Aus Larissas Perspektive

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Das Aufstehen heute morgen fällt mir sehr sehr schwer. Wenn für eine Leistungssportlerin auch Semesterferien anders ausfallen als für andere Studenten, sind damit schon auch gewisse Freiheiten verbunden, die jetzt gnadenlos wegfallen. Zusätzlich dröhnt mein Kopf, meine Nase ist verstopft und der Hals kratzt. Schöne Scheiße. Nach der Dusche und den entsprechenden Mittelchen um die erste Hälfte des Tages zu überstehen, bin ich wieder einigermaßen hergestellt. Zusätzlich zum Tablet wandert heute auch noch Nasenspray, Lutschbonbons, Schmerzmittel und Taschentücher in den Rucksack. Direkt nach der Uni ist wieder Training angesagt. Wir hatten heute nur die Einführungsveranstaltung zum neuen Semester. Nachdem ich mit Sammy, der es glücklicherweise wieder gut geht, noch einen Kaffee getrunken habe, radle ich zum Zentrum. Die Arme muss ja heute wieder zu Nathan zur Kontrolle. Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich nur an den Kerl denke. A propos, das steht bei mir übrigens auch mal wieder an. Ich schiebe diesen aufploppenden Gedanken ganz schnell ganz weit weg und schließe mein Fahrrad ab. Meine Kopf brummt wieder leicht und fühlt sich etwas warm an. So beschließe ich heute langsam zu machen und vor dem Training noch eine Tablette zu nehmen. Ich ziehe ein Trainingstrikot und Jogginghose an und gehe dann hinunter in die Halle. Meine Flasche mit warmen Tee und Honig nehme ich mit. Das hilft doch immer noch am besten. Ich sage meiner Trainerin Carola bescheid, dass ich heute leicht angeschlagen bin und geselle mich dann zu den anderen Mädels, die bereits anfangen, sich warmzulaufen. Ich versuche erst gar nicht mitzuhalten, da mir immer wieder durch meine verstopfte Nase die Luft wegbleibt und das dann in einen Hustenreiz endet. Vielleicht hätte ich mich doch lieber ins Bett retten sollen. Lustlos setze ich mich auf den Boden, um mich zu dehnen. Ich gehe, ohne groß nachzudenken, meine Routinen durch und drehe mich in den Spagat. Die Mädels um mich herum fangen an zu flüstern und sich umzudrehen. „Was ist denn los?", fragend schaue ich meine Nachbarin an. „Die Kahler ist da und hat einen heißen Kerl dabei!" Ich verdrehe nur die Augen. Kreisen meine Gedanken doch ohnehin nur um einen, den ich eben nicht haben kann. Ich beuge mich nach vorne in die Vorbeuge und konzentriere mich auf meine Atmung. Wieder spüre ich das Kribbeln im Hals und löse schnell den Sitz auf, um mich zur Seite zu drehen und zu husten. Ich bekomme zum Glück meine Flasche angereicht. Gleich viel besser. Schließlich drehe ich mich auch um und möchte das männliche Prachtexemplar, dass die anderen da so anschmachten doch auch einmal sehen. Mir bleibt nur leider schon wieder die Luft weg. Was, verdammt noch mal, macht Chris hier. Er lächelt mir kurz zu, um dann weiter mit Carola und der Chefin zu sprechen. Ich drehe mich schnell zurück. Das ist jetzt nicht wahr, oder? Ich spüre, wie mir abwechselnd warm- und kalt wird. Es kribbelt in meinem Bauch. Ich muss hier weg. Weg aus seinem Wirkungskreis. „Mädels, wollen wir gleich rüber zur Bahn gehen?" „Nee. Carola wollte heute die Hebefiguren erst mal hier üben." Schöne Scheiße. Ich möchte, dass jetzt genau hier sich ein Loch auftut, in dem ich verschwinden kann.

Reich mir deine Hand, KleinesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt