17 | Chancen und Niederlagen

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Die ganze verfickte Welt drehte sich. Sollte sie mal lassen, war echt nicht mehr cool. So würde ich nie in unseren Plattenbau kommen. Wütend trat ich mit meinem Fuß gegen die Tür, als ich erneut nicht mit dem Schlüssel ins Schloss traf. »Scheiße, Alter«, kam es mir lallend über die Lippen, ehe ich mich mit der Hand an der Wand neben den Briefkästen aufstützte. Unter meinen Fingerkuppen fühlte ich den körnigen Putz.

Es war ekelhaft kalt, auch wenn es bereits langsam hell wurde, die Umgebung in dem seltsam trüben Licht schon zu erahnen war.

Irgendwann hatte ich es doch in die Wohnung geschafft. Wie, daran konnte ich mich gar nicht mehr so genau erinnern. Auch nicht warum ich im Zimmer meiner Schwester gelandet war. War ja auch egal, warum.

Lexie steckte in einem fleckigen Schlabbershirt mit einem Disneyaufdruck, Minnie Maus oder so 'ne Scheiße, und hatte ihre dunkelblonden Haare zu einem wirren Dutt zusammengebunden.

»Alter, Jay, hau' jetzt ab, ich will pennen.« Sie gab sich Mühe, mich von ihrem Bett zu schieben, doch es blieb bei einem erfolglosen Versuch.

»Jetzt hör' mir mal zu. Ich mach den fertig, okay? Das hat er sowas von verdient. Der kann nich' so mit dir umgehen, Alter«, erklärte ich ihr.

Sie verdrehte ihre Augen und kuschelte sich in ihre Decke, deren siffiger Bezug ein paar Flecken hatte. »Jetzt tu' mal nicht so. Als ob's dir je um mich gehen würde.«

»Ja, doch. Auch.« Ich schmeckte die bittere Galle meinen Rachen hinaufsteigen.

»Alk tut dir echt nicht gut. Ich mag dich lieber, wenn du einfach scheiße bist«, sagte Lexie, begleitet von einem kopfschüttelnden Grinsen.

Damit war unser Gespräch dann auch beendet, denn ich musste kotzen.

Auf ihren Fußboden, wohin sonst.


Ich war froh, dass Tommy sich auch den ganzen Samstag über nicht blicken ließ. Mein Kater war viel zu hart, als dass ich mich mit dieser Wichser hätte anlegen wollen. Mein Bett verließ ich nur zum Pissen und Kotzen und selbst meine Konsole schaltete ich erst gegen Abend an. Zwischendrin kam mal meine Schwester rein und nervte damit rum, ich solle die Kotze in ihrem Zimmer aufputzen, aber das konnte sie mal schön selbst machen.

Das war aber alles ziemlich nebensächlich, denn als ich meine zerdrückte Kippenschachtel aus der Tasche meiner Jogginghose, die ich gestern schon getragen und seither nicht mehr ausgezogen hatte, machte ich eine verdammt geile Entdeckung. Ein kleines Tütchen mit Gras.

Verfickte Scheiße. Der eine Kerl musste es mir gegeben haben. Der fette Araber im Unterhemd. Tarek oder wie er hieß.

Ich verstaute es in meiner vollgestopften Schreibtischschublade, dort wo auch die Kondome lagen, die ich mir mal zusammen mit Maxim gekauft hatte.


Als Tommy dann endlich am Sonntag auftauchte, wartete ich, bis ich ihn alleine im Flur erwischte. Er ging gerade von der Küche ins Bad und trug wieder eines seiner hässlichen, störrischen Hemden, die es wahrscheinlich mal bei Aldi im Sonderangebot gegeben hatte.

»Für wen hältst du dich, Wichser?« Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

Tommy seufzte und kratzte sich mit dem Fingerknöchel an seinem unordentlichen Bart. »Jonathan, bitte. Ich hab' jetzt keinen Nerv für deine pubertären Anwandlungen.«

Ich presste meine Zähne aufeinander. So fest, dass ich den Druck auf dem ganzen Kiefer fühlte. Verdammt, wie sehr ich ihn doch für seine Überheblichkeit hasste. »Dass du meine Schwester vergewaltigen wolltest, nennst du 'ne scheiß pubertäre Anwandlung?«, zischte ich.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now