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Rain

Der Platz war brechend voll. Man hatte mich und meine Familie zum Rathhausplatz gebracht, wo ich meine Familie verabschieden sollte.

Die Masse jubelte, der Platz war voll und alles war großartig. So schien es jedenfalls. Jedoch wusste ich genau, dass die meisten Menschen aus den höheren Kasten tierisch eifersüchtig waren.

Eine Sieben als Erwählte? Das war so als wollte ein Hund eine Menschenfrau heiraten.

Sieben waren bei den Kasten eins bis vier Abschaum. Und daran würde sich nichts ändern, egal in welches Kleid sie mich steckten.

Die bescheuerte Krokusblüte verdeckte ein wenig mein Blickfeld, worüber ich fast erleichtert war, um nicht die bösen Blicke von Leyla und Veronika, zwei Dreier Mädchen, etragen zu müssen.

Bis zu dem Casting war ich Luft für sie gewesen – und ich war froh darüber, allerdings schien ich auf einmal DIE Erzfeindin für sie geworden zu sein.

Der Bürgermeister begrüßte die „reizende“ Rain Day, „liebste“ Tochter von Jéla und so weiter und so weiter.

Während der nächste Sprecher ans Mikrofon ging, setzte ich mein schüchternstes Lächeln auf und ließ meine Gedanken schweifen.

Wieso ich das tat? Ja, ich hätte ablehnen können. Cohen hätte mich nicht aus dem Haus rausgeschmissen.

Aber ich tat es für Vi und Ben.

Zwar hatten wir jetzt ein besseres Haus, jedoch würde immer der Titel „Sieben“, an uns haften. Das war erschwerend bei der Jobsuche oder bei anderen Kleinigkeiten.

Man wurde sofort als Krimineller abgestempelt.

Mit dem gesparten Geld, dass ich von dem Königshaus als Entschädigung bekam, würde ich schon nach einem Monat den Zwillingen den Zugang in eine höhere Kaste erkaufen können, vielleicht sogar in fünf, wenn ich Glück hatte.

"Viel Glück, Miss Day. Meine Damen und Herren, bitte verabschieden Sie mit mir: Rain Day!“

Höflicher Applaus. Ich stürzte beinahe von der Bühne runter.

Eli lächelte als ich ihn zum Abschied umarmte, Vi heulte und quietschte mir ins Ohr, dass ich ihr so schnell wie möglich Briefe schreiben sollte und Ben ließ sich verlegen von mir drücken

Dann wurde ich in ein Auto gesetzt und war auf dem Weg zum Flughafen.

◇✵◇

Die Dame, die mich begleitete, redete irgendetwas auf mich ein, ich jedoch setzte einen schüchternden Blick auf.

Es war immer besser, wenn die Leute dich für klein und süß halten.

Das war schon immer meine Überlebensstrategie gewesen.

Jetzt würde es auch nicht viel anders sein.

Am Flughafen angekommen, wartete ich alleine auf den Flieger. Es kam kein anderes Mädchen aus Columbia, und ich war ziemlich dankbar dafür.

Auf dem Flug schaute ich die meiste Zeit aus dem Fenster, irgendwann muss ich eingeschlafen sein. Ich wachte auf, weil mich eine Frau sanft aus dem Schlaf rüttelte.

,, ...angekommen. Sie werden jetzt zum Palast gefahren.“

Ich nickte, stand auf und folgte ihr.

Wenig später waren wir in der Flughafenhalle, wo ich auch ein paar von den anderen Mädchen treffen sollte.

Auf dem Klo, richtete ich meine Haare und setzte einen zurückhaltenden Gesichtausdruck auf.

Ich tat so, als ob ich vor Anspannung meine Handtasche umklammerte und trat mit einem letzten tiefen Luftholen der Konkurrenz entgegen.

A Selection Story: Die Rebellin /  #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt