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Verzweifelt stehe ich vor dem Spiegel und versuche meine Krawatte zu binden. Irgendwie will mir das heute nicht so richtig gelingen. "Fuck. Was ist denn heute bloß los?" schreie ich frustriert. Prompt geht die Tür auf und Jace steckt seinen Kopf hindurch. Er lächelt und kommt auf mich zu. Seine flinken Finger binden meine Krawatte, er streicht über das Revers meines Jacketts und tritt einen Schritt zurück. "Du siehst gut aus. Damit wirst du die Damenwelt verzaubern." sagt er und ich werde nervös. Warum werde ich nervös.

"Alec was ist los?" seine Miene ändert sich. Von fröhlich zu skeptisch, besorgt. "Warum bist du so nervös?" Ich konnte mich nie vor Jace verstecken, er wußte immer wie es tief in mir drin aussah. Er war auch der erste der von meiner Homosexualität erfahren hat. "Ich weiß es nicht." sage ich wahrheitsgemäß und schüttele leicht meinen Kopf. "Ich habe das Gefühl, dass heute etwas wichtiges passiert. Aber ich kann nicht genau sagen was."

Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er mich an. "Ist egal Jace. Ich kann es doch selbst nicht erklären. Lass uns nach unten gehen. Vater wartet sicherlich schon." Ich greife nach meiner Waffe und verstaue sie im Holster. Das kleine Wurfmesser steckt bereits versteckt im Bund meiner Hose. Asmodeus erlaubt in seinem Haus keine Waffen. Aber ich bin lieber auf alles vorbereitet. Die Waffe werde ich am Eingang abgeben, aber das Messer ist gut versteckt.

Wie ich vermutete warten unser Vater und Izzy bereits in der Eingangshalle auf uns. Izzy sieht wunderschön aus in ihrem langen Kleid. Der dunkelblaue seidige Stoff liegt fließend an ihrem Körper und umspielt ihre Rundungen perfekt. Das lange schwarze Haar fällt in Wellen auf ihre Schultern und ihr Lächeln ist wie immer zuckersüß. Sie schenkt uns einen liebevollen Blick und ein hübsches Lächeln.

Unser Vater dagegen blickt genauso grimmig drein wie sonst auch. Der schwarze Anzug und die Fliege, seine kalten stahlgrauen Augen und die zusammengezogen Augenbrauen wirken auf Menschen in seiner Nähe einschüchternd. Und so geht es auch mir. Wieder halte ich seinem strengen Blick stand und versuche die Tatsache das er mit der Wahl meines Outfits nicht zufrieden ist zu ignorieren. Er braucht nichts sagen, ich kann es deutlich in seinen Augen erkennen. Ich weiß nicht wo sein Problem ist. Mein Anzug ist dunkelblau mit passender Krawatte und weißem Hemd. Izzy sagt immer das der Anzug meine Augen besonders gut betont.

"Lasst uns fahren. Wir sind spät dran." sagt er und wendet sich ab Richtung Tür. Seine Stimme kalt und scharf. Ich verdrehe die Augen und bin froh das er es nicht mehr sehen kann. Fragend blicke ich zu Jace, er zuckt nur mit den Schultern, weiß auch nicht welche Laus ihm über die Leber gelaufen ist. Im Wagen wartet Luke bereits auf uns. Seine Laune ist deutlich besser und automatisch wird es auch die von unserem Vater. Luke hatte schon immer eine positive Wirkung auf den sonst so strengen Robert Lightwood.

Die gesamte Fahrt über müssen wir uns eine Rede über gutes Benehmen und die Grundsätze über das Pflegen von Kontakten anhören. Obwohl es heute Abend um die Rückkehr von Asmodeus Banes Sohn in den Schoß der Familie geht, kann mein Vater nicht anders als über das Geschäft nachzudenken. Nicht mal einen entspannten Abend gönnt er uns. Jace und Izzy lieben solche Veranstaltungen, ich eher weniger.

Das Anwesen der Familie Bane ist nicht minder so beeindruckend wie das unsere. Eine große weißgekieste Auffahrt, in Form geschnittene Hecken und Rosenbüsche. Die Eingangshalle ist hell und eine große Wendeltreppe ist der Mittelpunkt dieser. Wie ich bereits vermutete müssen wir unsere Waffen abgeben. Ich kenne diese Prozedur bereits und lass es über mich ergehen. Wie immer findet der beauftragte Kerl nicht das kleine Wurfmesser in meinem Hosenbund. Ich weiß das auch Jace ein Messer bei sich trägt. Die Arroganz und Überheblichkeit von Asmodeus Wachen überrascht mich jedes Mal aufs Neue. Sie wollen uns zeigen das sie hier das Sagen haben, dass wir ihr Territorium betreten und keinerlei Macht besitzen.

Dabei könnte Izzy diesen arroganten Schnösel, der gerade eine Leibesvisitation mit seinen Augen vornimmt mit einem gezielten Tritt ausschalten. Und dabei würde sie noch immer elegant aussehen. Ich schmunzele und ernte dafür einen tadelnden Blick von meinem Vater. Mein erster Gang ist zur Bar, ich brauche etwas zu trinken um den Abend hier zu überstehen. Es dauert auch nicht lange da hat mich schon der erste Gast in ein Gespräch verwickelt. Das Thema langweilt mich so dermaßen. Wann kommt endlich mein Prinz auf dem weißen Pferd und erlöst mich?

Ist ja gut, er braucht kein weißes Pferd. Ein nettes Gespräch mit einem attraktiven Kerl würde mir schon reichen. Aber da scheine ich heute Abend Pech zu haben.
Heute fällt es mir besonders schwer mich auf mein Gegenüber einzustellen. Normalerweise habe ich damit kein Problem. Ich war schon immer eher der ruhigere Typ und nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Mein Talent zum zuhören und ein charmantes Lächeln hat schon so manche Leute dazu veranlasst ungezwungener zu reden. Eine gewisse Menge Alkohol im Blut meines Gesprächspartners erleichtert das ganze natürlich.

Aber heute ist etwas anders. Ich fühle mich unwohl in meiner Haut. Ständig habe ich das Gefühl beobachtet zu werden. Einmal war ich mir sicher das jemand hinter mir steht. Ich spürte einen warmen Atem in meinem Nacken und mein Herz schlug schneller als ich eine Hand auf meinem unteren Rücken fühlte. Ich schluckte schwer, aber als ich mich umdrehte war da niemand.

Der Abend verläuft ruhig, das Gespräch mit Mrs Bane ist eine willkommene Abwechslung zu den anderen Unterhaltungen des restlichen Abends.
"Wie geht es ihnen Alec? Sie wirken etwas nervös." fragt sie und ich frage mich warum das heute jeder glaubt. Dennoch muss ich zugeben das es so ist. Aber ich weiß nicht warum.
"Mit geht es gut. Danke der Nachfrage. Und ihnen muß es auch gut gehen. Der verlorene Sohn ist wieder da." Sie kichert, es klingt so schön. Unschuldig und rein. Mrs Bane ist eine kleine zierliche Frau mit langem schwarzen Haar das sie immer zu einer aufwändigen Hochsteckfrisur trägt. Ein freundliches Lächeln und ein sanftes Gemüt. Ich mag sie.

"Ja das ist er. Und ich freue mich sehr das er endlich hier ist. Die Zeit in Japan war nicht einfach musst du wissen. Ich habe ihn schrecklich vermisst." Eine Traurigkeit legt sich über ihre Augen. Ich lächele leicht und drücke kurz ihren Arm.
"Jetzt ist er ja wieder da." sage ich.
"Er kennt hier niemanden. Ich habe ihm versprochen das wir zusammen die Stadt erkunden. Aber ich fürchte daraus wird nichts werden."

Ihre Aussage verwundert mich. Aber ich frage nicht weiter nach. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie nicht darüber reden will. Plötzlich erhellt sich ihr Gesicht. Sie strahlt und ihre Augen glänzen. Ihr Glas wandert in meine freie Hand, ich bekomme es gerade so mit und kann es halten. Ich höre ihr Lachen und wie sie mit jemanden redet. "Da bist du ja endlich. Ich muß dir unbedingt jemanden vorstellen. Du wirst ihn mögen."

Langsam drehe ich mich um und blicke in goldfunkelnde Augen. Ich sehe einen perfekt geschwungenen Mund und rosafarbene Lippen. Schwarze Haare, perfekt gelegt. Ein charmantes Lächeln und eine pinkfarbene Zunge die langsam über die Lippen fährt.
"Heilige Scheiße." sage ich leise und sämtliches Blut in meinem Körper wandert direkt in meine untere Region. Vor mir steht der schönste Mann der Welt und ich will ihn.

Bloody soulsWhere stories live. Discover now