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Die grauen Wände des Amtes schauten mich abschätzig an. Ich hatte meine Geschwister auf dem Schoß und hörte zu, wie mein großer Bruder mit dem Beamten verhandelte.

Ich war hier.

Schon wieder.

„Gibt es denn keine Möglichkeit?", fragte Eli verzweifelt, „Wirklich nichts...?"

„Nein.", raunzte der Beamte ihn an. Er musste nicht viel älter als mein Bruder sein.

„Bitte..", versuchte Eli es erneut, als der Beamte ihn anbrüllte:

„Nein. Zum Flennen kannst du woanders gehen du dreckige Sieben! Dein Schwesterchen wird eine gute Hure abgeben und die Kinder werden in eines dieser Kinderheime gesteckt werden. Dort werden sie es besser haben, als in deiner Räuberhöhle."

Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Ich hasste es wenn jemand meinen Bruder so beleidigte. Und das war keine Seltenheit. Siebener waren Ausgesetzte. Sie wurden ausgegrenzt, waren nur Kriminelle und bedeuteten nichts Gutes.

Und Eli nahm es immer hin, senkte den Kopf und verstummte. Wie jetzt auch.

„Bitte,", fuhr Eli mit leiser Stimme fort, „können Sie..."

Ich hörte einen dumpfen Schlag und Elis erschrockenes Keuchen. Vi schrie auf und Ben klammerte sich ängstlich an mich.

Der Beamte hatte ihm ins Gesicht geschlagen. Blut lief aus seiner Nase.

„Sei froh, dass wir euch nicht an die Achter verfüttern. Und jetzt geh!"

Ich hielt es nicht mehr aus. Ich schubste die Zwillinge von mir weg und rannte in das Zimmer.

„Wie können Sie es wagen?!", brüllte ich, „Wie können Sie es wagen so mit meinen Bruder zu sprechen, Sie mieses Arschloch?!"

Der Beamte sah mich amüsiert an. „Na sieh mal an das Mäuschen kann sprechen."

„Sie haben kein Recht uns so zu behandeln!", kreischte ich.

„Rain...", flehte Eli, doch ich beachtete ihn nicht.

„Sie haben kein Recht. GAR KEINS!"

Der Blick des Beamten versteinerte sich. Er nahm mein Gesicht in eine Hand und drückte zu. Ich versuchte mich aus seinem Griff zu befreien, doch er war zu stark.

„So, Kleine, ich werde dir jetzt etwas sagen."

Er zwang mich, in seine Augen zu sehen.

„Danach wirst du ein wenig Respekt vor mir haben."

Ich dachte nicht nach, was ich tat.

Ich holte tief Luft und spuckte ihm ins Gesicht.

◇✵◇

Einen Moment war es totenstill.

Dann wischte er sich den Speichel aus dem Gesicht und hob die Hand.

„Gut Kleine, du hast es ja nicht anders gewollt."

Als er zuschlagen wollte, hörte ich eine gelangweilte Stimme hinter mir.

„Warten Sie Richford, ich denke das wird bei der nichts bringen."

Bei den Worten fuhr Richford herum. Cohen.

„Ich werde mich um die kleine... Lady hier kümmern, gehen Sie an die Arbeit. Sie wird noch verstehen, was sie falsch gemacht hat."

Cohen blickte mich mit dem kalten Blick an. Ich holte tief Luft, doch er schüttelte den Kopf.

„Überlassen Sie sie mir. Gehen Sie zurück an die Arbeit. Es gibt dort noch ein paar weitere Köter, die von uns Mitleidsbekundungen erhalten wollen. „

Richford zögerte. Dann sagte er: „Natürlich, Sir. Selbstverständlich, Sir. Wird sofort gemacht."

Mein Bruder hatte noch nie gewusst, dass ich für die Nordrebellen arbeitete und somit kannte er Cohen auch nicht. Er wusste nur, dass ich mit Georgia befreundet war.

Cohen packte mich und stieß mich nach vorne.

„Bitte...", hörte ich Eli sagen.

„Halt den Mund, sonst stopf ich dir deine Fresse.", fauchte Cohen. Eli verstummte.

„Komm!", brüllte er dann und Eli zuckte zusammen.

„Nicht so lahm!", schrie Cohen, „Setz deinen fetten Arsch in Bewegung und RAUS HIER!"

Eli setzte sich in Bewegung, während Cohen mich mit sich zerrte.

Als wir an Vi und Benjamin vorbeikamen, knurrte er gereizt und sagte:"Nimm die Schreihälse mit."

Vi und Benjamin waren so starr vor Angst, dass sie sich nicht bewegen konnten.

„Kommt mit.", wisperte ich. Sie setzten sich in Bewegung.

„KLAPPE HALTEN."

Ich weiß nicht, wohin Cohen uns führte und bekam es auch kaum mit. Die ganze Zeit hielt er mich am Nacken gepackt und schleifte mich mit sich.

Erst als wir draußen waren, nahm ich wieder meine Umgebung wahr.

Cohen ließ mich unwillkürlich los. Wir waren hinter dem Gebäude. Ein paar Meter weiter, stand ein altes Auto und Cohen flüsterte: „Schnell rein."

Kurz bevor ich einstieg, hörte ich ihn flüstern: „Ist das die Bedienung?"

Ich nickte unmerklich und stieg ein, hob die Kleinen rein und presste sie an mich.

Eli stieg wortlos ein. Ich sah, wie er am ganzen Körper zitterte.

Kaum hatte er die Tür hinter sich zugezogen, brauste Cohen los.

Nach einer Weile, nachdem wir schweigend gefahren waren, sagte Cohen:

„Tut mir leid, dass ich so grob zu euch war, aber ich musste dem Schein waren."

Eli erstarrte und sah in ungläubig an.

Er warf einen Blick nach hinten und sagte: „Ihr seid jetzt in Sicherheit. Ich werde euch jetzt zu einem Haus fahren. Offiziell seit ihr im Kinderheim. Ich werde euch einen Schul- und Arbeitsplatz beschaffen. Kein Wort weiter, verstanden?"

Eli gab einen erstickten Laut von sich.

„Ihr seid in Sicherheit, okay, versucht euch zu entspannen."

Vi zitterte in meinem Armen und Ben hatte sein Gesicht in meiner Jacke verborgen. Eli sagte nichts. Er war wie versteinert.

Cohen sah wieder nach hinten und schenkte mir einen fragenden Blick.

Weiß jemand davon?

Ich schüttelte den Kopf.

Er warf einen Blick auf Eli und legte den Finger auf die Lippen.

Ich nickte.

◇✵◇

A Selection Story: Die Rebellin /  #Wattys2016Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz