47 Der Stiles-Faktor

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Stiles langweilte sich. Und noch schlimmer, er fühlte sich nutzlos!

Er wusste, dass Derek da draußen war und für ihn den bösen Drachen bekämpfte, während er selbst wie das kleine Burgfräulein in Nöten in seinem Turmzimmer hockte, bis sein Retter endlich anrückte und ihm sagte, dass die Gefahr gebannt sei.

Das Problem dabei war, dass Stiles nicht dazu geschaffen war, sich das Spiel von der Seitenlinie aus anzuschauen. Das hatte er schon damals kaum ertragen, als er in der Schule noch Lacrosse gespielt hatte.

Leider hatte er diese, ihm eigene Charaktereigenschaft irgendwie nicht mit einkalkuliert, als er und Derek gemeinsam den Plan ausgearbeitet hatten. Stiles war nicht bloß ein Pläneschmieder, nein, er war auch ein In-der-ersten-Reihe-Kämpfer, doch nun konnte er gerade nichts anderes tun als zu warten.

In den ersten drei Tagen hatte er auf seinem Bett gelegen und nichts weiter getan als zu fressen, zu kiffen, fernzusehen und zu wichsen, bis er vollkommen wund war und am Ende war er von selbst angewidert. Ab da versuchte er alles, um sich irgendwie abzulenken, besuchte Vorlesungen an der Uni, machte ausgedehnte Spaziergänge und machte sich bisweilen auch einen Spaß daraus, zu versuchen, seinen beiden Bodyguards auszubüxen, die unauffällig ständig um ihn herum waren.

Doch dann ging das mit den Zeitungsberichten los und mit Stiles Seelenfrieden war es endgültig vorbei.

Er wusste, er musste auch selbst etwas tun, um der Sache ein schnelles Ende zu bereiten, wenn er nicht verrückt werden wollte und er wusste auch, wo er anfangen musste, also rief er bei Chris Argent an. Er verabredete sich mit diesem für diesen Nachmittag in einer kleinen Bar am Stadtrand. Es war vielleicht ein bisschen paranoid, aber er wollte unter allen Umständen vermeiden, dass irgendwer sie beide zusammen sähe und am Ende Kate noch Wind von diesem Treffen bekam. Rational war Stiles vollkommen klar, wie unwahrscheinlich es in einer Großstadt wie L.A. wäre, sich einfach mal eben zufällig in die Arme zu laufen, aber dennoch.

Auch wenn es ein wenig dekadent sein mochte, hatte Stiles ein Taxi zum Zielort genommen, weil er sich damit sicherer fühlte. Er hatte gerade einen Tisch ausgewählt und sich daran niedergelassen, als auch schon Chris eintrat.

In dieser Spelunke setzte man sich kühn über das, in ganz Kalifornien geltende Rauchverbot hinweg, und die wenigen anwesenden Gäste; allesamt traurige, einsame, alte Trinker die, jeder für sich allein an der Bar hockten, hüllten den, ohnehin schon düsteren Raum in eine Wolke aus hellblauem Rauch. Die Einrichtung war alt und verschossen: Sperrholz, vergilbter, ausgeblichener, ehemals roter Pannesamt als Vorhangstoff vor den trüben Fensterscheiben, die Sitzgelegenheiten alle mit dem gleichen, sperrigen Plastik bezogen, in der Farbe von Babydurchfall:

„Nett hier." kommentierte Argent spöttisch und ließ sich nieder: „Der Tisch sieht aus, als wolle er mich mit Genitalherpes infizieren."

„Dann lässt du wohl besser die Hose zu, was Argent?." erwiderte Stiles mit einem kecken Grinsen: „Tut mir leid. Ich wollte einfach sicher gehen, dass uns niemand sieht."

Chris gab ein kurzes Lachen von sich:

„Ja, ich schätze, dann sind wir hier richtig. Niemand, den ich kenne würde sich jemals hierher verirren."

„Echt? Also ich find's nett hier. Es könnte meine neue Stammkneipe werden." behauptete Stiles mit einem Schmunzeln.

„Ein Mann mit Geschmack." gab Chris ein wenig angewidert zurück und wollte dann wissen: „Was kann ich denn nun eigentlich für dich tun, Stiles?"

Stiles tat sich schwer damit, sein Anliegen direkt vorzutragen. Er fragte sich immer noch, wie es für Chris als Kates Bruder sein musste, dass Derek und er versuchten, sie als gefährliche Verbrecherin zu überführen. Da musste es doch so etwas wie familiäre Loyalität geben, oder nicht? Ihm wurde klar das großes Drumherumreden nichts bringen würde und so fragte er den Älteren dies ganz direkt.

SchlaflosWhere stories live. Discover now