40.

6.8K 341 28
                                    

40.


Jem


Ich wollte es gar nicht wissen.

Das Ganze war so seltsam.

Als Ian später in mein Zimmer kam, drehte ich mich nicht zu ihm um.

„Ich will es nicht wissen, Ian."

Ich hörte ein abruptes Ausatmen.

„Ja.", sagte ich. „Ich will es nicht wissen. Wieso auch? Die ganze Welt verarscht dich. Du kannst keinem mehr trauen - wieso auch?"

Ich ließ die Faust auf meinen Tisch sausen.

„Lass mich raten, dass kannst du mir nicht sagen! Ist schon klar. Ich schaff es auch alleine. Aber ein wenig ins Nachdenken komme ich schon. Sie ist deine Cousine. Sie wusste nicht, dass du hier bist. Sie ist wahnsinnig schreckhaft. Dann fällt mir auf, dass ich eigentlich nichts über sie weiß, mich ihrer Anziehungskraft nicht widerstehen. Wo genau in New Columbia wohnt sie eigentlich? Was ist mit ihren Eltern? Wann hat sie Geburtstag - dafür weiß ich lauter Dinge über sie, die unglaublich sind."

Ich knöpfte meine zu enge Uniform auf und schmiss sie auf das Bett. Mit dem weißen Hemd war es nicht mehr so heiß.

„Und weißt du was das Schlimmste ist, Ian? Ich weiß mehr über sie als über dich. Wie sagte ich so schön? Ich weiß drei Dinge über dich: Ich dachte ich kenne dich. Du bist einundzwanzig Jahre alt. Du bist mein Leibwächter."

Ich ging zu dem Fenster und riss es auf. Eine eiskalte Brise und ein paar Regentropfen wehte hinein.

„Aber ich traue dir, Ian. Du willst mir nichts tun - " Mein Atem entweichte mir explosionsartig.

„Aber was soll ich tun? Diese Frage muss ich mir alleine stellen - und mir wird jetzt erst klar..."

„Was?", fragte er heiser.

Ich drehte mich um. „Das ich mit dieser Frage allein bin." Es wirkte, als hätte ich ihn geschlagen. Sein Gesichtsausdruck wurde verschlossen.

„Ich hasse es. Mir bei diesem Casting eine Frau aussuchen zu müssen. Aber glaubst du - ob ich bei Rain eine Chance hätte? Ich glaube es wäre ein großer Fehler, sie jetzt nach Hause zu schicken. Weißt du...dafür sind wir uns schon zu nah gekommen - es liegt in meiner Hand. Diese ganzen Schicksale. Rains Schicksal. Und sie weiß das. Aber du kennst sie hätte ich eine Chance...?"

„Ja." Ich zuckte zusammen. Ians Stimme schnitt durch den stillen Raum wie ein scharfes Messer.

Ja.

Meine Schultern sackten herunter.

„Bitte geh.", sagte ich.

Dann blickte ich auf den kleinen Schrank neben dem Tisch. Ich riss die Tür auf und holte eine kleine Tube hinaus.

„Da. Für sie." Ich warf sie Ian zu. „Und jetzt raus. Das ist ein Befehl."

Ich hörte nur noch, wie die Tür zuschlug.

Dann hatte ich die ersehnte, aber doch verhasste Ruhe der Einsamkeit.


◇✵◇


Trish


Sie waren einfach nur noch widerlich. Wie sie sich anzogen, vor der Öffentlichkeit heuchelten, wie toll sie eigentlich wären. Oder ihre dramatischen Geschichte an die Klatschpresse verkauften.

A Selection Story: Die Rebellin /  #Wattys2016Where stories live. Discover now