51 | Wodka Melone

1.1K 112 187
                                    


Unser Kuss schmeckte nach Blut und Schweiß und irgendwie auch nach Wodka Melone. Vielleicht hatte Fede doch getrunken und nur ich konnte es nicht schaffen, ihn zum Saufen zu bringen, keine Ahnung. War ja eigentlich auch scheißegal jetzt.

Jetzt zählte nur die Tatsache, dass er so nah bei mir war. Dass ich seine Finger noch immer auf meiner Wange fühlte und seine Lippen auf meinen. Sie waren rau. Verdammt, es fühlte sich gut an, sie auf meinen zu spüren, viel besser als wenn es die weichen eines Mädels gewesen wären.

Mein Herzschlag ging noch schneller, auch wenn ich mir sicher war, dass das gar nicht möglich sein konnte. Wir beide waren beide vorsichtig. Ganz so, als hätten wir Angst. Vor dem, was gerade passierte, was wir taten.

Und doch war der Kuss alles andere als sanft. Die Wut war noch in keinem von uns beiden verklungen und da war noch viel mehr negative Energie, die sich ihren Weg nach draußen bahnte. Schließlich schaffte Fede es, mich von sich zu schieben und mich unter seinem Gewicht zu begraben. Wir küssten uns weiter, bis er sich auf einmal von mir löste.

Ich öffnete meine Augen, sah ihn an.

Auf seinen Lippen hatte sich ein triumphierendes Grinsen ausgebreitet. »Also strenggenommen hab' ich jetzt gewonnen«, meinte er.

Grob schob ich ihn von mir runter. Für einen Augenblick war nur unser beider Keuchen zu hören. Über uns der bewölkte Himmel, der nur an wenigen Stellen klar war. Der Schmerz in meinem Knie kämpfte sich in mein Bewusstsein zurück.

»Was ist das eigentlich für eine gestörte Scheiße?«, fragte ich und drehte mich auf die Seite, um ihn ansehen zu können. Vor Anstrengung waren seine Wangen gerötet, die Haare durcheinander. Das Blut aus der Wunde auf seiner Stirn hatte sich in seinen dichten Augenbrauen verfangen.

Noch ehe er etwas erwidern konnte, hatte ich ihn wieder an mich herangezogen. Dieses Mal waren es meine Lippen, die seine fanden, ehe wir uns wieder küssten. Scheiße, es fühlte sich gut an. So verdammt gut. Ich wollte, dass es nie wieder aufhörte.

Das viel zu schnelle Herzschlagen, die rauen Lippen auf meinen, die verdammte Explosion in meiner Brust. Vorsichtig streckte ich meine Finger aus und vergrub sie in seinen Haaren. Sie fühlten sich weich an.

Wir küssten uns noch einen Augenblick lang, dann zog er seine Hand von meiner Wange zurück. Noch einmal streiften seine Lippen über meine, dann nur noch sein warmer Atem.

Ich schlug meine Augen wieder auf und sah Fede, der mir noch immer verdammt nahe war. Meine Hand, die noch immer in seinen Haaren lag. Fühlte mein Herz in meinem Brustkorb, das sich noch nicht beruhigt hatte. Aus der Ferne klang die dumpfe Musik zu uns rüber, das Gelächter der Feiernden, das sich immer wieder zwischendrin verlor.

Nur langsam wurde mir bewusst, was hier eben geschehen war. Wir hatten uns geküsst. Uns geküsst, als wären die anderen nicht da, als stünden sie nicht am anderen Ende des Parkdecks zusammen.

Sie schienen nichts davon bemerkt zu haben.

Und doch, es war völlig wahnsinnig. War das mein verfickter Ernst? Dass ich mit so einer Leichtfertigkeit alles aufs Spiel setzte, wofür ich in den letzten Jahren gekämpft hatte.

Mein Herz in meiner Brust tat auf einmal scheiße weh. Nichts daran fühlte sich noch schön an und trotzdem, das alles eben war doch so unfassbar gut und richtig gewesen. Es war genau das, was ich gewollt hatte, ohne es zu wissen.

Die Gedanken in meinem Kopf rasten nur so. Verdammt, ich hatte mich noch nie so überfordert gefühlt. Da war alles und nichts und es jagte sich und schoss wild umher und irgendwie ergab nichts davon noch einen Sinn, nur graue Masse, Explosionen, das Herz in meiner Brust, das wehtat. Es zerriss mich und für einen Moment wünschte ich mich ganz weit weg. Weg von dieser Party, weg aus diesem komischen Bullshit, der sich Leben nannte und genauso wenig Sinn wie meine Gedanken machte.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now