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"Erzählst du mir eine Geschichte?" sagt Magnus. Seine Hand auf meinem Herzen, sein Kopf auf meinen Beinen. Weich sind seine Haare unter meinen Fingerspitzen.
"Ja. Ich erzähle dir eine Geschichte. Eine Geschichte über Liebe, Loyalität, Familie, Treue und Verrat." Magnus schließt die Augen und summt leise.
"Das ist meine Lieblingsgeschichte." flüstert er.

Rückblende•

"Alec. Wir müssen reden. In mein Büro." sagt mein Vater streng. Izzy lächelt verlegen und Jace drückt aufmunternd meine Schulter. Mit klopfendem Herzen verlasse ich das Esszimmer und folge meinem Vater in sein Büro. Der große Schreibtisch und die noch größere Bücherwand haben mich als Kind immer eingeschüchtert. Aber ich liebte es hier. Dad saß an seinem Schreibtisch, vertieft in Papiere und Bücher. Ich saß auf der Fensterbank unter dem Abbild des Engels Raziel und hatte meine Nase in einem Buch vergraben. Dad besitzt unzählige Bücher und alle bewahrt er hier in seinem Büro auf. Für mich war es immer wie in einer Bibliothek. Ich tauchte ab in ferne Welten und bekam nicht mit was um mich herum geschah. Dad konnte seinen Geschäften nachgehen ohne das ich störte.

An meinem zwölften Geburtstag änderte sich das. Ich durfte nicht mehr in das Büro um zu lesen und meine Gedanken abzulenken. Desweiteren durfte ich nicht mehr Dad sagen. Vater war nun seine bevorzugte Anrede für mich an ihn. Seiner Meinung nach klang es weniger kindlich. Denn aus dem Kindesalter sei ich heraus.

Der Tag meines zwölften Geburtstages war auch der Tag meiner Mannesweihe. Ich bekam eine Waffe und Schießunterricht bei Luke, der rechten Hand meines Vaters. Es fiel mir leicht mit der Waffe umzugehen und meine Trefferquote war schon immer hervorragend.

Meine Kindheit war vorbei, ich befand mich mitten drin im Strudel von Intrigen, Macht und Gewalt. Jace, mein Bruder folgte ein Jahr später. Es lief genau so wie bei mir. Vater, eine Waffe, Schießtraining bei Luke. Jace stellte sich im Umgang mit Waffen nicht ganz so geschickt an wie ich. Aber im Umgang mit den Fäusten war er unschlagbar. Boxen war schon immer sein Sport und er brachte mir den einen oder anderen guten Schlag bei.

Dieses Büro beschert mir schöne Erinnerungen, an eine unbeschwerte Zeit und eine zu kurze Kindheit. Aber auch nicht so schöne Erinnerungen. Hier in diesem Büro erfuhr ich das erste Mal um die Geschäfte unserer Familie und was von mir erwartet wurde. Das ich mich durchbeißen und kämpfen muß. Meine Familie und unser Imperium zu beschützen, bis in den Tod hinein.

Mein Vater hat mir in den folgenden Jahren viel abverlangt. Er lehrte mich mit strenger Hand was es heißt das Oberhaupt des LW-Clans zu sein. Stark, skrupellos, gefürchtet. Und das wurde ich. Alexander Gideon Lightwood, Nachfolger von Robert Lightwood, geschickt im Umgang mit Waffen, gefürchtet auf der Straße, skrupellos und loyal in der Ausübung seiner Pflicht.

"Alec hörst du mir zu?" Die eisige Stimme meines Vaters durchbricht meine Gedanken.
"Entschuldige Vater." sage ich und halte seinem Blick stand. Das ist etwas was mich von den anderen unterscheidet. Ich halte immer seinem eisigen strengen Blick stand.
"Du wirst mich heute Abend begleiten. Zusammen mit Jace und Isabelle." Ich nicke und frage nicht weiter nach. Noch eine Eigenschaft die mir den Respekt meines Vaters sichert. Bedingungslose Loyalität, kein Hinterfragen, kein Widerspruch.

"Und zieh dir etwas vernünftiges an." Er mustert mich abschätzig und ich verdrehe nur die Augen.
"Lass das Alec." sagt er streng. Er mag es nicht wenn ich das mache.
"Das Treffen heute Abend ist wichtig. Asmodeus feiert die Rückkehr seines Sohnes. Und wenn unsere Geschäftsbeziehungen weiterhin gut verlaufen sollen, dann..."

"Ich weiß Vater. Dann zieh ich meinen besten Anzug an und bin der Gentleman der den Damen den Kopf verdreht." Ich lächele leicht und er nickt zufrieden mit dem Kopf. "Kümmere dich um Mrs Bane. Sie mag dich." Nun bin ich es der mit dem Kopf nickt. Mrs Bane ist eine freundliche Person. Ich mag sie. Sie redet mit mir immer über Bücher und Kunst. Eine heimliche Leidenschaft von mir ist Lyric und schöne Gemälde. Dann wird der Abend vielleicht doch nicht so schlimm.

Ich mag keine Partys und die meisten Gespräche mit der weiblichen Gesellschaft langweilen mich. Ich mache das nur weil mein Vater es von mir verlangt. Weil es wichtig ist die Kontakte und das Wohlwollen seiner Geschäftspartner aufrecht zu erhalten. Und dazu gehört leider auch den Gentleman für die Damenwelt zu spielen. Dabei interessieren mich Frauen überhaupt nicht.

Meine sexuelle Orientierung ist ein sensibles Thema in unserer Familie. Das ich auf Männer stehe ist bekannt, allerdings gehört dieses Wissen nur dem engsten Kreis. Und der engste Kreis sind mein Vater, meine Geschwister und Luke. Es könnte alles so einfach sein, ich könnte glücklich werden mit einem Mann an meiner Seite, als Oberhaupt des LW-Clans.

Aber mein Vater ist da anderer Meinung. Für meinen Vater ist klar das ich heirate. Eine Frau, die meine Stellung als Oberhaupt stärkt und mir Kinder schenkt. Jungs, die später einmal meine Nachfolge antreten können. Das ist das Letzte was ich will. Ich will keine Frau und auch keine Kinder. Ich will einen netten Mann der stark ist und sanftmütig. Der mich liebt mit allem was er zu geben hat. Der bedingungslos an meiner Seite steht und immer für mich da ist. Egal was passiert. Bedingungslos.

Vater hat mich angeschrien als ich ihm genau das sagte. Er war außer sich vor Wut und beschimpfte mich. Es war das erste Mal das er Jace als möglichen Nachfolger ins Spiel brachte. Nur wegen meiner Liebe zu Männern. In seiner Welt gehört sich das nicht. Ich soll eine Frau heiraten um den Schein zu wahren. Und mir einen Mann als Spielzeug suchen. Aber das will ich nicht. Und ich werde dem niemals zustimmen. Dann muss ich mich aber entscheiden. Oberhaupt oder Mann. Was möchte ich? Was ist mir wichtiger?

Bloody soulsWhere stories live. Discover now