7 - Nimy

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NIMY

Montagmorgen. Das sagte schon alles, oder? Und nein, jetzt kam keine endlose Tirade, wie gemein der Montag doch wäre. Meine Freunde, um euch einmal aufzuklären: der Montag kann nichts dafür, dass er ist, wie er ist. Manchmal tat es mir fast leid, dass alle immer den Montag beschimpften. „Der schlimmste Tag der Woche“, „schrecklicher Morgen“, „alles scheiße“. Konnte ich auch irgendwie verstehen, wer wollte nach einem entspannten Wochenende schon wieder arbeiten oder zur Schule gehen? Doch der Montag war nicht schuld daran.

Hätte man ihm lieber mal einen anderen Namen gegeben, dachte ich mir, während ich mit Bob meine Morgenrunde drehte. Ich war wahrscheinlich der einzige Mensch auf diesem Planeten, der Montage mochte. Früh aufstehen, die Sonne beim Aufgehen beobachten, die ersten Vögel zwitschern hören und in aller Seelenruhe mit meinem Hund Bob um die Wette rennen - all das verband ich mit Montagen.

“Bei Fuß”, rief ich, als mir ein paar andere Jogger entgegenkamen und mich verschwitzt anlächelten. Vielleicht war ich ja doch nicht die Einzige, die nichts gegen den Montag hatte.

„Braver Junge“, murmelte ich Bob zu und kraulte ihn hinter den Ohren. Gemeinsam hechelnd erreichten wir unsere kleine Wohnung, die sich direkt im Dachgeschoss eines hässlichen Betonbaus befand. Nicht wirklich ein heimischer Ort, doch wir hatten einen Weg gefunden, ihn zu unserem Zuhause zu machen. Überall hatten mein Dad und ich Blumen gepflanzt, selbst an der Wohnzimmerdecke schlängelte sich eine Kletterrose entlang. Es vermittelte einem das Gefühl von Urwald, Chaos und ja, Unperfektheit.

Seit meine Mutter uns verlassen hatte und lieber die Welt umsegelte, als sich um ihr einziges Kind zu kümmern, hatten Dad und ich uns unsere eigene Welt aufgebaut. Wir waren nicht perfekt, ganz und gar nicht. Er vergaß ständig, neue Lebensmittel einzukaufen und Rechnungen zu bezahlen, ich dagegen belegte ganz mädchenhaft den kompletten Morgen das Badezimmer und verbrannte alles Essbare bei dem Versuch, uns eine Mahlzeit zu kochen und nicht immer nur Tiefkühlkost zu essen, weil ich zu verträumt in meinen Gedanken festhing. Das genaue Gegenteil von perfekt also.

Aber die Liebe, die uns umgab, konnte uns niemand nehmen. Mein Dad war einfach der coolste Dad überhaupt und meine kleine Pflanzenoase würde ich für nichts in der Welt hergeben. Auch meine Bücher nicht, die teilweise in gefährlich wankenden Türmen in meinem Zimmer aufgestellt waren. Der Begriff Leseratte beschrieb mich nicht einmal annähernd, Clem meinte immer, ich wäre wohl eher ein Elefant. Wenn man beachtete, dass ich genauso klein war wie sie, ein wirkliches Kompliment.

„Steckst du immer noch im Bad, Mädchen?“, hörte ich Dads Stimme wie jeden Tag durch die Badezimmertür rufen. „Du verpasst noch deinen Bus. Wieso lässt du diese ständige Rennerei nicht ausfallen während der Schulzeit?“

Ich antwortete mittlerweile schon gar nicht mehr, da Dad mich das fragte, seit ich mit dem Joggen angefangen hatte. Er verstand einfach nicht, wieso man sich freiwillig die Seele aus dem Leib rannte, um es mit seinen Worten auszudrücken. Aber ich joggte einfach gerne und mittlerweile war ich sogar richtig schnell, was man bei meiner Größe und Figur nicht erwartete.

In diesem Punkt ähnelte ich Clem sehr, die bekanntlich mit ihrem Basketball verheiratet war. Sie wollte mir heute etwas Spannendes erzählen, daher fuhr ich extra einen Bus früher, den ich nun wegen meiner Träumerei im Bad verpassen würde. Doch wie es der Montag wollte, hatte auch mein Bus ein wenig Verspätung und ich erreichte gleichzeitig mit Clem die Schule.

Ich sagte ja, wenn man den Montag mochte, machte er einem nur Geschenke.
„Und, was gibt es so wichtiges?“, fragte ich, nachdem wir uns zur Begrüßung umarmt hatten.

Clem grinste von einem Ohr zum anderen. „Palma kann sprechen.“

Ich schaute sie leicht verwirrt an und verstand nicht. „Was? Natürlich kann sie das, wieso sollte sie auch nicht?“ Manchmal verstand ich Clem nicht. Oder zumindest das, was sich in ihrem Kopf abspielte.

FeuerwerkWhere stories live. Discover now