2 | Mutig oder verdammt dumm

2.1K 181 198
                                    

Februar 2011

Warum zwei so unterschiedliche Typen wie Federico und ich so enge Freunde sein konnten, entzog sich dem Verständnis der meisten. Es gab Tage, da war es uns selbst noch nicht einmal klar.

In der Zeit, in der wir uns eben erst kennenlernten, glaubte keiner von uns daran, dass wir uns mal verstehen würden.

»Hey, Jay. Gib mal 'ne Kippe.« Maxim legte sein breitestes Grinsen auf, das unter meinem Blick zu schwinden drohte. Es war irgendwann in der Achten, als wir damit anfingen, die Pause auf dem Raucherplatz zu verbringen.

»Willste dir nicht selbst welche kaufen?« Langsam stieß ich den Rauch aus und ließ meinen Blick über die Mauern des Schulhauses gleiten. Der längst ergraute Putz war mit flüchtig dahingesudelten Graffiti besprayt.

»Ne, ich ... Also ... Komm schon, Jay«, druckste er herum. »Wir sind doch Kumpels.«

Waren wir nicht, aber natürlich musste er dazugehören. Konnte es nicht auf sich sitzen lassen, dass ich rauchte und er nicht.

Ich sah Maxim an, wie er seine rote Baseballcap zurechtrückte, und ließ einen für ihn garantiert ziemlich qualvollen Moment verstreichen. Dann erst reichte ich ihm eine Kippe.

»Danke, Mann. Is' echt korrekt von dir«, erwiderte er und kramte aus den Taschen seiner tiefsitzenden Baggy Jeans ein Feuerzeug hervor. Wenigstens das zu besorgen hatte er eigenhändig geschafft.

Ich beobachtete ihn, wie er sich die Zigarette anzündete und vor lauter Nervosität zu tief einatmete. Krampfhaft kämpfte er gegen das Husten an, doch scheiterte kläglich dabei. Ich verdrehte die Augen und widmete meine Aufmerksamkeit wieder dem Rest der Jungs, die um uns herumstanden.

»Gestern habe ich mir den neuen Bond auf die Festplatte gezogen«, verkündete Samuel, während ein paar aus der Stufe über uns auf den Raucherplatz kamen. Ich erwiderte das Nicken von einem Typen, den ich aus dem Training kannte.

»Wie beeindruckend«, grinste Maxim sarkastisch und stieß Samuel so grob in die Seite, dass der seine Kippe fallen ließ. »Lädst du dir sonst nicht nur Lesbenpornos runter?«

»Is' illegal übrigens«, warf Aykan ein. Er war ein verfickter Moralapostel, auch wenn man das bei seiner Gangsterattitüde gar nicht erwarten würde. Mit seinen breiten Schultern und dem schwarzen Tanktop sah er schließlich nicht nach solchen Sprüchen aus.

»Lesbenpornos?«, kam es von Samu, der die Kippe vom Boden aufklaubte und fluchend feststellte, dass sie erloschen war. Ich reichte ihm mein Feuerzeug, woraufhin er sich mit einem schnellen Grinsen bedankte.

Aykan verdrehte die Augen. »Filme runterladen.«

»Na und? Solang ich nichts Verbotenes mach'.« Schulterzuckend hantierte Samuel mit dem Feuerzeug herum.

»Bist du behindert?«

»Nein, Mann. Nicht dass ich wüsste zumindest«, erwiderte Samuel und warf mir das Feuerzeug zu. Ich fing es und verstaute es in meiner Hosentasche.

»Verboten und illegal bezeichnen genau das gleiche.« Aykan hob eine Augenbraue.

»Laber doch nicht. Sind zwei völlig unterschiedliche Wörter«, meinte Samu aus tiefster Überzeugung.

Was für ein Haufen Idioten. Schweigend zog ich an meiner Zigarette und sah mich gelangweilt auf dem Raucherplatz um. Mein Blick blieb an Federico hängen, der neben Aykan stand und mit der Spitze seines abgelatschten Chucks auf dem aufgebrochenen Asphalt herumscharrte. Manchmal verbrachte er die Pausen bei uns, doch er zog kein einziges Mal an einer Zigarette.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now