann verstrichen ein paar Momente voller Schweigen, in denen wir an unseren Zigaretten zogen. Kurz glitt mein Blick in Richtung Aykans, der mal wieder mit Federico und zwei Typen aus der Parallelklasse zusammenstand.

»Komm nächsten Samstag vorbei«, wandte ich mich wieder an Maxim. »Und bring' Alk mit.«

»Was hast du vor?« Er nahm einen tiefen Zug seiner Zigarette. Mittlerweile gelang ihm das ohne zu husten, eine Leistung, auf die er sicherlich ganz stolz war.

»Wirst schon noch sehen«, grinste ich.

Ich würde ihn noch früh genug einweihen.

Schweißgeruch hing in der miefigen Umkleidekabine und wurde nur von dem kratzigen Dunst der Deos überlagert, als wir am Nachmittag endlich die letzte Unterrichtsstunde hinter uns gebracht hatten.

»Ernsthaft, wenn wir nächstes Mal wieder turnen müssen, hau' ich ab. Gibt nichts Unnötigeres als'n scheiß Sport, der nur der Ästhetik dient«, seufzte ich und schnürte meine Sportschuhe auf, die mir bestimmt schon seit letztem Jahr zu klein waren.

»Hast ja echt 'ne Leidenschaft dafür, dich über alles zu beschweren«, warf Federico belustigt ein.

»Und du, mein Verhalten genaustens zu analysieren, was?«, gab ich zurück und sah ihn einen Moment lang an.

Bevor Federico etwas antworten konnte, zog Maxim die Aufmerksamkeit auf sich.

»Jungs, jetzt mal was anderes. Kommt ihr noch 'ne Runde zu Kemal mit?«, schlug er vor. Dort gab es den wahrscheinlich schlechtesten, dafür billigsten Döner der ganzen Stadt.

Natürlich waren wir dabei. Waren wir immer. Die meisten meiner Freunde hatten genau wie ich nicht sonderlich viel Bock darauf, nach Schulschluss heimzugehen. Wenn wir Geld hatten, hingen wir in der Dönerbude herum, wenn nicht, dann irgendwo draußen.

»Was ist mit dir, Fede?«, fragte ich ihn, während ich meine verschwitzten Sportsachen in der Tasche verstaute. Er war bereits aufgestanden und streifte sich eine Wollmütze über den Kopf. Ein paar braune Locken schauten unter dem dunkelblauen Stoff hervor.

»Hab' kein Geld dabei«, winkte er ab und zog grob den Reißverschluss seines Rucksacks zu, nachdem er sein Zeugs achtlos hineingestopft hatte.

»Kein Thema. Samu leiht dir was«, beschloss ich.

»Ey«, protestierte Samuel, der sich mit einem Handtuch über die verschwitzten Haare rubbelte. »Seh' ich wie 'ne veschissene Bank aus?«

»Nur wie ein Wichser, der Spongebob-Unterhosen trägt«, gab ich trocken zurück und fing das Handtuch auf, das er schwungvoll in meine Richtung schleuderte.

»Is'n Fortschritt«, kam es von Maxim, der sich gerade Gel in die Haare schmierte und prüfend in den dreckigen Spiegel sah, über den sich eine undefinierbare Schleimspur zog. »Letztes Jahr war's noch Donald Duck.«

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now