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"Alexander."
Warum?
"Alexander wach auf."
Warum bestraft das Schicksal mich?
"Alexander. Liebling du mußt aufwachen."
Magnus liebliche Stimme werde ich immer hören. Ich werde sie nie vergessen. Ich werde ihn nie vergessen. Das könnte ich nicht. Er ist die Liebe meines Lebens.

Schreiend wache ich auf. Stoßweise und schnell geht meine Atmung. Ich setze mich auf, fahre mir ein paar Mal mit den Händen über das Gesicht. Eine warme Hand auf meiner Schulter lässt mich zusammen zucken.
"Alexander." flüstert Magnus und ein Felsbrocken fällt von meiner Seele.
"Du lebst." sage ich. Magnus sieht mich angstvoll an.
"Ja ich lebe. Du hast geträumt."

Schluchzend werfe ich mich in Magnus Arme, drücke ihn fest an mich. Mit dem Gesicht in seiner Halsbeuge vergraben atme ich seinen Geruch ein. Zitrone mit Bergamotte und Sex. Mein Herz schlägt schnell. Zu schnell und ich bekomme kaum noch Luft. Angst frisst sich durch meinen Körper. Erleichterung darüber, das es nur ein Traum war, legt sich wie eine schützende Decke über mich.
Magnus lässt sich zurück auf die Matratze fallen, zieht mich mit sich.

Augenblicklich kuschele ich mich an ihn, lege meinen Kopf auf seine Brust und ein Bein über seine Mitte. Magnus streicht mir sanft über den Rücken, ich lege meine Arme um seinen Hals. Seine gleichmäßige Atmung beruhigt mich.
"Erzählst du mir von deinem Traum?"
"Ich konnte dich nicht retten." Ein erneutes schluchzen erschüttert meinen Körper. "Sie haben auf dich eingetreten und mit Fäusten drangsaliert. Valentine Morgenstern stand über dir und lachte. Eine Tür versperrte mir den Weg zu dir." Ich weine und Magnus hält mich fest, gibt mir Liebe und Geborgenheit.

"Ich hielt deinen toten Körper im Arm. Es war furchtbar. Magnus i-ich habe immer versucht..." meine Stimme bricht. Ich atme tief ein.
"Beruhig dich. Ich bin hier." sagt er und drückt einen Kuss auf meine Lippen.
"Ich habe immer versucht dich zu beschützen. Du bist meine Schwachstelle. Das warst du immer. Und das wirst du immer sein."
Magnus lächelt. Aber in seinen Augen steht Sorge.
"Willst du wissen warum ich hier bin?" Ich nicke. Und wie ich das wissen will.

"Nachdem du angeschossen wurdest brachte Ragnor mich weg. Zu Jia, seiner Schwester. Wir wußten nicht wer alles daran beteiligt war, konnten niemanden trauen. Ragnor sprach trotzdem mit meinem Vater. Er sagte, wir sollten eine Weile bei Jia bleiben und abwarten. Er würde sich um Ben kümmern. Er versucht noch immer ihn zu finden. Als Jia von ihrer Schicht nach Hause kam und uns erzählte wer ihr neuer Top-Secret Patient war, brach ich in Tränen aus. Ich schrie und tobte, weinte und fluchte auf japanisch als gäbe es kein Morgen mehr. Sie gab mir ein Beruhigungsmittel. Du lagst im Koma und ich wußte nicht ob du je wieder aufwachen würdest. Zwei Wochen lang saß ich jede Nacht an deinem Bett. Dann wachtest du plötzlich auf. Mitten in der Nacht und dein Schreien war im ganzen Krankenhausflügel zu hören. Du hattest starke Schmerzen und die Ärzte mussten dich wieder ins Koma legen. Ich konnte gerade so verschwinden ohne das mich jemand sah. Ich floh noch in dieser Nacht nach Japan."

All das was Magnus mir gerade sagte, rast in einzelnen Bildern durch meinen Kopf. Einfangen, betrachten, analysieren, zusammensetzen. Solangsam ergibt es ein Bild.
"Dein Vater wird Ben nicht finden. Wenn Ben nicht gefunden werden will, dann ist er auch nicht zu finden. Ich kann mir denken wo er ist. Aber ich werde es dir nicht sagen. Denn ich will das du am Leben bleibst. Und das wirst du nicht, wenn du deinem Vater sagst wo er Ben findet. Ich alleine weiß wo er sich versteckt. Und Ben wird dieses preisgegebene Wissen an dir bestrafen."

