44 | Ekelhafte Sommernächte

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Es war ein ekelhaft warmer Sommerabend, so dass man problemlos ohne Jacke rausgehen konnte. Einer, an dem Grillen zirpten und selbst der versiffte Park fast schon friedlich dalag. Aber der Schein täuschte und die Aggression lag auch heute spürbar in der Luft. Schon am Eingang, an dem sich zwei Kerle mit tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen aufgebaut hatten, war sie zu spüren. »Ey, Kleiner, is' nicht Zeit für's Bett?«, lachte einer von ihnen, als ich an ihnen vorbeikam.

Ich vergrub die Hände in den Taschen meiner Jogginghose und ging schweigend weiter. Bloß nicht Humpeln, keinen dummen Blick riskieren. Ich hatte echt keinen Bock auf Stress mit den Idioten.

»Ich red' mit dir, du Spast.« Der zweite Kerl stellte sich mir in den Weg und verschränkte die Arme vor seiner muskelbepackten Brust. Typisches Anabolika-Opfer. Er hatte dicke, dunkle Brauen und die Haut seiner rechten Wange war irgendwie verbrannt, viel mehr konnte ich von seinem Gesicht nicht erkennen.

»Lass mich durch«, forderte ich und kniff die Augen zusammen. Ich würde mir von dem Wichser keine Angst machen lassen. Er war vielleicht einen guten Kopf größer als ich und doppelt so breit, aber das war kein Grund, ihn zu respektieren.

Der andere lachte spöttisch auf. Er tigerte neben mir hin und her und ließ seine Knöchel knacken. »Was'n mit deinem Gesicht passiert? Auf's Maul bekommen?«

»Scheint so«, erwiderte ich knapp und versuchte, an ihm rechts vorbeizukommen. Er stellte sich mir in den Weg und schubste mich kräftig zurück, sodass ich gegen seinen beschissenen Kumpel stolperte.

Dann halt nicht. Würde ich deren dämliches Spiel mitmachen, dann konnte ich mich heute auch mal wie'n guter Mensch fühlen. Gelangweilt holte ich meine Kippen raus. Wenn ich nicht zuließ, dass sie mir was konnten, dann konnten sie mir auch nichts. Ganz einfach. Da war es scheißegal, dass ich den beiden weit unterlegen war.

»Ey ey, wir haben hier 'ne ernste Unterhaltung zu führen. Hat Papi dir nicht gesagt, dass du zu jung zum Rauchen bist?«, machte sich der mit den Brandnarben wichtig und riss mir meine Kippenschachtel aus der Hand. Seine Sweatjacke war eng und spannte über die Muskeln, er hatte die sich bestimmt zu klein gekauft.

Wütend biss ich meine Zähne aufeinander und funkelte ihn einen Moment lang an. Seine hässliche Fresse mit den kalten blauen Augen und den ekelhaften Haut. Er hatte kein verficktes Recht, so mit mir zu reden. Niemand hatte das. Und eines Tages würden das auch alle gerafft haben. Dann würden Typen wie er darum betteln, meinen Schwanz zu lutschen.

Ich machte einen ruckartigen Schritt auf ihn zu und versuchte, ihn aus dem Weg zu schubsen, doch da hatte er mich schon an den Oberarmen gepackt. Grob vergrub er seine Finger in meinem Fleisch. »Wohin willst 'n so eilig?«

»Zu Kumpels.« Ich biss die Zähne noch ein bisschen fester aufeinander. Der Geruch von altem Zigarrenrauch und einem herben Parfum stieg mir in die Nase. Typen, die Parfum trugen, waren eh die größten Opfer. Genauso Weiber, die sich solches Zeugs in die Fresse spritzten. War unnötig und ich hatte keinen Bock, die ganze Zeit so einen penetranten Gestank in der Nase zu haben.

»Und wer soll'n das sein, he?«, mischte sich sein Kumpel ein, der eine hässliche Trainingshose und dazu ein EdHardy-Shirt trug. Sein verfickter Ernst. Er hatte mindestens genauso viele Muskeln wie der andere.

»Was juckt's euch?«

»Sag' halt mal.« Auffordernd bewegte er sein Kinn nach oben.

»Tarek, Moussa und so.« Mein Blick blieb an den Kerlen hängen, schließlich wollte ich deren Reaktion nicht verpassen. Als ob sie halt die beiden nicht kannten.

»Laber kein', hast eh nichts mit denen zu tun«, erwiderte der andere und strich sich über seine fettigen Haare. Musste richtig widerlich sein, jetzt noch seine Hand anzupacken.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now