60. Kapitel

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Laute Rufe ließen mich aufschrecken. Sofort kam mir ein Stöhnen über die Lippen. Ich hatte meine Nase vergessen. Zaghaft klopfte es an meiner Tür. Ein kleiner Spalt wurde geöffnet. Franco schlüpfte herein. Besorgnis lag in seiner Miene. „Oh du bist wach." stellte er fest.
„Hm" brummte ich. Mehr kam nicht hervor. Unaufhörlich stach die Nase. Mittlerweile tat mein ganzes Gesicht weh.
„Ich wollte nur schnell nach dir sehen. Du hast so lange geschlafen." er trat einen Schritt herein und begutachtete mein demoliertes Gesicht. „Der Kerl muss einen verdammt harten Schuss haben." mit langsamen Schritten kam Franco zu mir. „Es war wirklich ein Ball. Ich hab nicht vor mich zu prügeln. Wie manch andere vermuten." verteidigte ich mich. Sofort ging ich in eine Abwehrhaltung meine Muskeln waren bis zum zerreißen gespannt.
„Alles gut Charly. Beruhig dich. Ich war doch da. Keiner macht der dir vorwürfe." beschwichtigt hob Franco seine Hände in die Höhe. Erleichtert atmete ich aus. Zum ersten Mal froh das Franco auf meiner Seite war. Mir Sicherheit gab.
Die Türe wurde erneut geöffnet. Emma steckte ihren Kopf herein. „Papa kannst du mit mir spielen? Mir ist langweilig." jammerte sie. Schwer seufzte ihr Vater auf: „Jetzt nicht. Du kannst auch einmal alleine spielen. Und räum danach bitte wieder auf. Es kann nicht sein, dass deine ganzen Sachen immer auf den Boden liegen." Seine Stimme hatte einen scharfen Unterton. Selten hatte ich ihn so mit seiner Tochter reden hören.
Ohne wieder Worte verließ das Kind mein Zimmer. Franco zuckte mit den Schultern. „Sorry. Sie soll nur endlich mal ein wenig selbstständiger werden. Nächste Woche geht sie wieder zu ihrer Mutter." kaum merklich sackte Franco in sich zusammen. Aufeinmal hatte ich Mitleid mit ihn. Seine Tochter nur alle paar Wochen zusehen, war wahrscheinlich schlimm.
„Du Charly. Ich hab noch immer ein schlechtes Gewissen wegen den Streit damals. Ich hab dir nicht geglaubt. Ich hätte dir nur zuhören müssen." Reue lag in seiner Stimme. Ich wollte ihn aufmuntern. Wollte nicht das ihn ein schlechtes Gewissen plagte. Er unterbrach mich als ich ansetzte zu sprechen: „Ich wollte noch Danke sagen. Danke das du dich immer so aufmerksam um Emma gekümmert hast. Das du immer Zeit mit ihr verbracht hast. Das seh ich nicht das selbstverständlich an." er schluckte bei seinen Worten. Selten hatte ich ihn so ehrlich und verständnisvoll gesehen. Zu oft hatten wir Meinungsverschiedenheiten.
Laute Stimmen ließen uns aufhorchen. Ein heller Knall folgte. Franco strich sich erschöpft über die Stirn. Bevor er aufsprang und mit wilden Flüchen mein Zimmer verließ.
Die Tür war nur angelehnt. Immer wieder drang Papas Stimme zu mir hinauf. Ich setzte mich vorsichtig an die Bettkante. Wartete brav bis mein Kreislauf sich erholte. Stand schließlich auf. Geschwind setzte einen Fuß vor den anderen. Unschlüssig stand ich auf der Treppe. Hielt mich am Geländer fest. In der Hoffnung mir würde es nicht die Füße unter meinen Körper weg ziehen. Immer wieder plagte mich Schwindel inne zu halten.
Im Wohnzimmer bot sich mir ein seltener Anblick. Andrea stand da mit verschränkten Armen. Ihre künstlichen Lippen zu einen Schlitz zusammen gezogen. Ein kaputtes Glas lag am Boden. Die Scherben erstreckten sich über den Laminat Boden. „Ich glaub es ist besser du gehst jetzt." Papas Stimme klang eisig. Die blonde Frau wollte wieder sprechen. Aus Erfahrung wusste ich das es nicht klug war. Papa ließ sie gar nicht zu Wort kommen: „Ich mein es ernst. Dort ist die Tür." mit einem empörten Schnauben nahm sie ihre Jacke und verschwand.
Sofort sanken Papas Schultern nach unten. Er sah um Jahre älter aus. Ich hatte Mitleid mit ihn. Mit schnellen Schritten überbrückte ich die letzte Distanz. Schlang meine Arme fest um ihn und drückt ihn an mich. Meine Nase ignorierte ich. So oft war Papa für mich da, jetzt war ich es für ihn.
Kaum merklich lehnte er sich gegen mich. Ich hörte wie Franco die Scherben zusammen kehrte. Wir standen noch immer regungslos dar.
Mit einen leisen „Sorry" drückte sich mein Vater weg von mir. Auf den Absatz kehrte um und verschwand nach oben. Verwirrt blickte ich ihn hinter her. Unsicher was ich tun sollte. „Lass ihn. Er braucht sicher seine Zeit für sich. Da seid ihr zwei definitiv gleich. Lieber alles mit sich selbst ausmachen." Franco legte vorsichtig einen Arm um mich. Ich war dankbar. Ohne Papas Stütze kam der Schwindl schneller zurück als gewollt. Bestimmt drückte er mich auf die Couch. Dankbar legte ich mich nieder. „Was war los?" fragte ich zögerlich. Wenn auch aus dank, dass die hinterlistige Freundin endlich weg war. Franco erzählte die Geschichte. Nicht selten folgten Beschimpfungen, manche auf italienisch. Ich war mir sicher, das ich diese auch nicht verstehen wollte.
Papa hat von ihrer Aktion in der Klinik mitbekommen. War darüber nur mäßig begeistert. Laut Franco kriselte die Beziehung schon seit ein paar Tagen. Andrea versuchte ihn immer weiter von mir zu entfernen. Ich war kaum fassungslos darüber, ich wusste das sie mich nicht leiden konnte. Beruhte dies doch auf Gegenseitigkeit.
Langsam öffnete ich meine Augen. Ich lag noch immer im Wohnzimmer. Die Sonne schien nicht mehr herein. Gedämpft brannte dafür die Glühbirne an der Decke.
Besteck klirrte hinter mir. Bedacht setzte ich mich auf. Ein Stöhnen kam mir trotzdem über die Lippen. Sofort verstummten die Gespräche. Allein an den Schritten konnte ich erkennen, dass Phil zu mir kam. Mit einen schiefen Lächeln setzte er sich neben mich. „Wie geht es dir?" routiniert nahm er mein Handgelenk, ließ es aber gleich wieder los. Wahrscheinlich war er zufrieden. „Mhm mein Kopf brummt und meine Nase tut ordentlich weh." sofort schloss ich meine Augen wieder. „Ich glaub ich halt das fast nicht aus." stöhnte ich voller leid.
Ich meinte es wirklich so. Pochte doch meine Nase unablässig. „Ich glaubs ja nicht. Du bist richtig wehleidig. Ich hab mir auch schonmal die Nase gebrochen. Es gibt definitiv schlimmere Verletzungen." japste Phil. „Ich hol dir aber mal ein Schmerzmittel." schon stand er auf und verschwand. Wenig später reichte er mir eine Wasserflasche und die Tablette. „Trink die Flasche bitte ganz aus. Du hast heute sicher nicht soviel getrunken." angewidert verzog ich mein Gesicht. Wasser zählte nicht zu meinen Lieblings Getränk. Brav wie ich war trank ich den ganzen halben Liter aus. Ich wollte keinen Stress, den hatten wir hier schon genug.
„Wo ist Papa?" keiner antwortete mir. Alle sahen in eine andere Richtung. Sie taten als hätten sie meine Frage überhört. Mir entging nicht der Blick den sich Phil und Franco zuwarfen. „Ach kommt schon raus mit der Sprache." Ich klang genervt. So fühlte ich mich auch. Ich war kein kleines Kind mehr, sie konnten mir alles sagen.
„Wir wollen dich nicht beunruhigen." setzte Phil an. Fahrig strich er sich durch seine locken. Diese standen noch mehr ab. „Er ist hinaus." „Wann?" wollte ich wissen. „Vor gut 3 Stunden. Du hast so fest geschlafen." gab Stephan zu verstehen. Bis jetzt hatte ich ihn nicht wahrgenommen. Er saß am Tisch und löffelte seinen Eintopf. „Du brauchst dir keine Gedanken zu machen. Er kommt bald wieder." er wirkte nicht gerade so als würde er seinen Worten trauen. Ich wusste das sie sich auch sorgten.
