25 Die Sache mit dem Vertrauen

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Kaum saß Derek an diesem Freitagmorgen in seinem Büro, war ihm auch schon Deucalion dort hin gefolgt, nahm auf der Kante seines Schreibtischs Platz und nahm ihn ernst ins Visier:

„Willst du eigentlich irgendetwas Bestimmtes von mir?" fragte Derek gereizt, der einiges zu tun hatte und dem es überhaupt nicht passte, derart angeglotzt zu werden.

„Sag' mal, was hast du eigentlich mit Kate gemacht? Sie war gestern bei uns und sie war vollkommen außer sich! Was ist da zwischen euch vorgefallen?" wollte sein Freund und Mitarbeiter wissen.

Dereks Gesicht verfinsterte sich auf der Stelle:

„Darüber will ich nun wirklich nicht sprechen. Lass' mich in Ruhe, Deuc!"

„Verdammt Derek, wir WERDEN jetzt aber darüber sprechen! Das Mädchen hat so furchtbar geweint, aber sie wollte ebenfalls nicht mit den Details herausrücken. Sie sagte bloß, du hättest ihr unfassbare, schreckliche Dinge vorgeworfen und dass wohl dein neuer Freund dahinterstecken würde. Er hätte dich vollkommen gegen sie aufgewiegelt. Was hast du denn bloß zu ihr gesagt? Nun sag' schon, Junge! Was ist da los, zum Teufel?" schimpfte Deucalion.

Derek war in seinem Stuhl immer kleiner geworden. Irgendwie war ihm, als würde sein gesamtes Blut sich zu einem Ball im Zentrum seines Körpers zusammenziehen. Seine Arme und Beine fühlten sich kalt an, in seinen Ohren rauschte es und alles um ihn herum fühlte sich dumpf und unwirklich an. Er sprang aus seinem Stuhl auf und brüllte:

„Lass' Stiles da raus, verstanden? Er tut nichts dergleichen. Du hast doch überhaupt keine Ahnung, was vor sich geht. Verschwinde, Deuc! Lass' mich in Frieden!"

Doch dann war es Derek selbst, der ging. Er flüchtete sich in den Waschraum, der an sein Büro anschloss, verschloss die Tür hinter sich und rutschte, an die kühlen Kacheln gelehnt langsam hinab, bis er am Boden saß. Er raufte sich die Haare und massierte mit den Fingern seine Schläfen, um etwas von dem Druck loszuwerden, der momentan in seinem Kopf herrschte.

Deucalion klopfte, doch Derek knurrte ein letztes Mal verzweifelt:

„Hau ab, sonst lasse ich dich vom Sicherheitspersonal entfernen!"

Und so verschwand sein Freund schließlich.

Derek hatte keine Ahnung, was er nun tun sollte. Er war verwirrt und fühlte sich in die Ecke gedrängt, also blieb er zunächst einfach eine Weile hier sitzen, weil es ihn ein wenig beruhigte sich hinter einer verschlossenen Tür zu verbergen und die kühlende Wand im Rücken zu spüren, die ihm Halt gab.

Kate hatte geweint?

Derek wusste mit einem Mal überhaupt nicht mehr, was Wahrheit war und was Lüge. Er fühlte sich wieder wie der siebzehnjährige Junge, der er einst gewesen war, als Kate und er begonnen hatten miteinander auszugehen und sie, die Ältere, stets den Ton angegeben und bestimmt hatte, was sie taten. Sie schien immer alles so gut im Griff zu haben.

Alles, sogar ihn selbst!

Zuerst hatte ihn das nicht gestört. Im Gegenteil, es hatte ihm sogar gegen seine jugendliche Unsicherheit geholfen. Doch dann wurde er älter und auch ein wenig erwachsener und hatte dann gelegentlich versucht gegen sie aufzubegehren, doch es war merkwürdig gewesen: Irgendwie hatte Kate es jedes Mal geschafft, seinen Widerstand zu brechen und er selbst hatte nie durchschaut, wie sie das eigentlich machte? Sie hatten nicht gestritten und Kate war in keiner Weise gewaltsam gegen ihn vorgegangen wäre, aber dennoch hatte sie am Ende immer ihren Willen bekommen und Derek war jedes Mal überrumpelt und vollkommen verwirrt gewesen.

Derek war aber auch ärgerlich gewesen, doch wusste er am Ende nie, gegen wen sich dieser Ärger nun eigentlich richtete. Da schien nie etwas zu sein, was man Kate wirklich vorwerfen konnte und vermutlich war er irgendwie selbst an allem schuld. Selbst wenn sie ihn wieder einmal betrog, war es doch irgendwie er selbst, den er dafür verantwortlich machte.

SchlaflosWhere stories live. Discover now