63. Kapitel

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Ich fühlte mich elend. Als wäre mein Körper nur eine Hülle. Daniel war wie vom Erdboden verschluckt. Vorwürfe geisterten in meinen Kopf herum und ließen mich unruhig hin und her wandern. War es meine Schuld das er weg war? Was wäre passiert wenn ich ihn nicht von mir gestoßen hätte.
Dieser blöde Kuss, soviel Ärger brachte er mir ein. Dieser blöde Kuss der mir einfach nicht mehr aus den Kopf ging. Allein der Gedanke daran ließ meinen Magen flattern.
Unruhig stand ich wieder auf. Ich sollte hinunter gehen. Mit den Männern Daniel suchen. Sollte für ihn da sein, wo auch immer er steckte.
Schwerfällig trat ich die Treppe hinunter. Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Irgendwie war alles meine Schuld. Nur wegen mir war er verschwunden.
Ich räusperte mich. Martin saß vor mir mit zusammen gesunken Schultern. Er wirkte Jahre älter. Mein Kopf rauschte, sofort bahnt sich wieder eine Träne den Weg hinunter. Ich wollte nicht weinen, dass wollte ich nie. Allerdings konnte ich nicht anders. Paula drückte mich fest. Ich war froh, dass sie jetzt bei mir war. War froh das sie uns unterstützte.
„Gibt es was neues?" fragte ich leise. Fühlte mich mehr als je Schuldig für diese Situation.
„Laut euren Kumpel Paul, muss Daniel um halb sieben nach Hause gegangen sein. Seitdem fehlt jede Spur." Stephan wischte sich übers Gesicht. Er sah schrecklich aus, tiefe Augenringe die sein Gesicht noch düsterer wirken ließen.
Ein schrilles Klingeln ließ die Stille vibrieren. Martin nahm sein Handy. „Ja" meldete er sich. Stellte gleichzeitig den Lautsprecher ein.
„Wir haben ihn." war Toms Stimme zu hören. Erleichtert ging ein seufzen durch die Reihe.
Tom sprach weiter. Er hörte sich nicht begeistert an. „Anscheinend ist er in irgendwas hinein geraten. Er wurde von einer Passantin gefunden." ein tiefes seufzen kam von den Polizisten.
„Laut Notarzt Polytrauma. Mindestens eine Rippe ist durch und verhärtetes Abdomen. Sie bringen in die Klinik am Südring." schlagartig sackte Martin zusammen. Hemmungslos fing er zum schluchzen an. Papa legte auf und zog seinen besten Freund auf die Füße. Feste schüttelte er ihn: „hör mir jetzt zu. Du lässt dich nicht gehen. Daniel braucht dich, sei stark für ihn. Wir fahren jetzt in die Klinik." wie erstarrt stand ich da. Nur ein Sturm rauschte durch meinen Kopf. Daniel schwer verletzt, war mein einzigster Gedanke.
Die Männer standen auf. Papa und Martin gingen zu der Haustür. Ich erwachte aus der Starre und hastete hinterher. „Bleib daheim Charly. Du kannst eh nichts machen." wies mich mein Vater zurück. Ich wurde sauer, ich sollte für Daniel da sein. Er war immer für mich da. „Ich fahr mit. Er wäre für mich genauso da." Fuhr ich ihn schnaubend an. „So ganz sicher nicht." deutete Papa auf mein Outfit. Ich hatte noch immer meinen Schlafanzug an. Eine kurze Stoffhose und ein Shirt mit einer Krone darauf. Ich hatte es nichtmal geschafft mich umzuziehen. So schwer lasteten die Gedanken in meinen Kopf.
„Ich zieh mir einen Pulli über." Griff nach den erst besten Pullover der an der Gadrobe hing. Schon flitze ich hinter den beiden her.
Schwer lehnte mein Kopf an der Fensterscheibe. Mein Fuß wippte unruhig hin und her. Die Fahrt ins Krankenhaus dauerte lang, zu lang für meine Nerven.
Ein groß Aufgebot empfing uns. Polizei und Rettungsdienst standen gemischt in der Notaufnahme. Verwirrt blickte Papa zwischen den Leuten hin und her. „Was ist denn hier bitte los?" „Wir sind unabhängig voneinander hier." die Polizei redete wirr durch einander. Meine Gedanken galten nur Daniel.
Ich schreckte zurück als ich gegen einen Mann stieß. Sofort entschuldigte ich mich. Als ich aufsah lächelte mich Tom an „Alles gut mit dir? Du siehst irgendwie nicht fit aus?" fragte mich der Polizist. Mit einen Blick auf meinen Schlafanzug. „Ja alles gut." murmelte ich leise. Tom wusste sofort das etwas nicht stimmte. Fest drückte er mich an sich. Seine Wärme drang durch meinen Körper und ließ meine Muskeln locker werden. Als hätte er gewusst das ich diese Umarmung brauchte.
„Er schafft es, als sie ihn eingeliefert hatten war er stabil." flüsterte er in mein Ohr. Tränen schossen aus meinen Augen. Allein der Gedanke an Daniel ließ mich weinen. Sofort verstärkte der Polizist die Umarmung. Schweigend standen wir dar.
Ich genoss es. Tom stellte keine unangenehmen Fragen und löcherte mich nicht.
Die Tür der Notaufnahme ging auf. Charlotte Engel kam heraus. Ich mochte die Ärztin, fand sie sympathisch und nett.
Jetzt blickte sie gestresst, fast schon gehetzt.
Papa ging auf sie zu und redete ein paar Worte. Seine Miene wurde eisern. Ich kannte diesen Ausdruck. Er verbarg seine Sorge dahinter.
Martin fuhr sich immer wieder über sein Gesicht, er sah traurig auf.
Ich löste mich ein wenig ruckartig von Tom. Als ich neben den beiden Männern stand hörte ich nur ein paar Fetzen, der Unterhaltung. Ein pfeifen legte sich auf meine Ohren, ließ mich taub wirken.
„Not op" diese Worte geisterten seit einer Stunde in meinen Kopf. Seit einer Stunde starrte ich die weiße Wand an. Mittlerweile war ich mir sicher das sie nicht mehr weiß war. Ab und an spiegelten sich Schatten darauf, sie wirkte gräulich.
Vor einer Stunde wurde Daniel in den Op gebracht. Milz riss und etliche andere Blessuren war die Diagnose. Zu hoher Blutverlust.
Papa wollte es mir nicht erklären. Er war selber mit seiner Sorge beschäftigt.
Martin brach noch auf den Flur zusammen. Tränen strömten über sein Gesicht. Ich hatte ihn noch nie weinen sehen. Ich fühlte mich noch schlimmer. Ich war schuld daran, dass er jetzt hier lag.
Der Kuss verirrte sich wieder in meinen Kopf. Sofort spürte ich seine weichen Lippen auf meinen. Spürte seine Hände die sanft meine Seite hinab strichen.
Ein kleiner Schmetterling flatterte in meinen Bauch. Mittlerweile war ich mir sicher, dass ich die Gefühle teilte. Jetzt war alles zu spät.
Er war verletzt, schaffte die Op wahrscheinlich nicht.
Energisch stand ich auf. Ich musste auf andere Gedanken kommen, konnte nicht schon wieder in Tränen ausbrechen.
Ein leichtes zittern überkam mich. Die Folgen des Stress. Voller Nervosität ging ich den Flur auf und ab. Meine Gedanken kreisten wie ein Karussell.
Zum dritten Mal knurrte mein Vater, dass ich mich endlich hinsetzen sollte. Ich konnte nicht war zu aufgewühlt.
Bis er schlussendlich selbst verschwand.
Wenig später kam er wieder und drückte mir ein Croissant und eine Cola in die Hand.
„Ess und trink das und zwar alles." murrte er in meine Richtung. Entschieden drückte ich die Tüte weg. „Ich kann doch jetzt nichts essen." empört verzog ich mein Gesicht. „Oh doch. Ich diskutiere nicht mit dir. Entweder du isst, oder ich fahr dich nach Hause. Für einen Zusammenbruch hat hier keiner die Nerven." Ich zuckte zusammen. Brachte nur einen kleinen Bissen hinunter.
Die Ärztin betrat mein Sichtfeld. Ihr Augen sahen müde Papa an. Kurz schüttelte sie mit den Kopf. Sofort bahnten sich schlimme Szenen in meinen Kopf. Schwer atmete ich auf, wollte diese surreale Situation nicht wahrhaben. Wollte einfach diesen verdammten Reset Knopf drücken und von vorn anfangen.
Papa stand auf und ging auf die Frau zu. Ich sah wie sie ihn einiges erklärte. Verstohlen wischte er sich eine Träne davon.
Meine Welt brach zusammen. Mein bester Freund der schon immer an meiner Seite war.
Ich ließ mich mit den Rücken an der Wand hinuntergleiten. Legte meinen Kopf zwischen meine Knie und schluchzte.
Martin saß wie ein Häufchen Elend auf den Stuhl. Starr starrte er den Boden an. Kein Wort verlies seinen Mund.
Papa setzte sich neben ihn. Fest drückte er ihn an seine Schulter. Danach standen beide auf und Martin verschwand mit der Ärztin.
Ich sah Papas Schuhe vor meinen Augen. Sanft strich er mir über den Kopf. „Komm steh auf. Der Boden ist eiskalt." Sanft zog er mich auf die Beine. Sofort fing ich an zu zittern. Ich wollte nicht hier sein. Wollte mich in einer Höhle verkriechen. Kein Licht und keine Gesellschaft. Papa hielt mich mit eisernen Griff fest. „Daniel hat während der Operation viel Blut verloren. Sein Zustand ist kritisch. Sehr kritisch. Es kommt auf die nächsten Stunden an." erklärte er mit einfühlsamer Stimme. „Sie haben ihn ins künstliche Koma versetzt. Sein Körper braucht Ruhe." sofort schossen wieder Tränen meine Wange hinunter. Schwer schnappte ich nach Luft.
„Kann ich zu ihn?" fragte ich mit erstickter Stimme. „Ich weis nicht ob das klug wäre." Papa strich mir über den Kopf. Alles in mir schnürte sich zusammen. Alles was ich gerne hätte wäre in Daniels Arme zu liegen. Seine Starken Arme um meine Schultern.