"Ich verstehe es nicht. Warum bist du einfach gegangen? Ich sitze hier dreißig Jahre für einen Mord den ich nicht begangen habe." sage ich empört.
"Dein Vater hat ein Kopfgeld auf mich ausgesetzt." antwortet Magnus und ich starre ihn entsetzt an. Davon wußte ich nichts.
"Warum redest du nicht mit mir? Ich hätte dir geholfen?"
"Ich weiß Liebling und das tut mir leid. Vater hat mir verboten mich zu melden. Ben suchte noch immer nach mir. Und du weißt wie Vater sein kann. Ich habe Angst bekommen. Zwei Tage vorher erhielt ich die Nachricht, dass mein Vater einen Herzinfarkt hatte."
"Magnus..."
"Es ist alles gut Alexander. Es war zum Glück ein leichter Infarkt. Es geht ihm gut. Aber die Sorgen um dich und meinen Vater hatten zur Folge, das ich rückfällig wurde. Ich ging zu meinem alten Dealer und er gab mir bereitwillig was ich wollte."

"Oh Baby."
"Immerhin war ich noch nicht lange aus der Klinik raus. Erinnerst du dich an Jordan Kyle?"
Ich nicke.
"Du hast dir fast vier Jahre eine Zelle mit meinem Dealer geteilt."
Das ist jetzt nicht sein ernst.
"Ich bring ihn um."
"Vergiss es. Wenn wir beide hier raus kommen, und das werden wir, dann verschwinden wir. Wir lassen New York hinter uns. So wie es geplant war. Niemand weiß von Jem und Will."
Ich schlucke trocken. "Vater weiß es."

Magnus stöhnt. "Das ist schlecht. Aber egal. Wir schaffen das."
Er nimmt mein Gesicht zwischen seine Hände und gibt mir einen federleichten Kuss auf die Nasenspitze.
"Ich muß dir noch etwas gestehen. Es fällt mir nicht leicht darüber zu reden. Aber ich bin dir die Wahrheit schuldig. Ich floh nach Japan zu dem Bruder meiner Mutter. Keine zwölf Stunden bevor du endgültig aufwachtest. Jia hat mich informiert. Am Tag deiner Verurteilung ballerte ich mir so dermaßen das Hirn weg, das ich mich an nichts mehr erinnern kann. Drogen und Alkohol. Ich weiß nicht mehr was es genau war. Mir fehlen drei Tage. Ich wachte irgendwo in Tokyo auf. In der Wohnung eines Kerls den ich nicht kannte."

Bei seinen letzten Worten versteife ich mich.
"Ich wachte nackt in einem fremden Bett auf. Neben einem Kerl den ich nicht kannte. Mit riesigen Kopfschmerzen und einem Filmriss."
Ich entziehe mich Magnus Armen, meine Gedanken laufen Amok und das Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. Ich will nicht glauben was er mir sagt. Aber es kommt noch schlimmer.

"Es tut mir so schrecklich leid." sagt Magnus leise. Entfernt klingt seine Stimme, das Blut rauscht in meinen Ohren und mir wird übel.
Taumelnd steige ich aus dem Bett, schüttele seine Hand an meinem Arm ab und schleiche zu der Toilette in unserer Zelle. Das Abendessen hat ein Comeback und ich schwitze.
Meine Gedanken drehen sich nur um eine Frage. Warum?

"Hast du mit ihm geschlafen?" frage ich und höre das Magnus weint.
"Ich weiß es nicht." sagt er unter Tränen und ich hasse ihn gerade so sehr. Er macht alles kaputt. Unser ganzer Traum von einem friedlichen Leben. Alles dahin. Er hat es mit Füßen getreten. Vier Jahre lang habe ich gelitten wie ein Tier. Und Magnus hat mich nach gerade mal drei Wochen Trennung betrogen.

Bloody soulsWhere stories live. Discover now