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„Entschuldige dich nicht. Jetzt ist es zu spät um etwas zu bereuen." Ich klebe ein Pflaster über den Verband und räume dann das Verbandszeug wieder weg. Nicolas sitzt die Zeit weiter auf der Toilette und sieht seinen Arm an.

„Bist du sauer?", fragt Nicolas mich. Wir gehen zurück in sein Zimmer. Er setzt sich auf sein Bett. Ich schüttel den Kopf. „Warum fragst du mich das jetzt? Solltest du nicht bereits wissen, was meine Antwort ist?"

Mein älterer Bruder meidet meinen Blick. „Es war mir einfach alles zu viel gewesen.", sagt er und steckt seine Hände in seinem Pullover. Ich ertrage es nicht ihn in so einer Verfassung zu sehen. So oft hat er es schon getan und es war jedes Mal dasselbe.

„Das letzte Mal war Fabian der Grund. War er es dieses Mal ebenfalls oder lag es an diesem plötzlichen Auftauchen unseres Vaters?" Er brauch mir gar nicht antworten. Ich erkenne auch an seiner Reaktion, was stimmt und was nicht. Ich kenne ihn und bin auch nicht blöd.

Ich entscheide mich ihn ein bisschen Freiraum zu geben. Ich gehe aus seinem Zimmer und schaue unten nach dem Rechten. Vater ist schon wieder verschwunden. Mum und Sonja sitzen im Wohnzimmer und sind völlig abwesend. Ich traue mich nicht sie anzusprechen. Sie brauchen gerade auch ihre Ruhe.

Als ich dann wieder mich nach oben begeben will klingelt es wieder. Sei es bitte nicht wieder Vater. Ich öffne die Tür. „Ach, was für eine Überraschung.", begrüße ich etwas halbherzig meinen ältesten Bruder.

Thomas, der nichts von dem, was eben passiert ist weiß, schaut mich verwirrt an. „Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen? Hat dein Schwarm dir einen Korb gegeben?", fragt er scherzend, doch gerade ist hier niemand wirklich zum Scherzen zumute.

„Wenn du noch einmal so einen Mist von dir gibst kassierst du eine." Ich zische ihn genervt an. Thomas wirkt nur noch mehr verwirrt. Er hält mir dann eine Tüte unter die Nase.

„Ich weiß zwar nicht, was hier heute vorgefallen ist. Aber heute wollten wir doch einen Filmabend machen zusammen als Familie." Und dann passieren solche blöden Sachen noch.

Ich nehme die Tüte und bringe sie in die Küche. Thomas folgt mir stillschweigend. In der Küche fragt er dann. „Was ist passiert? Du bist so seltsam aggressiv, Mum und Sonja sitzen im Wohnzimmer und sehen aus wie Leichen und wo ist überhaupt Nicolas abgeblieben?" Wen nennt der hier aggressiv?

„Unser geliebter Vater stand vorhin nach 8 Jahren plötzlich vor der Tür." Ich erzähle es, als wäre es nur so eine kleine Nebensache, wobei es das nicht ist.

Thomas Reaktion darauf ist wie zu erwarten. Er sieht mich geschockt an. „Er hat was? Hat er?" „Er wollte sich bei uns entschuldigen. Wenn du aber mehr wissen willst, musst du unsere Mutter fragen.", antworte ich und stütze mich auf der Küchentheke ab.

Den Rest des Gespräches brauche ich hier nicht aufzuführen. Es war nichts sonderlich interessantes gewesen.

Der geplante Filmabend ist nun ebenso flachgefallen. Niemand hatte nach der ganzen Sache noch Lust irgendwas zu machen, sodass jeder den Rest des Tages seinen eigenen Schuh gemacht hat. Jeder musste erst einmal selbst alles für sich ordnen.

Am Abend gehe ich dann zu Nicolas. Wir sitzen auf seinem Bett und reden. Wir sprechen aber nicht über ihr wisst schon was. Wir reden uns einfach den Frust von der Seele, besonders aufschlussreich wird das Gespräch am Ende jedoch nicht. Jeder heult bloß dem anderen die Ohren voll.

„Du sprichst mich gar nicht mehr auf das Ritzen an." Ich möchte wieder aus seinem Zimmer gehen. Nicolas hält aber meine Hand fest. Ich seufze. „Nicolas, unsere Gespräche über dieses Thema gehen immer in dieselbe Richtung. Ich habe dich schon so oft gebeten, es nicht mehr zu machen. Jedes Mal gab es dann aber wieder etwas, was dich dann doch dazu getrieben hat. Ich habe mir geschworen, dich zu beschützen, jedoch kann ich das nicht. Rede einfach bitte das nächste Mal mit mir, bevor du es wieder machst. Reden bringt manchmal sehr viel. Das weißt du genauso wie ich."

Ich reiße mich von ihm los und gehe wieder in mein Zimmer. Ihn jetzt allein zu lassen, kann auch ein Fehler sein. Ich dränge mich ihm aber jetzt nicht auf und lasse ihn selbst mit den Sachen klar kommen. Wir haben alle im Moment Sachen, die wir mit uns selbst klären müssen. Klingt vielleicht gerade etwas abwegig. Zur Zeit passiert einfach zu viel.

In meinem Zimmer lasse ich mich in mein Bett fallen. Das war ja ein super Wochenende bisher für Familie Klein gewesen. Was passiert jetzt noch schönes? Ich will es aber auch nicht heraufbeschwören. Ich weiß ja selber nicht einmal, wo mir der Kopf gerade überhaupt steht. Meine Gedanken...

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Wie viel Sprachen sprecht ihr? Welche wollt ihr später noch lernen?

Mein Mobber und ichWhere stories live. Discover now