Nur schwer hielt ich mich auf den Beinen. „Doch ich will für ihn da sein." flüsterte ich leise.
Papa nickte stumm. Zusammen gingen wir durch die Glastür. Sofort stieg mir der penetrante Geruch von Desinfektionsmittel in die Nase. Der Flur lag totenstill vor uns. Einzig allein unsere Schritte hallten über den weiten Flur.
Immer wieder, wischte ich mir mit den Ärmel, die Tränen weg. Ich wollte stark sein. Wollte all meine Kraft für Daniel sammeln.
Papa hielt vor einer Tür. „Desinfizier dir bitte die Hände." gab er mir die Anweisung.
Wehmütig trat ich in das Zimmer. Martin saß auf einen Stuhl und hielt die Hand seines Sohnes.
Ein Bild brannte sich in mein Gedächtnis, dass ich nicht so schnell wieder vergaß. Etliche Kabeln gingen von Daniels Körper aus. Die Geräte piepten in einen gleichmäßigen Takt.
Daniel selbst lag regungslos im Bett. Sein Gesicht Aschfahl.
Sofort stürzte ich auf ihn. Konnte meine Beherrschung nicht aufrecht erhalten. Schluchzend nahm ich seine Hand in meine. Sie war Eiskalt. Ich drückte seine Hand feste. In der Hoffnung er würde die Wärme spüren.
Sofort spielte sich die Szene von gestern Abend in meinen Kopf. Ich muss hier weg, schoss es durch meinen Kopf. Bevor mich meine Schuldgefühle überrannten.
Ruckartig stand ich auf und verließ das Zimmer. Hektisch sah ich mich von links nach rechts um. Ging schließlich schnellen Schrittes zu den Ausgang.
Atemlos ließ ich mich an der Wand hinunter gleiten. Zog meine Knie feste an den Körper. Heftig fing ich zum schluchzen an. Es war alles meine Schuld, hätte ich nur nicht so reagiert.
„Hey Charly." hörte ich eine Stimme. Gedämpft drangen einzelne Wörter zu mir durch. Ich wollte nichts hören, wollte niemanden sehen. „Du musst langsamer atmen." flüsterte Phil mir zu. Fest drückte er mich an sich. Ich hörte nicht mehr hin. Verschwand in meiner eigenen Welt. Wollte nur meine Ruhe. Ich merkte den leichten Druck den Phils Hand auf meinen Bauch ausübte. Ich reagierte nicht darauf, konnte nicht. Zu sehr fuhren sich meine Gedanken fest. Immer wieder tauchte das Bild von Daniel auf. Wie er leblos in den Zimmer lag.
„Panikattacke." hörte ich aus Philsmund. Nicht fähig etwas dagegen zu tun. Meine Finger kribbelten als würden sie taub werden. Immer schwerer wurden meine Arme. Jemand kniff mir in den Oberarm. Ich zuckte zusammen. Der Schmerz hallte noch nach.
„Charly schau mich an." hörte ich Flo sagen. Gleichzeitig hob er mein Kinn an. Ich sah in seine braunen Augen. „Atme ruhiger!" befahl er mir. Gleichzeitig gab er mir einen Takt vor. Das Gefühl kam in meinen Armen wieder. Dafür kam eine Müdigkeit, die mich ankämpfen ließ, meine Augen offen zu halten.
Ich zitterte am ganzen Körper. Ich wollte einfach schlafen. Immer fielen meine Augen zu. „Komm lass die Augen auf. Du kennst das Spielchen." genervt schlug mir Flo auf die Wange. „Hmm" brummte ich genervt und schubste seine Hand weg.
Eilige Schritte ertönten auf den Gang. „Oli sie hatte eine Panikattacke. Alles gut. Phil war bei ihr." hörte ich Flo reden. Ich schlug meine Augen auf. Langsam setzte ich mich. Phil kniete neben mir. Seine Augen ruhten auf mir. Sie strahlten nicht wie sonst Wärme aus. In ihnen lag eine gewisse Unruhe. „Ich..Ich" stotterte ich los. „Ich bin schuld daran das Daniel hier liegt." lautes schluchzen füllte die Stille. Phil drückte mich wieder fest an sich. „Scht.." flüsterte er in mein Ohr. Seine lockigen Haare kitzelten mich am Nacken. „Du bist ganz sicher nicht schuld daran. Red dir sowas nicht ein." versuchte er mich zu beruhigen. „Geh mit Oli. Komm zur Ruhe. Ihr könnt hier eh nichts machen." er drückte mich ein wenig weg. Sofort ergriff wieder die Kälte Besitz von mir, als würde eine Eiskalte Hand sich um mein Herz legen. Schwer atmete ich aus. Zusammen standen wir auf. Ich zitterte, konnte nicht verbergen wie schlecht es mir ging. Zu viert gingen wir den Gang entlang. Weit weg von der Intensivstation. Weit weg von Daniel.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 22 ⏰

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Schwierige Zeit/ Asds, AS FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt