49 | Keine Kompromisse

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Ich würde Fede einfach ignorieren, das konnte ja nicht so schwer sein. Es brachte ja auch echt absolut nichts, mir schon wieder Gedanken über ihn zu machen.

So wandte ich mich wieder Rashid zu. »Ich bin dafür, dass wir jetzt saufen. Hart saufen«, sagte ich und setzte den Becher an meine Lippen an. Ekelhaft süß breitete sich der Geschmack auf meiner Zunge aus. Viel zu viel Orangensaft, viel zu wenig Wodka.

»Auf jeden. Auf uns und 'nen geilen Abend!«, lachte Rashid und prostete mir zu, ehe er ebenfalls trank. Um uns herum leuchteten die Lichter der Plattenbauten, die hoch in den dunklen Himmel aufragten. Sterne waren kaum welche zu sehen, dafür aber die Lichter der Flugzeuge, die im Sinkflug waren.

»Was'n das für 'ne Pussymische eigentlich«, stöhnte ich und griff nach dem Wodka, um mir mehr davon einzuschenken. In diesem Moment schlug mir irgendsoein Idiot auf die Schulter und der Alkohol tropfte auf den Boden.

Ein starkes Aftershave stieg mir in die Nase und noch bevor ich meinen Kopf zur Seite gedreht hatte, wusste ich, dass es Maxim war, der neben mir stand.

»Ey, Jay, endlich«, lachte er. »Wir dachten schon, du kommst gar nicht mehr oder so.«

»Nimm deine Drecksfinger von mir«, zischte ich und hielt die Flasche aufrecht, sodass nichts mehr daneben laufen konnte.

Er zog schnell seine Hand zurück. »Hey hey, dir ist ja mal voll die Maus über die Leber gelaufen.«

»Das heißt doch Laus, oder?«, erwiderte Rashid und kickte gegen eine leere Bierflasche. So schwungvoll, dass sie über das halbe Parkdeck flog und irgendwo in der Dunkelheit verschwand. Mittlerweile lief dieser nervige spanische Song, den man schon den ganzen Sommer über nicht entgehen konnte.

»Hä, was für Laus, bist du bescheuert? Maus«, entrüstete sich Maxim. Ein paar Mädels rieben ihre Körper aneinander und packten sich gegenseitig an die Ärsche. Natürlich unter den Blicken von ein paar Typen, die aus dem Sabbern nicht rauskamen. »Hab ich doch auch gesagt.«

Irgendwie machte es hart keinen Sinn, dass es als was total Geiles betrachtet wurde, wenn Weiber miteinander rummachten – es bei zwei Kerlen aber als die widerlichste Vorstellung überhaupt betrachtet wurde.

»Nein, Mann, aber das Sprichwort geht halt so.«

Während die beiden eine absolut sinnentleerte Diskussion über Läuse und Mäuse führten, gesellte sich auch Samu zu uns. Er drückte den Pulli seines Ärmels unter die Nase, grinste aber breit. Als er ihn davon wegnahm, um bei mir einzuschlagen, sah ich, dass das Blut aus seiner Nase tropfte.

»Hast von Maxim aufs Maul bekommen?«, lachte ich und drehte die Flasche wieder zu.

»Hab' mich schon entschuldigt, ey. Weil, das war übertrieben keine Absicht«, erklärte Maxim und legte Samu seinen Arm um die Schulter. Bekräftigend nickte er und rückte dann in aller Ausführlichkeit seine Cap zurecht. Das Teil war ernsthaft golden.

»Jetzt hat der wenigstens auch mal aufs Maul gekriegt.« Grinsend stellte ich den Wodka zurück in den Einkaufswagen.

»Is' klar, als ob ich mich noch nie geboxt hab'«, lachte Samu und schob Maxim von sich. »Und jetzt geh' ma' weg hier, is' ja ekelhaft so viel Körperkontakt.«

In diesem Moment sah ich auf und begegnete Fedes Blick, der noch immer auf der Couch saß. Wir sahen uns kurz einfach nur an, ein, zwei Sekunden vielleicht, er wirkte ein bisschen unentschlossen. Irgendwie auch nachdenklich, wie immer. Dann wandte ich mich wieder ab. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie er etwas zu Aykan sagte und dann an den Himmel zeigte. Typisch. Mal wieder irgendein Sternengelaber.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now