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Magnus lässt mich verwirrt zurück und ich denke über die seltsame Begegnung nach. Das Izzy diesen Moment nutzt und ihn in mein Schlafzimmer schickt wird noch ein Nachspiel haben. Was fällt ihr eigentlich ein? Ich schicke ihr auch keine wildfremden Männer. Außerdem würde ich nie zulassen das ein Mann ihr Schlafzimmer betritt.

Einem Impuls folgend entscheide ich mich für ein anderes Shirt. Es ist dunkelblau. Auf dem Weg ins Esszimmer frage ich mich wo Magnus abgeblieben ist. Ob er gegangen ist? Wir waren nicht verabredet. Ich sollte mich bei ihm melden. Aber diesen Vorsatz kann ich wieder verwerfen als ich das Esszimmer betrete. Magnus sitzt neben Izzy und tätschelt ihren Arm. Sie sind in ein Gespräch vertieft und bemerken mich nicht. Jace strahlt über das ganze Gesicht und deutet auf Magnus und Izzy. Eifersucht breitet sich aus, hinterlässt einen sauren Geschmack im Mund und ein grummeln im Magen.

"Morgen." sage ich und setze mich an meinen Platz neben unseren Vater. Dieser schaut nicht auf, ist vertieft in seine Zeitung. Wenigstens schaffen Izzy und Jace mir zu antworten. Ich beginne stumm mein Omelette zu essen. Plötzlich ertönt die kalte Stimme meines Vaters."Du bist zu spät Alec."
"Ich war noch laufen. Wie jeden Morgen. Nur heute war die Runde etwas länger." antworte ich ihm ebenso kühl. Er lässt seine Zeitung sinken und schaut mich an. Alle schauen mich an. Ich spüre acht Augenpaare auf mir ruhen und fühle mich etwas unwohl.

"Ich habe einen Job für dich. Heute Abend. Zusammen mit Jace. Aber vorher kümmerst du dich um unseren Gast."
"Ja Vater." antworte ich. Die Details meines Auftrages wird er mir später in seinem Büro mitteilen. Beim Essen reden wir nie über das Geschäft. Eigentlich reden wir nie beim Essen. Und eigentlich sind wir beim Essen auch immer alleine. Das Frühstück verläuft stets schweigend, Vater duldet anscheinend nur das Magnus und Izzy sich unterhalten um Asmodeus nicht zu erzürnen.

Denn dieser findet es garantiert nicht gut wenn mein Vater seinem Sohn das reden verbietet. Daher auch seine schlechte Laune. Noch schlechter als sonst. Warum ist Magnus hier? Vater hätte ihn auch wieder weg schicken können. Aber auch das wird mit dem Zorn von Asmodeus zusammen hängen. Die ganze Unterwelt weiß, das Asmodeus Bane eine kurze Zündschnur hat und leicht die Kontrolle verliert. Das erste was mein Vater mir damals beibrachte war, meine Gegner kennen zu lernen. Du mußt immer wissen wer sie sind, was sie sind, wo sie sind. Nur so ist es möglich die Kontrolle zu bewahren und den Schutz der Familie zu sichern.

Das erste was ich über Asmodeus Bane lernte war seine Unbeherrschtheit, seine Wut und die kalte Berechnung gegenüber seinen Feinden. Meine Familie möchte Bane nicht zum Feind haben. Und Bane möchte uns nicht zum Feind haben. Denn Vater hat mich. Alec, seinen ältesten Sohn und vortrefflichen Schützen. Einen Kerl der loyal gegenüber seiner Familie ist, der nie sein Ziel verfehlt und eiskalt in der Ausübung seiner Pflicht agiert. Ich könnte Asmodeus Bane unbemerkt töten. Einfach im vorbeigehen, sein Körper hätte noch nicht einmal den Boden erreicht und er wäre bereits tot.

"Mr Bane. Warum können Sie nicht mir einer Waffe umgehen?" höre ich meinen Vater sagen und damit reißt er mich abrupt aus meinen Gedanken. Ich blicke zu Magnus, er lächelt aber das Lächeln ist nicht ehrlich. Es erreicht nicht seine Augen. Nicht so wie gestern, als wir uns das erste Mal sahen.
"Nun ja. Ich bin gut im Umgang mit dem Schwert. Kurzschwert um genau zu sein. Schußwaffen finde ich gruselig. Zu laut. Zu kalt."
Vater zieht die Augenbrauen zusammen. Das ist kein gutes Zeichen. Aber er verkneift sich einen Kommentar.

