Rin Matsuoka x OC

~57. Telefonat~

„...sich noch nicht entschieden hat und Sie live sehen möchte. Bitte geben Sie mir unter dieser Nummer Bescheid, welcher Termin für Sie passend wäre."

Ich atmete hörbar aus, mein Herz schlug mir bis zum Hals. Mit zitternden Fingern wählte ich die unten angegebene Nummer und drückte auf den grünen Hörer. Das Tuten hallte in der stillen Wohnung wider. Als ein Knacken am anderen Ende der Leitung zu hören war begann ich zu sprechen.

„Guten Tag. Ich habe einen Brief zugeschickt bekommen und sollte mich unter dieser Nummer melden. Mein Name ist Kara Nakamura."
„Hallo Frau Nakamura. Wie schon in dem Brief gesagt, möchte unser Team Sie live sehen, welcher Termin wäre für Sie recht?"
„Ich habe bis auf die kommenden zwei Tage, also Freitag und Samstag immer Zeit.
„Wie wäre es für dich am Sonntag um 16:00 Uhr?"
„Das würde klar gehen."
„Sehr gut. Vielen Dank. Auf Wiederhören."
„Dankeschön auf Wiederhören."

Ich fasste mir an die Stirn und ging in Gedanken immer wieder den gleichen Satz durch.

Ich schaffe es vielleicht bis nach Olympia.

Es geschah an diesem Tag nichts spannendes mehr.

Ich saß etwas an meinem Laptop und surfte im Internet, als mein Handy blinkte und ich einen eingehenden Videoanruf von Rin sah. Ich platzierte mein Handy auf der Tastatur und nahm den Anruf an. Mein Video rutschte in die obere Ecke und Rin erschien zuerst etwas verpixelt, aber dann etwas klarer auf dem Bildschirm. Es tat weh, ihn nicht in perfekter Auflösung zu sehen und zu wissen, dass er mehrere 100 Kilometer und einen Ozean weit entfernt war.

„Hallo.", begrüßte ich ihn und ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen.
„Hey Kara, wie geht's dir?"
„Ganz gut und dir? Gibt es etwas Neues vom Schwimmverein, in dem du dich angemeldet hast?" „Danke mir geht's auch ganz gut. Es tut gut, mal wieder in Australien zu sein. Jap ich fange am Montag an beziehungsweise habe ich am Montag Training. Hat sich bei dir etwas getan?"
„Jap, ich darf morgen probeweise in dem Kindergarten arbeiten, wo ich mich beworben habe, aber sonst ist eigentlich fast alles wie immer. Warst du schon bei deinen Pflegeeltern?"

Ich ließ Olympia mal besser weg, weil es ja immer noch nicht sicher ist.

„Das freut mich für dich, schreib mir wie es gelaufen ist. Ich werde morgen bei Lori und Russel vorbei schauen. Ich war gestern so fertig von dem Flug, dass ich einfach auf die Matratze gefallen bin und bis heute Mittag geschlafen habe."
„Ja, ich habe heute auch extrem lange geschlafen."
„Was hast du heute so gegessen?"
„Eine Schale Reis und jetzt werde ich vielleicht ein Spiegelei essen, oder eine Kiwi. Kommt darauf an, auf was ich Lust habe."
„Sehr gut und was hast du danach gemacht?"
„Eine Serie geschaut. Aber Rin ich habe dir doch versprochen, dass ich ausreichend esse und mich auch nicht übergeben werde. Die Zeiten sind vorbei. Bitte mach dir um mich nicht so viele Sorgen und lebe dein Leben, wie du es schon immer wolltest. Ich möchte kein Hindernis für dich sein, weil ich weiß, wie wichtig dir das Schwimmen ist."

Diese Worte fielen mir unglaublich schwer, aber auch so unglaublich leicht, denn ich wollte immerhin, dass Rin seinen Traum lebt, aber ich hatte, so egoistisch das auch klingen mag, irgendwie Angst vergessen zu werden. Eine komische Stille legte sich über uns. Niemand sagte etwas und wir sahen beide nach unten.

Habe ich etwas Falsches gesagt?

„Ich lebe mein Leben, wie ich es möchte, nur eben mit meiner wunderbaren Freundin. Sieh mich an. Ich bin in Australien. Ich bin in einem starken Team. Kara, ich denke ohne dich wäre alles völlig anders verlaufen. Durch dich fühle ich mich so viel sicherer, auch wenn ich dich manchmal vermisse, weiß ich, dass du immer an mich denkst."

Die Röte stieg mir ins Gesicht und ich hörte Rin durch das Telefon lachen.

„Was?!", fragte ich belustigt und versuchte mein Gesicht zu verdecken.
„Du bist echt niedlich.", lachte der Ältere.
„Man Rin, ich werde noch röter."

Wir beide brachen in Gelächter aus und telefonierten noch bis spät in die Nacht.