42 Ränkeschmiede

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Derek war als Erster an diesem Morgen wach. Der Plan, den Stiles ihm gestern unterbreitet hatte, hatte ihm einfach keine Ruhe gelassen, so dass er nach einigem Herumwälzen entschieden hatte, er konnte ebenso gut auch aufstehen.

Und weil es ausnahmsweise einmal kein Personal gab, welches dies für ihn erledigen konnte, machte der große Geschäftsmann sich heute selbst daran, sich um das Frühstück zu kümmern. Er fand hierfür gemahlenen Kaffee, Milchpulver, eine Flasche Öl und zwei Kartons einer Pancake-Mischung, für die nichts weiter nötig war, als die Zugabe von Wasser. Sogar Blaubeeren waren mit dabei, wenn auch in gefriergetrockneter Form. Mit diesen Zutaten sollte es doch wohl sogar jemandem wie ihm gelingen, ein annehmbares Frühstück für alle zu zaubern, richtig?

Und später müssten sie dann aber auf jeden Fall ein paar frische Zutaten für die kommenden Tage einkaufen gehen.

Er hatte gerade herausgefunden, an welcher Stelle er das Wasser in die Kaffeemaschine einfüllen musste, als er Schritte hinter sich vernahm:

„Morgen Cousin!" rief Malia fröhlich.

Derek wendete sich zu ihr um. Ein freches Grinsen umspielte ihre Lippen, wodurch sie ihrem Vater mit einem Mal in frappierender Weise ähnelte, obschon sie äußerlich ansonsten ganz offensichtlich kaum nach ihm kam:

„Seltsam! Ich hätte gewettet, du wärst Top, aber so ist das wohl mit euch mächtigen Jungs, was? Im Bett spielt ihr lieber die Pillow-Queen, lehnt euch zurück und lasst es euch besorgen! Ich nehme an, ihr braucht das für den Ausgleich, richtig?"

„Huh?" machte Derek überrumpelt. Schlagartig brannten seine Wangen und Ohrläppchen heiß und er hätte um ein Haar das Kaffeepulver fallen lassen.

Sein erster Impuls war es zu versichern, dass dies selbstverständlich nicht die Regel zwischen Stiles und ihm war, sondern bloß ein kleines, heilsames Experiment, doch welchen Grund hatte er denn bitteschön, sich hier zu rechtfertigen? Und so folgte er Gott sei dank dem zweiten Impuls und fragte mit einem herausfordernden kleinen Grinsen:

„War es so langweilig bei Lydia und dir im Schlafzimmer, dass du ein Ohr an die Wand drücken und lauschen musstest?"

Malia sah zunächst überrascht aus, grinste dann jedoch lediglich noch ein wenig breiter und versicherte:

„Mach' dir um uns bloß keine Sorgen! Wir können uns schon beschäftigen. Ihr Zwei wart lediglich nicht zu überhören, als hätte sich da einiges entladen, oder so? Das ist alles."

Irgendwie traf Malias Beschreibung sogar ganz gut, was sich gestern zwischen Stiles und ihm abgespielt hatte, stellte Derek innerlich fest. Er hatte vielleicht nicht vor, daraus eine Dauereinrichtung zu machen, aber ihr kleines Experiment hatte Derek genau die Erfahrung von Sicherheit und Vertrauen eingebracht, auf die er gehofft hatte und es hatte überdies böse Geister vertreiben können.

Dies alles würde er natürlich nicht Malia erzählen, weil es sie nämlich überhaupt nichts anging, aber es war gut, es sich selbst klar zu machen. Vor seiner Cousine tat er es lediglich mit einem Schulterzucken und einem schiefen Grinsen ab und sie begannen gemeinsam damit, den Tisch zu decken.

Nach und nach kamen auch die Anderen verschlafen, aber zufrieden an den Frühstückstisch getapst. Wie Derek prognostiziert hatte, war es niemandem peinlich, dass sie einander in der vergangenen Nacht allesamt beim Sex gehört hatten, denn die Paare waren für solche Kindereien viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Die Liebe war beinahe wie ein erfreuliches ansteckendes Virus über sie alle gekommen und DAS war es, was zählte.

Besonders reizend anzusehen war das neue Paar in ihrer Mitte. Danny und Isaac schienen auf den ersten Blick gar nicht recht zu einander zu passen, fand Stiles, welcher sie aus dem Augenwinkel heimlich beobachtete. Und dennoch schien es so logisch, dass der gutmütige Danny, der Inbegriff eines netten Typen sich eines Kerl wie Isaac annahm, welcher hinter der toughen Fassade so offensichtlich verletzt, traurig und misstrauisch war. Danny hatte Isaac gerettet, als all die anderen Jungs ihn hatten tot sehen wollen. Sie hatten seither viel Zeit miteinander verbracht, waren einander näher gekommen und mit der Distanz, die sie mittlerweile zur Straße hatten, erholten sie sich auch nach und nach von den Verwundungen, welche die Straßenprostitution in die Psyche eines jungen Menschen schlagen konnte.

SchlaflosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt