Aus Marcs Perspektive

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Die Schicht morgens geht schon gut los. Es bleibt gerade mal Zeit kurz in etwas Essbares zu beißen und einen Schluck Kaffee zu trinken. Immer wieder schaue ich trotzdem aufs Handy. Samira hat sich brav morgens, und etwas spät aber immerhin, auch Mittags gemeldet. Braves Mädchen. Ich überlege, ob ich ihr heute Sbend noch einen Besuch abstatten soll. Mal sehen. Das Gespräch mit Larissa geht mir immer wieder im Kopf herum. Irgendwas ist da faul. Nach der Schicht dusche ich noch kurz in der Wache und steige dann auf meine Maschine. Der anstrengende Tag verfliegt mit dem Fahrtwind und ich freue mich auf meine Kleine. Glücklicherweise ist die WG nicht allzu weit weg von der Rettungszentrale. Ich steige ab und klingle an der Türe. Mir wird aufgedrückt und ich gehe nach oben. Larissa steht an der Türe. Ihre Haare sind feucht, sie wirkt als hätte sie frisch geduscht.

 „Was machst du denn hier?", fragend und genervt schaut sie mich an.

 „Na komm du könntest dir langsam auch bessere Begrüßungen ausdenken." Sie zieht nur die Augenbrauen nach oben. 

„Dann hat sie dir nicht Bescheid gegeben?", sagt sie nun ziemlich süffisant. Ich spüre deutlich, dass sie es genießt einen Wissensvorsprung zu haben.

 „Bescheid worüber, Larissa?", ein ungutes Gefühl im Bauch braut sich bei mir zusammen. Ich möchte sie am liebsten schütteln, um schneller an die Infos zu kommen, die ich brauche.

„Na das sie in ihre Wohnung möchte. Aber anscheinend wollte sie ja nicht, dass du sie Information bekommst." Ihr Grinsen ist an Frechheit nicht zu überbieten. Sie lehnt sich gegen den Türrahmen und scheint sehr zufrieden mit sich. Wie eine Katze,die etwas viel Sahne geleckt hat. Ich balle die Fäuste und atme tief durch.

 „Sie ist alleine?", frage ich gespielt ruhig.

 „Ja ist sie. Eigentlich voll gut, dass du da bist. Dann muss ich nicht mehr los und ihr ihre Sachen bringen." Sie deutet auf die Reisetasche neben der Türe. Sie grinst mich an, das Lächeln erreicht aber ihre Augen nicht.

 „Nein, nichts ist gut. Was, wenn sie irgendwo liegt?", sage ich laut. 

„Tut sie schon nicht Sammy ist hart im Nehmen!", gibt Larissa nonchalant zurück.

 „Aber du kannst natürlich gerne fahren und sie retten gehen!", sagt sie nun und scheint im nächsten Moment etwas geschockt darüber zu sein, was sie gesagt hat. Zumindest spricht ihre Gesichtsentgleisung Bände. Ich kann nicht anders und muss lachen. Nach einem kurzen Schockmoment steigt sie ein. Wenn sie lacht, sieht sie direkt hübsch aus.

 „Zumindest an dir wird sich jeder Retter die Zähne ausbeißen, nicht wahr?" Larissa hebt und senkt für einen Moment die Schultern und wirkt zumindest kurz verletzlich.

 „Adresse?", frage ich nun knapp. Sie dreht sich zur Seite und reicht mir einen Zettel.

 „Danke!", erwidere ich und schnappe die Reisetasche. 

„Wann ist sie denn losgefahren?"„Nach dem Trai..., also nach der Mittagspause. Sie hat hier noch einen Mittagsschlaf gemacht."

 Ich trete einen Schritt auf Larissa zu und dringe somit in ihren persönlichen Bereich ein. Larissa weicht zurück. Sie scheint nun doch etwas Respekt vor mir zu haben. In ihren Augen sehe ich aber nun keinen Trotz, sondern Angst. Reine Angst. Ich trete einen Schritt zurück.

 „Atmen, Larissa!", sage ich leise. Schließlich löst sich der gefangene Ausdruck in ihren Augen und sie holt Luft. „Danke." Larissa hat sich wieder in sich selbst zurückgezogen. Ihre Augen wirken hart und verloren zugleich. Sie nickt mir zu und schließt nach mir die Türe. Ich bleibe einen Moment stehen, bevor ich die Tasche nehme und nach unten laufe.



Reich mir deine Hand, KleinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt