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„Was machst du hier?" Endlich finde ich meine Stimme wieder. Vater lächelt mich sanft an. „Ich wollte meine Familie besuchen. Wie geht es dir? Wo ist deine Mutter?"

Er möchte an mir vorbei gehen. Ich halte ihn auf. „Du darfst nicht hier sein. Du darfst nicht in unserer Nähe sein." Mein Vater nickt und sieht enttäuscht aus. Ich sage nicht, dass er mir gerade leid tut. Ich habe im Moment viel zu viel Angst vor ihm.

„Ich möchte mich entschuldigen." Er sagt die Wahrheit. Das merke ich. Dennoch darf er nicht hier sein. Wir sollten eigentlich die Polizei rufen.

Mum kommt nun zu uns. Sie bittet mich darum zu gehen. Sie möchte es mit ihm alleine klären. Damit bin ich nicht so einverstanden, aber als ihren Blick sehe, stimme ich zu. Bitte lass er ihr nichts antun.

Ich gehe von ihnen weg und suche mit meinem Blick nach Nicolas. Er ist nirgendwo zu sehen. Nichts ungewöhnliches. Normalerweise. Wenn ich da nicht so ein ungutes Gefühl hätte.

Ich möchte Sonja fragen, wo Nico hin ist. Doch die ist von unserem überraschenden Gast so abwesend, dass ich sie lieber in Ruhe lassen. Wer will ihr es denn verdenken? Nach 8 Jahren steht plötzlich der Mann vor der Tür, der so viel Pech über unsere Familie gebracht hat.

Ich gehe zu dem Zimmer von Nicolas. Als ich die Tür öffnen will bemerke ich, dass sie abgeschlossen ist. Das ist kein gutes Zeichen. Es ist nie gut, wenn er seine Tür abschließt.

Ich klopfe immer wieder gegen seine Tür. Aus dem inneren höre ich ein Schluchzen. Was macht er gerade da drinnen? Bitte lass ihn nicht das tun, was ich denke.

„Nicolas? Ist alles in Ordnung? Öffne bitte die Tür." Meine Bitte verläuft ins Leere. Er reagiert nicht. Ich mache mir Sorgen um ihn.

Nicolas pov.

Ich möchte wieder auf mein Zimmer verschwinden, als es klingelt. Julius geht, nachdem Sonja und er erst einmal ne Runde Schere-Stein-Papier gespielt haben, zu dieser. Vom weiten aus beobachte ich die Szenerie.

Es steht aber nicht irgendjemand vor der Tür. Julius öffnet sie und dort steht unser Vater. Sofort fange ich an zu zittern. Ich kann mich nicht bewegen vor Angst. Was sucht er hier? Wie hat er uns nur gefunden?

Ich möchte sofort von hier weg, doch regt sich mein Körper nicht. Ich sehe nur zu, was passiert. Julius unterhält sich mit ihm. Ich sehe wie er am ganzen Körper zittert.

Bitte sag mir, dass das alles hier nur ein schlechter Traum ist. Kann mich jemand kneifen? Das kann niemals die Realität sein. Nein, er kann auf keinen Fall hier sein. Er sitzt doch hinter schwedischen Gardinen. Ja, das ist nur ein Traum. Bestimmt.

Ich schließe und öffne wieder die Augen. Es hat sich nichts geändert. Es ist die Realität. Das jagt mir Angst hat. Was wird er mit uns anstellen?

Irgendwann kann ich mich wieder bewegen und renne los. Ich renne in mein Zimmer und schließe die Tür ab. In diesem Moment kann ich gar nicht klar denken. Mein Kopf ist viel zu voll um einen klaren Gedanken fassen zu können.

Wie in Trance öffne ich die oberste Schublade meiner Kommode. Ich greife nach der Schachtel und setze mich auf den Boden. Ich öffne sie und greife nach einer der innen befindlichen Klingen. Dabei zitter ich so sehr, dass ich sie fast wieder fallen lasse.

Die Schachtel schließe ich wieder und stelle sie weg. Ich krempele meinen Pulloverärmel hoch. Jetzt gibt es kein Zurück.

Langsam und zitternd führe ich die Klinge an meinen Arm. Ich setze sie auf meiner Haut an und ziehe sie. Die Stelle fängt an zu bluten. Ich mache immer weiter. Immer weiter und tiefer. Das Blut läuft an meinem Arm herunter. Es tropft auf den Boden, meine Hose bleibt jedoch auch nicht verschont.

Ich kann einfach nicht aufhören. Es fühlt sich nicht gut an, aber es lindert den Schmerz, den ich empfinde. Es lässt mich diese Erinnerungen vergessen. Dieser Schmerz überdeckt den anderen.

Es klopft an meiner Zimmertür. Ich höre Julius. Er ruft mich. Ich stehe auf und lasse die Klinge fallen. Sie fällt zu Boden und ich schleppe ich zur Tür. Ich öffne sie und verliere das Bewusstsein.

Julius pov.

Ich klopfe immer wieder gegen seine Tür und rufe ihn. Ich fühle mich gerade so nutzlos. Ich weiß, was er in seinem Zimmer macht und kann ihn nicht davon abhalten.

Endlich öffnet sich die Tür. Darüber freuen kann ich mich aber nicht. Nicolas sieht mich kurz an und bricht dann vor mir zusammen. Ich fange ihn noch gerade so auf, bevor er sich komplett langlegt.

Irgendwie schaffe ich es ihn bis ins Badezimmer zu schleppen. Ich setze den noch immer bewusstlosen Jungen auf die Toilette und hoffe, dass er nicht umkippt während ich ihn verarzte.

Glücklicherweise passiert dies nicht und ich kann mir seinen Arm genauer ansehen. Er ist blutüberströmt. Die Schnitte sind zum Teil sehr tief und bluten stark.

Ich tupfe die Wunden ab, bevor ich sie desinfiziere. Während ich seinen Arm verbinde, wacht Nicolas wieder auf. Er sieht mich an und sagt nur: „Tut mir leid."

Mein Mobber und ichWhere stories live. Discover now