"Dann lass uns deine Phobie mal beseitigen." sage ich an Magnus gewandt und stehe auf. Er tut es mir gleich, verabschiedet sich höflich und folgt mir durch das Haus. Schweigend gehen wir zum Schießstand. Vater ließ ihn eigens für uns bauen, damit wir immer und ungestört an unserer Schußtechnik pfeilen konnten. Ich bin gerne hier. Es beruhigt mich und vertreibt böse Gedanken.

Ruhig erkläre ich ihm die Bestandteile der Waffe, zerlege, setze zusammen, zeige ihm den richtigen Stand. Magnus wirkt teilweise abwesend. Seine Abneigung Waffen gegenüber ist nicht zu übersehen.
"Magnus konzentriere dich." sage ich in strengem Ton. Er sieht mich an und schüttelt leicht den Kopf.
"Was denkst du mache ich hier? Ich bin super konzentriert. Überhaupt nicht abgelenkt." sagt er und seine Stimme trieft vor Sarkasmus.

"Mit der Schusshand die Waffe so hoch wie möglich greifen." Ich stelle mich hinter Magnus, lege die Waffe in seine Hände an die richtige Stelle. Seine Hände zittern und sind kalt. Ist seine Angst vor Waffen so groß? Es ist ungewöhnlich, dass der Sohn des Clan-Oberhauptes nicht den Umgang mit einer Waffe beherrscht.
"Beruhige dich Magnus. Ich erkläre es dir Schritt für Schritt." sage ich ruhig und Magnus nickt.
"Nach oben hin soll nirgends Luft sein. Mit der linken Hand die Lücke zwischen Fingerspitzen und Handballen der rechten Hand am Griff ausfüllen. Das Handgelenk dabei fixieren."

Dicht gedrängt an seinen Körper versuche ich in ruhigem Ton weiter zu reden. Magnus Duft umhüllt mich. Ich erkenne eine Mischung aus Sandelholz und leichter Minze. Mein Herz schlägt schnell und ich hoffe, dass er nichts davon mitbekommt. "Kimme und Korn sollen oben in einer Linie abschließen. Die Kimme und das Ziel müssen unscharf sein. Das Auge muss auf das Korn fokussieren. Probiere es aus." sage ich. Meine Hände liegen noch immer auf seinen und eine wohltuende Wärme breitet sich langsam aus.

"Wenn die Fingerkuppe des Zeigefingers den Abzug im ersten Drittel der Kuppe berührt, solltest du gerade Abziehen können. Es gibt drei Phasen. Ich erkläre es dir. Phase eins ist der Vorweg. Hier geht der Abzug leicht nach hinten. Phase zwei ist der Druckpunkt. Hier steht der Abzug an, kurz bevor der Schuss bricht. Phase drei ist, den Druckpunkt zu überwinden. Du musst gleichmäßig Druck aufbauen und dich vom Schuss überraschen lassen. Hast du das soweit verstanden?" Magnus nickt, ist konzentriert.
"Ganz wichtig ist jetzt das Nachzielen. Nach dem Schuss solange halten, bis das Visierbild wieder aufgebaut ist. So vermeidest du während des Schießen ein unbewusstes verreißen."

Meine Hände verlassen seine Hände, legen sich auf seine Hüften und fixieren den Stand. "Du musst dich auf viele Dinge konzentrieren. Das Zielen, der richtige Griff, Handgelenk fixieren, richtiges Abziehen, nachvisieren. Ein geübter Schütze hat diese Abläufe automatisiert. Er denkt darüber nicht mehr nach. Konzentriere dich fürs erste auf den richtigen Griff. Wenn du dann ruhig abziehen kannst, kommt der Rest von alleine." Magnus wendet den Kopf leicht. Durch diese Bewegung streifen meine Lippen sein Ohr. Ein Kribbeln breitet sich auf meinen Lippen aus. "Und das funktioniert?" fragt er. "Versprochen." hauche ich an sein Ohr. In diesem Moment drückt er ab und das Geräusch der zerplatzten Patrone hallt laut durch den Raum.

Er lässt die Waffe sinken, atmet geräuschvoll aus. "Entschuldige." Ich verdrehe die Augen und kann es kaum glauben. Er hat noch nicht mal hingesehen und einfach abgedrückt. "Noch einmal. Und diesmal richtig. So wie ich es dir erklärt habe."

Bloody soulsWhere stories live. Discover now