~74. Frieren~

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Noch nie hatte ich eine Aussage so bereut wie jetzt gerade. Wir waren gerade Mal 20 Minuten unterwegs und ich konnte jetzt schon nicht mehr. Es hatte sehr viel geschneit und die Straßen waren noch nicht geräumt worden. Folglich blieben unsere Koffer ständig im Schnee stecken. Es hatte nach 10 Minuten zu schneien und stürmen begonnen. Leider wurde der Wind immer kälter und kräftiger und die Flocken immer größer. Meine Finger- und Zehenspitzen waren schon taub, weil mir so kalt war und ich hatte das Gefühl, dass von meiner Nase mittlerweile Eiszapfen hingen. Und als wäre das nicht schon genug Pech, fielen aufgrund des schlechten Wetters die Öffis aus und wir musste komplett zu Fuß nach Hause laufen. Ich hatte zwar im Flugzeug geschlafen, aber so richtig erholsam war dieser Schlaf auch nicht und ich merkte, wie ich langsam müde wurde. Rin schien es scheinbar ähnlich zu ergehen. Seine Wangen und seine Nasenspitze hatten sich rot gefärbt. Seine Finger schienen auch ziemlich kalt zu sein, da er diese nicht ganz um den Griff seines Koffers legte und jeden zweiten Schritt rutschte er etwas auf dem matschigen Schnee aus. 

„Rin?" 

Sein Blick wanderte zu mir. 

„Soll ich deinen Koffer etwas ziehen, dann kannst du deine Hände wärmen." 

Er schüttelte nur den Kopf und sah wieder zu Boden. 

„Nein Danke. Ich sehe wie müde du bist und das Stück nach Hause halte ich schon noch aus." 

Mit einem Nicken sah ich wieder auf den Boden unter meinen Füßen.

Immer öfter rutschte ich aus, bis ich mich schließlich doch auf dem kalten Boden wieder fand. Ich hatte meine Füße nicht ordentlich gehoben und war über einen Schneehaufen gestolpert. Schmerzverzerrt fasste ich mir an den unteren Teil meines Rückens und massierte diesen etwas. 

„Alles okay?", Rin streckte mir seine Hand entgegen und ich zog mich an dieser hoch.
„Jaja. Alles gut. Wie weit ist es noch?"
„Wir sind gleich da."
„Gut ich kann langsam echt nicht mehr."
„Verständlich wir sind auch schon knapp eine Stunde unterwegs."
„So lange schon?!"
„Jap..." 

Ein entrüstets Seufzen entkam mir und ich legte meinen Kopf in den Nacken.

Wir bogen noch einmal in eine Straße ein und Rin begann in seiner Tasche nach etwas zu suchen. Er zog einen Schlüssel hervor und ich wusste, dass es nicht mehr weit war, bis ich endlich im Warmen stand. Rin öffnete die Tür zu einem Mehrfamilienhaus und hielt mir diese auf. Wir schleppten die Koffer bis zum Aufzug und fuhren mit diesem bis ins richtige Stockwerk. Rin schloss die Tür zu seiner Wohnung auf und ich konnte es kaum erwarten endlich etwas Wärme zu spüren, aber ich wurde enttäuscht. 

„In deiner Wohnung ist es ja fast so kalt wie draußen.", schmollte ich und entledigte mich meinen Schuhen, während Rin etwas an einem kleinen weißen Gerät herum tüftelte.
„Ich habe die Heizung ausgeschaltet, damit ich mir Geld spare, aber es sollte gleich wärmer werden."
„Zum Glück. Ich bin fast erfroren."
„Jap, ich auch." 

Meine Jack behielt ich an, damit ich es etwas warm hatte und meinen Koffer stellte ich ins Wohnzimmer. Sofort lief ich zu der riesigen Glasfront, meine Müdigkeit schien wie weggeblasen. Australien sah so schön von hier oben aus, auch wenn man wegen des Sturmes nicht weit sah. 

„Ich bringe dein Gepäck ins Schlafzimmer.", rief Rin und ich folgte der Stimme. 

Als ich Rins Schlafzimmer betrat ließ ich mich gleich auf das Bett fallen und meine Müdigkeit war wieder da und diesmal stärker als je zuvor. Mein Freund setzte sich auf die Bettkante und ich richtete mich ebenfalls wieder auf. Meinen Kopf hatte ich an seine Schulter gelehnt und er hatte seinen Kopf auf meinem abgelegt. So saßen wir eine lange Zeit da, aber wärmer wurde uns trotz der angeschalteten Heizung nicht. Ich begann etwas zu zittern und Rin legte einen Arm um mich, doch nach einiger Zeit begann auch er zu frösteln. 

„Möchtest du ein Bad nehmen? Vielleicht wird dir dann wärmer.", zerbrach die raue Stimme meines Freundes die Stille.
„Aber gibt es denn warmes Wasser, wenn die Heizung nicht funktioniert?"
„Das Wasser wird im Keller für alle Wohnungen erwärmt. Also möchtest du ein Bad nehmen?"
„Klar aber erst nach dir. Immerhin ist dir scheinbar kälter und ich hatte deinen Schal. Du erkältest dich sonst noch."
„Nein. Geh du zuerst. Du bist der Gast."
„Nein, nein. Schon gut. Ich kann warten.", mit einem Lächeln versuchte ich ihn zu überzeugen, dass es mir wirklich nichts ausmachte.
„Wenn es dir nichts ausmacht und du dich bereit dafür fühlst, könnten wir doch zusammen baden. Außer du möchtest nicht, dann kann ich auch später gehen oder ich..."
„Nein schon gut. Ich denke ich fühle mich bereit dazu. Ich weiß, dass ich dir vertrauen kann." 

Vertrauen ist wie ein Glas. Ist es einmal zerbrochen, kann man die Teile zwar zusammen kleben, aber man wird immer sehen, dass das Glas einmal kaputt war.

Rin Matsuoka x OCWo Geschichten leben. Entdecke jetzt