Mein Magen knurrte. Erinnerte mich daran das ich heute kaum etwas gegessen hatte. Phil saß neben mir und checkte sein Handy. Das tat er alle paar Minuten. „Du Phil. Ich hab Hunger, aber nicht auf Eintopf." Phils Augen fingen das leuchten an. „Du hast Hunger?" fragte er mich ungläubig. Kurz nickte ich. Ein strahlen zog sich über sein Gesicht. „Du hast wirklich Hunger." wiederholte er. Danach lachte er. Fuhr sich wieder durch seine locken und stand auf.
Erst danach wurde mir bewusst, was hier vor sich ging. Ich hatte schon lang nicht mehr erwähnt das ich freiwillig was essen wollte. Hatte immer nur nach Aufforderung und bitten gegessen.
Dampfend standen die Nudeln vor mir. Stephan hatte sie mir extra gekocht, mit Tomaten Soße.
Ich aß den ganzen Teller. Danach hielt ich mir überfüllt den Bauch. Die drei Männer grinsten zufrieden vor sich hin.

Die ganze Nacht wälzte ich mich hin und her. Eigentlich wäre ich müde, aber ich bekam kein Auge zu.
Papa war noch immer nicht hier. Ich machte mir sorgen. Hoffte das er keinen Scheiß anstellte.
Mit vorsichtig stand ich auf. Mein Kreislauf war nicht der beste. Verständlich nach diesen Tag. Entschlossen ging ich nach unten.
Die Dunkelheit verschluckte alles. Einzig allein die Straßenlaternen schienen herein. Unnatürliche Schatten zeichneten sich auf den Boden herab. Mich überkam eine Gänsehaut. Die Dunkelheit mochte ich noch nie. Auch das Gefühl allein zu sein.
Ich wollte in die Küche, ein Glas Wasser würde gut tun. Lautes kratzen ließ mich inne halten, irgendjemand versuchte die Tür aufzumachen. Endlich sprang sie auf. Vor Schreck zuckte ich zusammen. Alex trat herein, gefolgt von Papa. Beide redeten leise miteinander. Ich verstand kein Ton. Konnte mich nicht rühren. Die beiden Männer machten das Licht an. Sofort rissen sie die Augen auf. Vermutlich vor Schreck.
„Hey Charly. Alles gut, bist du wach?" fragte Alex sofort. Schwach nickte ich. Sofort gab es einen Stich in meinen Kopf. Ich zischte verächtlich auf. Tausend Blitze schossen vor meinen inneren Auge empör und ließen eine Welle der Übelkeit zurück. Der Boden zog mich wie magisch an. Schwer hielt ich mich auf den beiden. Die beiden Ärzte überblickten innerhalb Sekunden die Lage. Sofort packten sich mich links und rechts. Mehr tragend wie laufend legten sie mich auf die Couch. Alex hielt mein Handgelenk fest in seinen Fingern. „Bisschen langsam unterwegs." stellte er beunruhigend fest.
Papa reichte mir ein Glas. Gierig trank ich die Apfelschorle aus. „Schwindelig?" fragte Alex. Ein leises: „Hmm" kam über meine Lippen. „Schlecht? Kopfweh?" wieder stimmte ich zu. „Sorry ich würd dir gerne in die Augen leuchten." grelles Licht blendete mich und ließ meinen Kopf explodieren.
„unauffällig. Wann hast das die letzte Schmerzmittel genommen?" Ich zuckte mit den Schultern. Jegliches Zeitgefühl war verschwunden. Vorsichtig fuhr Papa über meinen Kopf. Ich lehnte mich leicht dagegen, genoß die Zuwendung. „Was machen wir?" Alex sah Papa erwartungsvoll an. Dieser zuckte mit den Schultern „Du bist hier der Anästhesist. Schmerzmittel und Betäubung sind dein Fachgebiet." Alex blickte mich kurz an. Fühlte nochmal meinen Puls. Abwesend nuschelte er vor sich hin, bevor er aufstand und verschwand.
Wenig später hatte ich einen Zugang liegen. Schmerzmittel tropfte in kleinen Mengen in mich hinein. Immer müder wurden meine Augen. Papas Geborgenheit gaben mir den Rest. Ich fiel in einen Traumlosen Schlaf.

Schwierige Zeit/ Asds, AS FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt