16 - Noah

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NOAH

Ich hatte selbst nicht den blassesten Schimmer, was mich dazu gebracht hatte. Eigentlich war ich kein großer Fan von Partys oder Alkohol. Lieber verbrachte ich meine Wochenenden mit meiner Gitarre auf dem Schoß, ein paar Videospielen oder einem gemütlichen Filmabend mit Maya. Ah. Jetzt wusste ich wieder, was mich an diesem Freitagabend in Dex Haus geführt hatte.

Mayas Plan, Angie und Phil zu verkuppeln, wurde immer noch verfolgt. Wie sich herausgestellt hatte, war Angie von Dex viel weniger begeistert als die meisten Mädchen – umgekehrt hatte sich auch Dex nach kurzer Zeit recht abweisend verhalten. Vielleicht hatte er ja sogar bemerkt, dass sie auf seinen besten Freund stand. Es war wirklich schwer, das nicht zu merken und ich fragte mich, wie Phil selbst nur so blind sein konnte.

„Hey, Phil“, schrie ich über die laute Musik hinweg an sein Ohr. Er legte einen Arm um mich und sah mich aus großen Augen an. Das war definitiv nicht sein erster Becher voll mit Cola-Rum. Trotzdem versuchte ich, ihn zu fragen: „Wo ist Dex eigentlich?“

„Pffffsch... Keine Ahnung?“ Dann lachte er, als hätte er gerade etwas extrem Lustiges gesagt und kriegte sich kaum noch ein.

Okay. Ihn und Angie heute einander näherzubringen, war wahrscheinlich keine gute Idee. Maya und ihre Freundin waren gerade am Klo – wobei mir meine wundervolle Freundin immer noch nicht erklären konnte, wieso Mädchen das nie allein schafften. Ich sollte Maya besser davon abbringen, heute noch Amor zu spielen.

„Gut, mein Großer.“ Ich trottete zu einer der Couches im Wohnzimmer, was sich als ziemlich schwer erwies. Also eigentlich erwies sich Phil als ziemlich schwer. Dort angekommen gelang es mir irgendwie, mich mit ihm hinzusetzen, während er sich immer noch an mich klammerte. Ich nahm ihm sein Getränk ab und er protestierte sofort wie ein kleines Kind, dem man die Spielsachen weggenommen hatte.

„Hey! Das war meins.“

„Ich hol dir was Neues“, verkündete ich und endlich schaffte ich es, seine Arme von mir zu lösen. Ich behielt ihn immer im Blick, als ich mich auf die andere Seite des Raumes bewegte, wo sich ein Tisch voller Becher und Flaschen befand. Also die Bar sozusagen. Schnell griff ich nach einer Wasserflasche, bevor ich meinem betrunkenen Freund wieder Gesellschaft leistete.

„Was denksdu eignlich...“ Es war gerade mal halb zwölf. Was hatte Phil bloß getan? „Was is‘ das zwischen Clem und dem Dixi-Boy?“ Er lachte wieder, wenn auch nicht so unkontrolliert wie vorhin.

„Ich weiß es nicht. Du bist doch sein bester Freund, oder?“ Ich reichte ihm die Wasserflasche und war erleichtert, als er sich nicht weigerte, daraus zu trinken. So hatte ich immerhin eine Sorge weniger. Okay, ich machte mir immer noch Sorgen um Phil und das würde ich auch nicht einfach so abschalten können. Das war einfach meine Art.

Er senkte die Flasche und sah mich nachdenklich an, als wüsste er nicht mehr, worüber wir gesprochen hatten. „Dex ist irgendwie komisch in letzter Zeit... so. Still. Und er hatte für Dex erstaunlich lang kein Mädel mehr am Start.“ Phil wirkte seltsam traurig über diese Feststellung und ich musste mir ein Grinsen verkneifen. Irgendwie war er ja fast süß, wenn er so drauf war. „Scheiße!“, rief er dann aus und sprang kurz auf, nur um im nächsten Moment wieder auf die Couch zu fallen. „Glaubst du, er ist schwanger?“

Sein darauffolgendes Lachen war doch nicht mehr gar so süß. Eher hysterisch. Und es bereitete mir noch mehr Sorgen, weil ich befürchtete, er würde sich jeden Moment übergeben oder an seinem eigenen Atem ersticken.

„Ich denke nicht, dass Dex schwanger ist“, meinte ich ruhig. „Bist du noch gar nicht müde, Philly?“

„Nein.“ Sein Blick wanderte durch den Raum. „Ich hab Hunger.“

„Okay. Ich schau, was sich machen lässt.“ Wieder kämpfte ich mich auf die Beine und entdeckte Nimy, die sich mit irgendeinem Jungen unterhielt, den ich nicht kannte. Ich nickte ihr bloß zu, da ich sie nicht unterbrechen wollte, aber als sie mich sah, weiteten sich ihre Augen.

„Heeeey, Noah. Ich wusste gar nicht, dass du auch hier bist.“ Sie zog mich in eine Umarmung und wandte sich immer mehr von dem Kerl ab, der vor wenigen Sekunden noch deutlich gezeigt hatte, wie verzaubert er von ihr war. Wer konnte es ihm verübeln? Nimy war nun mal ziemlich hübsch.

„Äh, ja. Das war eher spontan“, gab ich freundlich zurück. „Ich will dich nicht stören. Also, du kannst ruhig weiterquatschen. Wir sehen uns bestimmt später noch.“

„Ach, was. Ich... äh.“ Sie verstummte und sah mich ein wenig flehend an. „Naja, der Kerl ist nicht so mein Typ.“

Ich nickte und musterte ihn unauffällig etwas genauer. Gut möglich, dass er schon dreißig war. Oder noch älter. Wo gabelte Dex bloß all diese Leute auf? Oder wie fanden sie her, wenn er sie nicht einmal selbst kannte?

„Das bedeutet, du kannst mir den Gefallen tun und kurz auf Phil schauen, während ich nachsehe, ob es noch Pizza gibt?“ Ich drehte es absichtlich so, dass Nimy eine Ausrede hatte. Sie würde dem Dreißiger sagen, dass sie sich um Phil kümmern müsste und nicht unhöflich wirken, wenn sie ihn allein hier stehen ließ.

„Oh, ja, klar. Phil zuliebe immer.“ Ich sah das stumme „Danke“ in ihren Augen und sie drehte sich noch kurz zu dem Dreißiger um, der uns bereits mit eifersüchtigen Blicken beglückt hatte. Wenig später spazierte der Lockenkopf erleichtert zur Couch und setzte sich neben Phil.

Während ich im Obergeschoß nachsah, was das provisorische Buffet noch zu bieten hatte, grübelte ich wegen Dex. Wo war er hinverschwunden, wenn er nicht mit einem Mädchen beschäftigt war? Maya verarschte mich manchmal, indem sie mich als Mitgefühl-Monster bezeichnete. Ob das wirklich so schlecht war, wusste ich nicht, aber feststand, dass es Vor- und Nachteile hatte.

Dex.

Wenn ich mir vorstellte, dass ich solche Partys veranstaltete... und dann selbst nicht mal zu sehen war... Es war schon allein unmöglich, weil meine Eltern mir nie erlaubt hätten, so ein Chaos zu verursachen. Was sagten Dex‘ Eltern also dazu? Und wo waren sie eigentlich jedes Wochenende, wenn er eine Party schmiss? Wozu machte Dex sich die Mühe, wenn er sich dann so zurückzog?

„Hey.“ Plötzlich stand Maya neben mir. Alleine. Sie wirkte etwas geknickt, was ich ihr sofort ansah.

„Wo ist Angie?“, brüllte ich, weil sich in diesem Raum auch die Musikanlage befand.

„Sie hat vorher Ethan getroffen.“ Sie sah mich vielsagend an. „Das mit ihr und Phil wird wohl nichts.“

Ich nickte nur und war insgeheim beruhigt. In meinen Augen hatten die beiden nie besonders gut zusammengepasst. Eigentlich hatte ich nur Maya zuliebe gesagt, dass ich ihnen helfen würde.

„Wollen wir nach Hause fahren?“, fragte sie dann. Sie war auch kein richtiger Partytiger. Ich schätzte, dass sie immer noch irgendwelche albernen Selbstzweifel plagten und sie sich deshalb bei solchen Menschenansammlungen nicht ganz wohlfühlte.

„Ich muss noch kurz zu Phil. Dann können wir gerne gehen.“

Phil war bei Nimy in besten Händen. Ich schnappte einen Pappteller, legte zwei Stück von der mittlerweile kalten Salamipizza darauf und ging zurück zu den beiden. Nimy nahm den Teller mit leuchtenden Augen entgegen und biss sofort in das italienische Tiefkühlwunder.

„Maya und ich fahren schon. Kommst du mit Phil zurecht?“, fragte ich sie noch.

„Sieh ihn dir an, Noah. Er könnte es mir kaum einfacher machen.“

Erst jetzt warf ich einen Blick auf ihn, der zusammengekauert auf der Couch lag. Die Augen geschlossen. Unser kleiner Philly schlief bereits wie ein Baby.

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Sooooo. Wieder einen Tag zu spät - I am sorry xD Irgendwie hab ich absolut kein Gefühl für Wochentage mehr.

- liljaxxx & knownastheunknown -

FeuerwerkWhere stories live. Discover now