77 Seefahrt Deluxe

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Derek liebte seine Reiche-Leute-Spielsachen, seine Autos, seinen Jet und natürlich auch seine Yacht. Und Stiles liebte IHN dafür, dass er sich wie ein kleiner Junge darüber freute, seinem Ehemann seine Spielzeuge stolz vorzuführen.

Mit gut fünfzig Metern Länge lag Dereks Schiff gut hundert Meter unter der Größe der echten Giganten auf dem Markt, wie all diese Scheichs und russischen Oligarchen sie besaßen, war dem Milliardär sehr wichtig zu betonen, denn offenbar wollte er von Stiles nicht für einen Snob, sondern eher für bescheiden gehalten werden, wie dieser amüsiert schlussfolgert. Für Stiles jedoch war die „Cora" immer noch unvorstellbar groß und er durfte nicht allzu genau darüber nachdenken, welche Verschwendung und ökologische Schweinerei es darstellte, solch ein Gefährt bloß für sie beide, nebst Bordcrew zu betreiben.

Jedoch kam ihm in diesem Augenblick eine Idee, welche er seinem Ehemann, quasi als Wiedergutmachung, in einem günstigen Moment unterbreiten würde, sobald sie wieder zuhause wären. Dann würde er ihn nämlich fragen, ob er seine Yacht den Straßenkindern und den Pädagogen, die sie unterstützten, für einen kleinen „Urlaub von der Straße" zur Verfügung stellen würde. So eine Auszeit und etwas Abstand würde den Kids sicherlich guttun und einigen von ihnen vielleicht sogar den Ausstieg aus diesem Leben erleichtern. Gut, hinterher wären wohl einige kleine Sanierungsarbeiten fällig, wenn sich hier eine Horde verwilderter Halbwüchsiger amüsiert hatte, aber was bedeutete das schon, im Hinblick auf den guten Zweck, welchem das Ganze diente?

Ob Derek sein Prachtstück dafür wohl zeitweise hergeben würde? Vielleicht wenn Stiles ihn ganz lieb bitten würde, inklusive süßem Augenaufschlag? Konnte er da wirklich Nein sagen? Und es wäre doch ganz einfach perfekt. An Bord befanden sich immerhin unzählige Kajüten, die endlich mal genutzt werden würden.

Stiles fragte sich ohnehin ernsthaft, was der Sinn von so viel Platz sein mochte, denn kein Mensch hatte schließlich so viele Freunde und Bekannte. Dann wurde ihm klar, dass Derek dieses Schiff vermutlich in erster Linie zu repräsentativen Zwecken nutzte, also Geschäftspartner und deren Familien einlud, um diese so zum Beispiel für neue Projekte und Investitionen zu gewinnen. So machten es reiche Geschäftsleute doch wohl, richtig? Das erklärte auch das Vorhandensein eines Ball- und Speisesaals, mit Platz für mindestens dreißig Personen. Es gab einen Fitnessraum, eine kleine Bibliothek und der Gipfel der Dekadenz war wohl der Pool auf dem Oberdeck. Wie kamen Menschen bloß auf die Idee, eine große Menge Wasser auf dem Wasser hin und her zu kutschieren? War das nicht vollkommen absurd?

Doch weil Derek sich so sehr über all dies freute, vermutlich auch weil er es endlich einmal mit jemandem teilen konnte den er liebte, enthielt sich Stiles jeglichen kritischen Kommentars, sondern zeigte sich stattdessen angemessen beeindruckt.

Als sie die große, bestens ausgestattete Bordkombüse betraten, gab es für Stiles dann ein unverhofftes freudiges Wiedersehen, denn dort trafen sie auf Jean Ribaux, Dereks Privatkoch. Der massige, herzliche Hühne begrüßte den Gatten seines Chefs mit übermütigen Wangenküssen und einer knochenbrecherischen Umarmung:

„So gut dich zu sehen, Mann! Jetzt freue ich mich richtig auf's Abendessen!" versicherte Stiles strahlend und reckte und streckte sich, um sein Skelett nach diesem Empfang wieder ein wenig richten:

„Es tut auch gut zu sehen dich, mon Petit!" versicherte der Kreole leidenschaftlich: „Tes Amis sagen mir, sie vermissen dich. Ich soll grüßen."

Seine Freunde vermissten ihn? Das versetzte Stiles einen kleinen sehnsüchtigen Stich, denn sie fehlten ihm ebenso:

„Danke!" erwiderte er mit einem kleinen Lächeln.

„Willst du eigentlich sehen, wie wir ablegen, Stiles?" unterbrach Derek dass Wiedersehen zwischen seinen Mann und seinem Angestellten.

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