39 | Keine Könige mehr

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»Was'n mit dir passiert?«, fragte Samu, als ich den Supermarktplatz erreichte. Er saß wie sonst ich auf den abgestellten Einkaufswagen und fühlte sich so, als hätte er irgendwas erreicht. Ganz toll.

»Frag' nich'«, schnauzte ich ihn an und riss ihm die Colaflasche aus der Hand. Hoffentlich war's 'ne Mische, auch wenn diesen Pussys zuzutrauen war, nicht an Alkohol zu kommen. »Sonst siehst du gleich genauso aus.«

Keine Ahnung, was ich für Verletzungen hatte, doch der pochende Schmerz verriet mir, dass Tommys Schlag echt gesessen hatte.

»Das sieht echt mies aus«, fügte Maxim hinzu, der neben Kat auf dem Boden saß und an einer Zigarette zog. Zwei Typen aus der Parallelklasse waren auch noch dabei, Serdar und einer, dessen Namen ich nicht kannte.

Ich versetzte Maxim einen groben Tritt in die Seite, sodass er auf seinen Ghettoblaster fiel.

»Hey!«, protestierte er und las die Kippe wieder vom Asphalt auf.

»Ey, wer war das? Dann hauen wir dem gemeinsam auf's Maul«, bot Samu an, während ich aus der Flasche trank. Es war tatsächlich Alkohol drin, Rum wahrscheinlich. Hatten die Idioten nochmal Glück gehabt.

Ich kippte mehr Alk runter. »Alter, glaubste echt, ich brauch' dich dafür? Im Leben nich'«, spottete ich. Samu warf mir einen eingeschnappten Blick zu. »Ey, mach' mal Platz da!«

Er rutschte ein wenig nach hinten, sodass ich mich ebenfalls auf der Einkaufswagenreihe niederlassen konnte. Samu saß dadurch nicht mehr wirklich bei der Gruppe.

Ich behielt die Flasche bei mir, während die anderen irgendein total dämliches Gespräch über die Championsleague begannen. Dabei war Fußball doch der größte Scheiß, so ganz ohne Sinn, und es gab nichts lächerlich, wie diese ganzen harten Typen, die flennten, weil ihr Land verlor.

»Is' das alles, was ihr an Alk da habt?« Ich leerte den letzten Schluck aus der Plastikflasche, ehe ich sie zusammenknüllte und mit einem gezielten Wurf über den Parkplatz schleuderte. Es war spät genug, dass er bis auf ein vereinzeltes Auto leer vor uns lag und die letzten Reste des Sonnenuntergangs zwischen den umliegenden Plattenbauten verschwanden.

»Ja, Mann.«

»Ey, geh' mal mit der kleinen Fotze was zu saufen holen. Drüben in der Herrmannstraße is'n Späti«, beauftragte ich Samu. Er sah immer noch beleidigt aus, wagte es aber nicht, abzulehnen und rutschte von den Einkaufswägen runter. »Los jetzt!«

Solange die anderen auf mich hörten, war alles gut. Sollte doch Tommy rumstressen, wie er wollte, und die Bullen würden eh keine große Sache daraus machen.

»Boah, Jay, ey. Nenn Kat nich' so, das nervt langsam echt, dass du sie nicht einfach akzeptieren kannst«, maßte sich Maxim an. Mit wichtiger Miene rückte er seine Cap zurück. »Sie gehört zu uns.«

Kat warf mir nur einen aggressiven Blick zu und schmiss sich die dunklen Locken über die Schulter. Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust.

»Du willst doch nur deinen Schwanz in ihre Fotze stecken, das' alles«, lachte ich. »Oder hast sie schon gefickt? Erzähl mal, Alter.«

»Ganz ehrlich, Digga. Du bis' mein Kumpel, das weißte, aber manchmal fuckt mich das schon ab. Dass du nie einfach chillen kannst und immer so Stress verbreiten musst«

»Ja, isso. Außerdem brauchst du nich' immer so einen auf Boss machen, Alter«, muckte jetzt auch Samu auf. »Musst uns doch nicht so rumkommandieren.«

»Alter, ihr seid wie Weiber. Wegen allem am flennen.« Ich lachte auf und sprang von dem Einkaufswagen. »Ich verpiss mich, kein Bock auf diese Selbsthilfegruppe.«

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt