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Ich schüttel den Gedanken ab. Nein, das macht doch überhaupt keinen Sinn. Wieso sollte ich mich ritzen? Am Ende wird es mir doch nichts bringen, außer offene, schmerzende Wunden, die am Ende zu Narben werden.

Der Schmerz, den ich in meinem inneren empfinde, wird auch nicht verschwinden. Er wird nur für eine kurze Zeit gelindert und wird danach noch genauso da sein.

Fabian kommt mir in den Sinn. Er wird mich niemals so lieben, wie ich ihn. Er hasst mich und lässt es mich immer wieder spüren. Warum musste ich mich ausgerechnet in jemanden wie ihn verlieben? In eine Person, mit der eine gemeinsame Zukunft unrealistisch ist. Es wird sich nie jemals ändern. Da bin ich mir sicher, auch wenn es mich verletzt.

„Nico?" Ich werde aus meinen Gedanken gerissen. Vor Schreck lasse ich die Klinge in meiner Hand fallen.

Ich sehe zu meiner Zimmertür. Julius steht dort und sieht mich an. Er kommt zu mir und sieht die Klinge auf dem Boden. Er hebt sie auf und sieht sie an.

„Julius.", sage ich und sehe meinen Bruder an. Julius sieht die Klinge an und dann mich. Sein Gesichtsausdruck spricht Bände. Es ist sein Willst-du-mich-verarschen?-Blick.

„Du wolltest es wieder tun?", spricht er mich leise an.

Ich schüttel den Kopf. „Nein, du verstehst das falsch." Er unterbricht mich und sagt wütend: „Ich möchte nach meinem Bruder sehen und erwische ihn dann mit einer Klinge in der Hand. Was soll ich daran denn falsch verstehen?" Man sieht und merkt, dass Julius sich versucht unter Kontrolle zu halten.

„Du verstehst es nicht.", antworte ich ruhig. Julius schüttelt den Kopf und lässt die Klinge fallen. Er packt mich am Arm und zieht mich meinem Bett.

Er schubst mich auf mein Bett und beugt sich über mich. „Weißt du eigentlich, wie es sich für mich anfühlt, jedes Mal mit ansehen zu müssen, wenn du völlig aufgelöst auf dem Boden sitzt und immer wieder mit der Klinge dich selber verletzt?" Der jüngere schreit mich an und ich sehe, wie einige Tränen über seine Wangen laufen und auf mein Gesicht tropfen.

„Julius.", spreche ich ihn an, er unterbricht mich.

„Weißt du, wie es sich anfühlt jedes Mal deine Verletzungen zu verarzten und dann dich wieder aufbauen zu müssen? Wie du mich damit verletzt, wenn du das tust?"

Ich lege meine Hand an seine Wange. Julius geht von mir runter und setzt sich neben mich. Ich setze mich auf und lege meinen Arm um meinen Bruder.

„Ich habe solch eine Angst, dich zu verlieren.", sagt er unter Tränen. Ich nicke. „Es tut mir leid. Ich wollte dich nicht verletzen.", sage ich zu ihm.

Julius beruhigt sich nach einiger Zeit und sieht mich an. „Hättest du es wirklich getan, wenn ich nicht gekommen wäre?"

Ich verneine seine Frage, doch er glaubt mir nicht. „Versuch nicht mich anzulügen." Ich glaube mir ehrlich gesagt auch nicht wirklich.

„Julius, hör mir bitte zu. Ja, einen Moment habe ich mit dem Gedanken gespielt, es zu tun. Aber ich hätte es nicht durchgezogen.", erkläre ich ihm.

Er glaubt es mir aber noch immer nicht. Julius schüttelt den Kopf. „Versprich mir, dass du nie wieder nur einen Gedanken daran verschwendest, geschweige es tust." Wenn es doch nur so einfach wäre. Ich versprach es ihm so oft und jedes Mal tat ich es doch wieder.

Ich lege meine Hand auf seinen Kopf. „Ich wünschte, ich könnte es dir versprechen. Aber du weißt, dass ich es so oft tat und es doch immer wieder passiert ist."

Julius nickt und steht auf. Er geht, aber bevor er aus meinem Zimmer geht, sagt er noch: „Ach, fast vergessen. Du sollst ins Wohnzimmer kommen. Mum möchte etwas mit dir besprechen."

Ich stehe von meinem Bett auf und gehe dann runter ins Wohnzimmer. Na mal sehen, was Mom denn besprechen möchte.

Julius pov.

Nachdem ich das Zimmer meines Bruders verlassen habe, gehe ich die Treppe runter. Unten wartet bereits Sonja auf mich. Sie sieht mich an. „Du hast geweint. Was ist passiert?", fragt sie und legt ihre Hand an meine Wange. Ich nehme sie weg. „Ich habe Nicolas mit einer Klinge in der Hand erwischt."

Sonja sieht mich etwas geschockt an und weil ich genau weiß, was sie jetzt sagen will, komme ich ihr zuvor. „Er hat es nicht durchgezogen. Ich weiß jedoch nicht, ob er es getan hätte, wenn ich nicht gekommen wäre."

Die brünette nickt. „Du machst dir Sorgen um ihn." Was denkt die denn?

„Wieso sollte ich nicht? Er ist mein großer Bruder und er bedeutet mir so viel. Geht es dir denn nicht genauso?"

„Leg mir bitte nicht solche Wörter in den Mund. Du weißt, wie ich über das alles denke. Hast du ihm die Klingen weggenommen?" Oh oh. Da war ja noch etwas.

Ich möchte wieder zu Nicolas Zimmer gehen. Sonja hält mich aber auf und packt mich am Arm. „Du bleibst jetzt schön hier. Ich habe noch etwas anderes mit dir vor."

„Aber..." Ich versuche meinen Arm aus ihrem Griff zu befreien. Sie ist aber stärker. „Was hast du denn vor? Wollte Mutter nicht mit uns sprechen?"

„Die möchte mit Nico allein über die ganzen Sachen mit diesem Fabian sprechen. Dabei sind wir unerwünscht.", sagt sie und zieht mich mit sich.

„Aber was willst du denn jetzt mit mir machen?", frage ich eingeschüchtert.

Sonja bleibt stehen und sieht mich an. Sie lässt mich los und zieht mir an den Haaren. „Aua."

Sie grinst mich nur fies an. „Dir schneide ich jetzt mal deine Haare. Die sind wieder viel zu lang geworden." Alles. Nur das nicht.

Ich schüttel den Kopf und möchte abhauen. Jedoch komme ich nicht weit, da sie mich wieder am Arm packt. „Wo willst du denn hin? Vertraust du mir etwa nicht?"

„Ich lasse dich garantiert nicht noch einmal an meine Haare. Das letzte Mal musste ich die ganze Zeit über eine Mütze tragen und ich war in der Schule die Lachnummer gewesen. Du bist nicht einmal eine Friseurin. Ich bin nicht dein Versuchskaninchen."

Sonja interessiert es nicht, wie ich mich wehre und zieht mich dann ins Badezimmer. Das wird nicht gut ausgehen. Das weiß ich jetzt schon.

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Mein Mobber und ichWhere stories live. Discover now