48.

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Rain

Die Bettdecke umhüllte mich wie ein Schutzmantel – warm, sicher und geborgen. Ich hatte gebeten alleine zu sein und auch meine Zofen widersprachen nicht.

Als Céline mich ängstlich ansah, strich ich ihr noch einmal beruhigend über den Rücken, bevor ich alle entließ.

Nachdem ich Trish ins Bett geschickt hatte, stellte ich fest, dass mir praktisch nichts anderes übrig blieb, als dasselbe zu tun.

Die anderen Erwählten wurden teilweise herausgetragen und ich konnte es keinem verübeln.

Dicht eingehüllt in die Wärme lag ich schon seit mindestens zwei Stunden hier. Der Regen prasselte höchst dramatisch – passend zur Situation - auf das Dach. Ich spürte ein paar Tropfen auf meinem Rücken, weil ich das Buntglasfenster einen Spalt breit aufgemacht hatte und ein kalter Schwall Luft wehte unablässig herein.

Ich tat einen tiefen Atemzug und zwang meinen Körper sich im Bett umzudrehen und mich in eine bequeme Position zu legen.

Seufzend knallte ich ein paar Mal mit der Faust auf mein Kissen und warf mich mit einem Schwung wieder in die Federn.

Es war echt zum verrückt werden.

Ein riesiger Medienboom wird auf uns zukommen und ich merkte wie meine Motivation wirklich sank.

Ich vermutete, dass trotz der jetzigen Situation keiner das Casting verlassen würde. Wir waren inzwischen schon so wenige, dass der Hof es nicht zulassen würde, weitere Leute zu verlieren.

Und das Schlimmste war, dass ich es als Alltag ansah.

Täglich wurden Menschen ausgepeitscht – ich hatte ja selbst einen ziemlich heftigen Hieb vom Messer eines Aufsehers bekommen, bevor ich abhaue konnte.

Aber für Leute wie Trish war es eine andere Welt.

Und da war sie wieder: Die Mauer zwischen mir und den anderen. Manchmal schaffte ich es sie einzureißen – das aber nur selten und es stellte sich die Frage, ob ich sie überhaupt einreißen durfte.

Ich war mir echt unsicher – und dagegen konnte ich nun mal nichts tun.

Mit einem Schwung setzte ich mich auf – genau zeitgleich mit dem Klingeln des Telefons.

Schon eine Sekunde vorher wusste ich wer es war.

„Hallo Rain."

„Wann kann ich Sie sehen, Sparky?", begann ich ohne Umschweife.

Ein Seufzen. „Schau? So unähnlich sind wir uns noch nicht einmal – genau das wollte ich dich gerade fragen."

Als ich keine Antwort gab, hörte ich ein Schnauben. „Na dann."

„Könnten sie vielleicht eine andere Stimme machen – diesmal klingt sie noch tiefer als letztes Mal."

„In drei Stunden. Bei dir im Zimmer – sorg dafür, dass du keinen Besuch hast – auch nicht deine beste Freundin – das geht nur dich und mich was an, verstanden?"

Missmutig schnaubte ich.

„Was Sie nicht sagen, Sparky."

Meine Aufregung wuchs mit jeder Minute.

Unruhig stierte ich in meinem Zimmer herum und betete, dass Gott meine verfluchte, dumme, einfältige, leichtsinnige, nichtimpulskontrollfähige Seele noch in den Himmel schaffen würde.

Ein Baum war leichter zu fällen, als wieder aufzuziehen.

Wieso war eigentlich die ganze Welt nach diesem dummen Prinzip aufgebaut? Alles musste man selber machen.

A Selection Story: Die Rebellin /  #Wattys2016Where stories live. Discover now