-4- ✔

5.8K 192 17
                                    

Nach etwa einer Stunde bin ich fertig mit den Hausaufgaben. Ich gehe runter in die Küche um mir etwas zu essen zu machen. Mein Magen knurrt seit ungefähr einer halben Stunden und schreit förmlich nach etwas essbaren. Also gehe ich zu dem Kühlschrank. Diesen öffne ich und stöbere ein wenig darin.

Schließlich mache ich mir ein belegtes Brötchen und esse es. Danach gehe ich ins Wohnzimmer, wo Julius auf der Couch schläft und Sonja mit Laptop auf dem Schoß im Sessel sitzt und drauf rumtippt.

„Hey Brüderchen, bist du schon wach?", fragt mein Schwesterchen, ohne dabei von ihrem Laptop aufzusehen. „Ja, dank der Schlafmütze dort.", antworte ich und deute auf Julius. Sonja schaut von ihrem Laptop auf. Sie sieht zu Julius und nickt.

Durch unser schönes Gespräch wird der eben jüngste aus der Runde wach. Er setzt sich auf und sieht mit Augen auf Halbmast zwischen Sonja und mir her. „Hab ich was verpasst?", fragt er verwirrt, worauf wir nur den Kopf schütteln. „Nein, nein Julius. Mach dir keine Sorgen und schlaf einfach weiter." Julius nickt noch immer verwirrt und legt sich wieder hin. Wow, der macht mal was wir sagen.

Irgendwann klingelt es dann an der Tür. Verwirrt sehen Sonja und ich uns an. „Bekommst du Besuch?", fragt sie. Ich schüttel den Kopf und stehe von der Couch. Mein Handy lege ich auf den Couchtisch ab und gehe zur Tür.

Noch immer geht die Klingel und ich lege genervt meine Hand auf die Türklinke. „Okay, ich bin ja schon da." Ich drücke die Klinke runter um die Tür zu öffnen. Als ich dann sehe, wer vor der Tür steht, werden meine Augen groß.

„Was willst du hier, Thomas?" Vor mir steht kein geringerer als mein älterer Bruder. Mein älterer Bruder, welcher die Familie verlassen hat als wir ihm am meisten gebraucht hätten.

„Was ist denn los kleiner Bruder? Hast du mich denn nicht vermisst?" Mein Gegenüber wuschelt mir durch die Haare und geht dann einfach an mir vorbei. Was will der Kerl hier? Der hat hier nichts zu suchen.

„Was willst du hier, Thomas?", frage ich ihn erneut und schließe die Haustür wieder. Ich sehe meinen Bruder an, welcher gerade gemütlich dabei ist seine Winterstiefel auszuziehen und die Jacke an den Kleiderhaken zu hängen. Nachdem er dies gemacht hat lehnt er sich gegen die Wand neben ihm. Dabei versucht er möglichst cool zu wirken. Ich hasse ihn. Der soll wieder dorthin wo der Pfeffer wächst.

„Wieso bist du denn so mies drauf Nicilein? Darf ich etwa nicht auch mal zwischendurch meine Familie besuchen kommen?" Er holt sein Handy aus seiner Hosentasche und drückt vergnügt darauf rum.

„Das fällt dir aber früh ein. Du bist damals von dem einen auf den anderen Tag einfach verschwunden und hast dich die letzten 8 Jahre nicht blicken lassen." Ich fahre ihn an, versuche mich aber unter Kontrolle zu halten. Am liebsten würde ich sofort auf ihn losgehen und all meine Wut, die sich in mir aufbaut, an ihm abzulassen. Aber Gewalt bringt nichts. Und meine Wut liegt ja nicht nur an ihm.

Thomas stößt sich von der Wand ab und kommt auf mich zu. Ich weiche einen Schritt zurück.

„Es tut mir leid, was ich getan habe. Ich war jung und dumm und..." Ich unterbreche den größeren. „Du warst 18 Thomas. In dem Alter erwartet man schon mehr von jemanden als so etwas." Ich verschränke meine Arme. „Wo warst du die ganze Zeit überhaupt?"

Thomas fährt sich durch seine schwarzen Haare. „Ich bin um die Welt gereist und..." Ich unterbreche ihn. „Aha, dafür hast du also Zeit gehabt. Aber für deine Familie nicht. Hast du überhaupt mal in den letzten Jahren einmal an uns gedacht und dich gefragt wie es uns geht?" Ich versuche ruhig zu bleiben, was in dieser Situation gerade nicht wirklich einfach ist. Ich möchte nicht, dass Sonja und Julius das hier mitbekommen. Wobei ich glaube das es eh schon längst geschehen ist.

„Nicolas..." Er möchte wieder einen Schritt auf mich zu machen. Ich weiche wieder zurück. „Nein Thomas. Antworte gefälligst auf meine Frage oder geh wieder." Ich sehe ihn an und warte auf eine Antwort von ihm.

Thomas sieht mich an und stöhnt genervt. „Nicolas, es tut mir leid, was ich damals getan habe. Ich bereue es zutiefst, dass ich euch allein gelassen habe, obwohl ihr mich gebraucht hättet." Glaubt der eigentlich selber was er da gerade labert? Das kann doch nicht wahr sein.

„Weißt du was, Thomas?" Er sieht mich an und ich schwöre einen Funken Hoffnung in seinen Augen sehen zu können. „Du solltest jetzt besser wieder gehen."

Enttäuscht und gleichzeitig ungläubig sieht mich Thomas. „Was? Wieso?" Das fragt er gerade nicht wirklich, oder?

Ich möchte auf seine Frage antworten, jedoch werde ich unterbrochen. „Nico wer..." Julius steht einige Meter von uns entfernt bei der Tür zum Wohnzimmer. Er sieht ungläubig zwischen Thomas und mir umher und verstummt dann.

Nach einiger Zeit scheint er seine Stimme wiederzufinden. „Thomas, was machst du hier?"

Julius pov.

Ich wache auf als die Türklingel ertönt. Ich reibe mir über meine Augen, setze mich auf und sehe verwirrt zu meinem Geschwistern. Nicolas sieht zwischen Sonja und mir her und steht auf. Er legt sein Handy auf den Couchtisch und geht aus dem Wohnzimmer.

Irgendwann stehe ich dann von der Couch auf um nachzusehen, wer an der Tür steht, da Nico ewig nicht wieder kommt.

„Nico kommst..." Ich verstumme, als ich sehe wer dort steht. Thomas, meinen älteren Bruder, der vor 8 Jahren abgehauen ist. Genau da, als wir ihn am meisten gebracht. Wir, seine Familie.

Verwirrt sehe ich zwischen meinen Brüdern her und frage: „Thomas, was machst du hier?" Irgendwie kann ich nicht glauben dass das hier gerade wirklich passiert. Schlafe ich noch? Ist das hier gerade ein Traum? Wenn ein Alptraum.

Thomas und Nico sehen zu mir. „Julius." Thomas kommt auf mich zu, ich weiche zurück.

„Was machst du hier Thomas?", wiederhole ich und warte auf eine Antwort von ihm. „Es tut mir leid, was damals passiert ist. Ich hätte euch nicht alleine lassen sollen." Es tut ihm leid? Das bemerkt er aber echt früh. 8 Jahre sich nicht blicken lassen und dann denken, dass er einfach hier wieder antanzen kann. Denk der dass wir ihn nach all dieser Zeit mit offenen Armen begrüßen und einfach vergessen, was passiert ist? Er ist echt kein Deut besser als unser Erzeuger, welcher meine Geschwister, Mutter und mich geschlagen hat. Ja, Erzeuger. Als Vater kann man den Kerl nicht wirklich bezeichnen. So etwas hat er einfach nicht verdient.

Ich schüttel den Kopf. „Deine Entschuldigung kommt ein wenig zu spät, Thomas. Um so ungefähr 8 Jahre." Ich verschränke meine Arme und sehe ihn mit hochgezogener Augenbraue an.

Er nickt. „Ich weiß Julius, aber..." Er bricht mitten im Satz ab und sagt dann: „Ach ist doch auch egal jetzt. Ihr glaubt mir ja doch eh nicht." Gut erfasst, Sherlock.

Thomas stöhnt auf, wendet sich von mir ab und stützt sich mit dem Arm an der Wand ab. Er hat seinen Blick auf dem Boden gerichtet.

Ich beobachte dies, schüttel den Kopf und seufze. „Thomas? Weißt du was?"

Er hebt seinen Blick und sieht mir hoffnungsvollen Blickes entgegen. „Ja?" „Du solltest am besten jetzt gehen." Thomas sieht mich ungläubig an. „Wieso denn?"

Ich möchte auf seine Frage antworten, jedoch stellt sich in dem Moment Nicolas vor mich. „Thomas, geh bitte. Ich glaube wir wissen beide, dass es nichts bringt jetzt hier noch weiter zu diskutieren."

Thomas nickt. „Okay." Er holt einen Zettel aus seiner Hosentasche und hält ihn dann Nicolas hin. Dieser nimmt ihn vorsichtig und entfaltet ihn. Nicolas und ich schauen ihn an. Auf dem Zettel stehen eine Telefonnummer und eine Adresse.

Verwirrt sehen Nicolas und ich unseren älteren Bruder an. Er lächelt uns schwach an und sagt: „Auf dem Zettel stehen meine Telefonnummer und Adresse. Nur falls ihr es euch anders überlegt."

Nachdem er dies gesagt hat dreht sich Thomas um und geht zur Tür. Er zieht seine Sachen an, öffnet die Haustür und geht dann. Nicolas und ich sehen ihm hinterher und als er weg ist dreht sich Nicolas zu mir um. Er sieht mich ohne etwas zu sagen an, gibt mir den Zettel und geht dann an mir vorbei. Ich bleibe noch einige Zeit wie versteinert stehen und sehe auf den zerknitterten Zettel in meiner Hand. Ist das alles gerade wirklich passiert?

Mein Mobber und ichWhere stories live. Discover now