50 | Das machen Freunde nicht

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»Che diavolo ... che ci fai qui?«, fuhr Fede Leonardo an. Wütend zog er seine Augenbrauen zusammen.

»Voglio divertirmi anche io!« Energisch stapfte Leonardo auf dem Boden auf, während ich mir eine angetrunkene Rumflasche aus dem umgekippten Einkaufswagen schnappte. »Das ist voll fies, wenn du weggehen darfst und ich nicht.«

Mit einem groben Griff packte Fede ihn am Oberarm und riss ihn an sich heran. »Come fai a saperlo?«

»Weil du davon erzählt hast!« Sein kleiner Bruder verschränkte die Arme vor der Brust und schob trotzig die Unterlippe vor. »Stupido

Ich drehte die Flasche auf und ließ den Alkohol meinen Rachen hinablaufen, schmeckte den süßen Geschmack von Cola, mit der der Rum wohl gemischt war. Währenddessen sah ich die beiden kurz an. Vor allem an Fede blieb mein Blick einen Moment lang hängen. Einen viel zu langen Moment, verdammt, während ich mich daran erinnerte, wie wir eben mit dem Einkaufswagen rumgefahren waren. Es hatte Spaß gemacht und ich hatte mich dabei gut gefühlt, auch wenn das echt mal vollkommen bescheuert war.

»Ernsthaft, geh bitte nach Hause. Das hier ist kein Ort für dich«, sagte Fede und sah Leonardo mit einem bestimmten Blick an, ohne seinen Griff um dessen Arm zu lockern.

»No! Ich bleib hier. Ich geh' erst, wenn du gehst.«

Fede ließ seinen Blick noch einen Moment lang auf ihm ruhen, dann atmete er tief durch und lockerte seinen Griff ein wenig. »Okay. Aber du bleibst bei mir, capisci?«, sagte er.

Ich wandte mich von den beiden ab und sah mich nach Rashid um. Als ich ihn im Schneidersitz vor der Couch entdeckte, steuerte ich mit der Rumflasche in der Hand auf ihn zu. Zusammen mit ein paar anderen Leuten spielte er irgendein Saufspiel.

»Mann, du führst dich immer so auf, als ob du mein Vater bist!«, maulte Leonardo weiter rum, dann verschwanden die Stimmen der beiden unter denen der anderen und der lauten Musik. Mittlerweile lief hier wenigstens keine Charts-Scheiße mehr, sondern Deutschrap, war auch nicht wirklich besser.

»Alter, was geht?«, grinste Rashid langgezogen, als ich mich neben ihm niederließ. Seine Augen waren gerötet, das konnte ich selbst in der Dunkelheit erkennen. Der Junge war so übertrieben breit.

»Schön auf die Fresse geflogen, was?« Stanislaw lachte und klopfte die Asche seiner Zigarette ab.

»Schnauze«, zischte ich und sah ihn noch einen Moment lang wachsam an, doch es kam kein dummer Spruch. Nicht, warum ich mich so kindisch aufführte, nicht, was ich mit diesem Streber zu schaffen hatte.

»Leute, habt ihr eigentlich mitgekriegt, dass Oktay Rashids Olle gefickt hat?«, fragte irgendsoein Typ, der seine schwarzen Haare nach hinten gegelt hatte und mitten in der Fresse ein hässliches Muttermal hatte.

Rashid trat mit einer fahrigen Bewegung nach ihm, traf ihn aber nicht. Lachend wich der Typ aus. »Mann, ey, will nich' drüber red'n. Außer'em tut's ihr leid, ey«, lallte Rashid und fuhr sich durchs Gesicht.

»Alter, mach' Oktay doch fertig, lass den Hurensohn das doch nicht durchgehen«, meinte der Typ, während ich aus meiner Rumcola trank. Ich ließ die anderen ihren dummen Bullshit labern. Trank und trank noch ein bisschen mehr, vielleicht würde so das seltsame Gefühl verschwinden, das seit der Einkaufswagenfahrt da war.

Es sollte weggehen. Ich mochte es nicht.

Auch wenn es schön war, irgendwie.

Und echt scheiße.

Aus dem Augenwinkel hielt ich hin und wieder Ausschau nach Fede und Leonardo. Die beiden standen ein ganzes Stück von uns entfernt in der Nähe der Karre. Am Anfang passte er noch ziemlich auf die Nervensäge auf, doch irgendwann unterhielt er sich so intensiv mit Aykan, dass er Leonardo nur noch gelegentlich einen Blick zuwarf. Irgendwann sah ich Leonardo gar nicht mehr bei den beiden.

Die Verlierer - Könige der PlattenbautenWhere stories live. Discover now