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Ich wache auf, das Bett neben mir ist leer. Es ist ganz still. Kein Laut ist zu hören. Kein Wärter der seinen Schlagstock über das kalte Metall der Gitterstäbe zieht. Kein weinen eines Insassen und das leise beten nach Erlösung. Kein tuscheln und Pläne schmieden. Kein ersticktes Keuchen von erregten Männerkörpern.

Langsam stehe ich auf und trete aus meiner Zelle. Etwas ist anders. Etwas fehlt. Aber ich komme einfach nicht darauf was es ist. Die dunklen Gänge, die Zellen rechts von mir und kleinen Fenster auf der linken Seite sind mir so vertraut.
Ein Schrei durchbricht die Stille der Nacht. Eine mir allzu bekannte Stimme ruft meinen Namen. Aber es will mir nicht einfallen wo ich sie schon einmal gehört habe. Ich bin allein. Ich war immer allein.

Das Tapsen meiner nackten Füße hallt durch die verwaisten Gänge. Ich betrete einen großen Raum, er ist leer. Aber das Geräusch von schlagenden Fäusten auf einen Körper ist kaum zu überhören. Ich blicke in die Richtung aus der das Geräusch kommt und gehe langsam auf eine Gruppe Männer zu. Sie stehen um einen Mann, zusammengesunken kauert dieser am Boden. Die Arme schützend um seinen Körper geschwungen.

Ein hämisches Lachen dringt aus dem Mund des Mannes der alle anderen überragt. Sein Körper bebt und ist nach hinten gebeugt. Plötzlich verstummt er und richtet seine Aufmerksamkeit auf mich.
"Du kannst ihn nicht retten, Dark Angel." sagt er.
Ich blicke auf das Bündel vor seinen Füßen, er scheint mir so vertraut. Eine Melodie dringt an mein Ohr.

You're standing next to me
My mind holds the key

Set my spirit free
Set my spirit free
Set my body free

Der Mann auf dem Boden hebt seinen Kopf, ich blicke in goldfunkelnde Augen. Ein wimmern ertönt aus seiner Kehle.
"Alexander." Und plötzlich schießen Bilder wie kleine Blitze durch meinen Kopf. Bilder von einer Party, einer Hochzeit in blau und gold. Von Tränen der Freude und des Schmerzes. Emotionen wie Leid und Trauer, Liebe und Hingabe, Lust und Begierde. Und immer wieder Liebe.

"Magnus." hauche ich und stürze auf ihn zu. Eine Tür schließt sich vor meinen Augen. Ich hämmere gegen die Scheibe die uns trennt.
"Magnus. Magnus." schreie ich immer wieder. Die Tränen laufen heiß über mein Gesicht. Ich höre nicht was hinter der Tür passiert. Ich sehe nur die Bilder und schreie.

Das hämische Grinsen im Gesicht des Mannes nimmt zu. Seine Schergen schlagen immer wieder auf den Körper meines Mannes ein. Er kann sich nicht wehren. Seine Hände auf den Rücken gefesselt liegt er auf dem Bauch. Das Blut sickert aus seinem Körper, dicke Tropfen fallen auf den Boden. Eine große Pfütze bildet sich, durchtränkt seine Kleidung.

"Magnus." Meine Schreie seines Namens prallen an der Sperre vor mir ab. Meine Augen brennen von unzähligen Tränen, die Kehle ausgetrocknet von meinen Schreien. Die Hände schmerzen, blutende Knöchel.
"Baby ich bin hier. Magnus." Ich breche weinend auf dem Boden zusammen, lehne mit der Stirn an der Scheibe und blicke in seine tränenverhangenden Augen.

Mit lautem Zischen öffnet sich die Tür zwischen uns. Ich stürze zu Magnus, löse seine Fesseln und ziehe ihn in meine Arme. Aus leeren Augen blickt er zu mir, tränenfeucht ist sein blutiges Gesicht. Die Lippen geschwollen, die Haare verklebt von Schweiß und Blut und meinen Tränen. Ich wiege seinen geschundenen Körper in meinen Armen und schluchze. Er legt seine Hand an die Stelle wo mein Herz liegt. Ich tue es ihm gleich, wir blicken uns tief in die Augen.

"Ich liebe dich Alexander." flüstert er mit der letzten Kraft die er aufbringen kann. Ich wimmere bei seinen Worten. "Verlass mich nicht. Nein nein nein. Verlass mich nicht." Seine Hand gleitet von meinem Herzen, das Leben in seinen Augen erlischt.
Ein letztes Mal küsse ich seine Lippen, fühle den letzten warmen Atem in meinem Mund.

"Ich liebe dich Magnus." Sind meine letzten Worte an meinen Mann bevor der Engel des Todes erscheint und ihn von mir fortbringt. An einen Ort, an dem ich ihm nicht folgen kann. Noch nicht. Aber eines Tages werden wir uns wiedersehen.

Bloody soulsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt