13 - Phil

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PHIL

Ich wusste noch genau, wie Dex mich angesehen hatte, als ich ihm erzählte, ich würde an dem Schauspielkurs unserer Schule teilnehmen. In etwa so, als würde das Unkraut, das sich anfangs nur in meinem Kopf befand, nun aus meinem kompletten Körper herauswachsen.

„Willst du das echt machen? Du wirst doch nicht schwul oder so, oder?“, hatte er gefragt und ich konnte über seine Vorurteile mal wieder nur den Kopf schütteln.

„Wieso bist du eigentlich immer so ein Arsch, Dexter Keighley? Ich weiß, dass du das nicht wirklich denkst. Du glaubst vieles nicht, was du sagst. Kannst du mir mal erklären, wieso?“ Dex grinste von einem Ohr zum anderen.

„Deswegen magst du mich doch so, Kumpel. Gib’s zu. Neben mir siehst du aus wie ein goldbraver Engel mit deinem strohblonden, lockigen Haar.“ Mir entfuhr ein Schnauben und ich hielt ihm meinen Kopf vor die Nase.

„Siehst du da irgendwo Locken? Alles glatt. Du solltest dir vielleicht mal eine Brille zulegen, dann kommst du auch gleich viel intelligenter rüber und es fällt nicht sofort auf, wie dumm du eigentlich bist.“ Lachend waren wir weitergegangen und damit war das Thema abgehakt gewesen. Keiner von uns hätte gedacht, dass ich meine Liebe fürs Theater entdecken würde und nun heute ein Vorsprechen für die Hauptrolle in Peter Pan hatte.

Als ich Noah vor dem Bühnenraum traf, wäre ich am liebsten wieder umgekehrt. Ich war so unglaublich nervös, obwohl es doch nur um eine Theateraufführung für die Unterstufe ging. Kleine Scheißer, die sich eh nichts daraus machen würden. Nur wieso hörten meine Hände dann einfach nicht auf zu schwitzen?

„Hey Phil“, rief Noah mir entgegen und ließ mir nun keine andere Wahl, als mich zu ihm an den kleinen Tisch zu setzen, der vor der verhängnisvollen Tür zum Bühnenraum stand. „Und, schon nervös?“

„Kein bisschen, kennst mich doch. Ich mach das mit links.“ Ich wusste nicht, wieso ich nicht einfach ehrlich war. Was schadete es mir, ein einziges Mal meine Ängste einzugestehen und nicht einen auf Besserwisser und Überflieger zu tun? Weil sie dann sehen würden, dass du gar nicht so selbstsicher bist, wie du immer scheinst.

„Dann brauche ich dir kein Glück zu wünschen?“, fragte Noah und grinste wissend. Hatte er gemerkt, dass ich eigentlich total mit den Nerven am Ende war? Nein, wie sollte er. Du bist ein zu guter Schauspieler.

Genau, ich war ein guter Schauspieler. Ich würde das meistern. Mit links, wiederholte ich meine vorherigen Worte, bis ein Mantra daraus wurde. Mit links, mit links, mit links.

„Glück ist was für Anfänger“, meinte ich ruhig zu Noah und zwang mir ein breites Grinsen ins Gesicht. Seine Miene blieb unverändert und da wusste ich, dass er es wusste. Wem wollte ich hier eigentlich etwas vormachen? Ich machte mir vor Schiss fast in die Hosen.

„Okay, also“, begann ich noch einmal und da fing Noah an zu lachen.

„Ich weiß doch, Mann. Ich drück dir trotzdem die Daumen.“ Er umarmte mich kurz und klopfte mir dann auf die Schulter. „Und jetzt geh, damit du nicht zu spät kommst.“

Mit scheuchenden Bewegungen schickte er mich zu den Umkleideräumen, die wir in einen Vorbereitungsraum verwandelt hatten, da das Vorsprechen ohne Kostüme ablief, und schloss lachend die Tür hinter mir. Ich war schon viel entspannter als vor meinem Gespräch mit Noah und hatte auch mein Selbstvertrauen wiedergefunden. Mein echtes, nicht das, was ich immer vorspielte zu haben. Ich konnte das, das wusste ich. Ich bin Phil McKinley und ich schaffe das mit links.

Als ich die Bühne schließlich eine gefühlte Ewigkeit später betrat, fielen all meine Gedanken von mir ab und ich verwandelte mich ganz in das Kind in mir, das nicht erwachsen werden wollte, damit es seine Probleme nicht alleine lösen musste.

Nach dem Vorsprechen saß ich noch eine Weile im Vorbereitungsraum und genoss einfach nur meine Ruhe. Ich fühlte mich so vollkommen mit mir im Reinen, obwohl ich gerade eben noch jemand ganz anderes gewesen war. Aber vielleicht war es auch das, was ich am Schauspielern so liebte. Man fand in jeder Person, die man verkörpern sollte, auch Teile, Meinungen und Gedanken von sich selbst. Manchmal schien es mir fast, als wären wir alle gleich. Als hätten alle die gleichen Ängste und Sorgen, wenn auch in unterschiedlichem Maße.

„Phil? Alles okay?“, nahm ich Noahs Stimme wie aus der Ferne wahr und blinzelte. Vor mir standen Maya, ihre Freundin Angie und Noah, der mich etwas besorgt musterte.

„Alles super“, grinste ich die drei an und hatte das Gefühl, mein Lächeln würde mir gleich aus dem Gesicht fallen, so übermütig fühlte ich mich mit einem Mal.  Also sprang ich auf und zog Noah in meine Arme, um dann mit ihm auf und ab zu hüpfen.

„Man sollte dir definitiv die Rolle geben“, meinte Maya lachend und schlang die Arme um Noah, um mich daran zu hindern, ihn weiter durchzuschütteln. „Da steckt wirklich noch ein Kind in dir.“

Da ich Noah nicht loslassen wollte, umarmte ich einfach beide. Es war schon praktisch, zwei Köpfe größer zu sein als die beiden - ich konnte meine Arme ganz locker auch noch um Maya legen, sodass wir wie ein seitlich aufgereihter Hotdog im Vorbereitungsraum standen.

„Was geht denn hier ab? Darf ich mitspielen?“, ertönte auf einmal Dex laute Bassstimme und ich hörte Maya seufzen. Schnell befreite sie sich aus meinen Armen und ließ Noah los, als hätte sie eingesehen, dass sie gegen mich keine Chance hatte. Cleveres Mädchen.

„Und du, Phil McKinley? Du ersetzt mich also schon? Gegen den Rotschopf?“ Mit Noah im Arm drehte ich mich um und grinste breit.

„Mit dir kann man einfach nicht so viel Spaß haben wie mit Noah“, entgegnete ich und streckte, erwachsen wie ich war, die Zunge raus. Als Angie leise kicherte, wurde mir bewusst, dass sie die ganze Zeit nur daneben gestanden hatte, während ich hier den Kasper gespielt und ihre Freunde in eine Umarmung geschlossen hatte, nur sie nicht. Manchmal bist du ja so ein verdammter Idiot, Phil.

„Und wer ist diese Schönheit?“, fragte Dex augenblicklich und schenkte Angie ein strahlendes Lächeln. Ich sah meine Chance, meinen Fehler von vorhin gut zu machen. Schließlich wollte doch jedes Mädchen auf dieser Schule mit Dex befreundet sein und die ganzen unanständigen Dinge tun, für die er ja so bekannt war. Und ich würde ihr das nun ermöglichen, war ich nicht ein wahrer Engel?

„Das ist Angie, eine wirklich tolle Schauspielerin.“ Von der Seite sah ich, wie Maya und Noah sich entsetzte Blicke zuwarfen. So, als würde etwas gerade total aus dem Ruder laufen. Dabei war doch alles prima.

Wie erwartet wurde Dex Grinsen noch ein wenig größer. „Na dann, komm mal mit, Angie. Ich spendiere dir einen Kaffee aus der Kantine. Auch wenn er nicht so sonderlich gut schmeckt.“ Er legte einen Arm um sie und öffnete mit der anderen die Tür. „Aber dann habe ich wenigstens einen guten Grund, mich mit dir zu verabreden.“

Innerlich klatschte ich mich ab. Ich war wirklich ein Genie, in nicht einmal sieben Sekunden hatte ich zwei Menschen verkuppelt. Ob Amor oder Parship es wohl damit aufnehmen konnten?

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KnownAsTheUnknown ist eine doofe Nuss xD irgendwie kommt dieses Update wieder einen Tag zu spät und ich weiß nicht mal, wieso..

Wir hoffen trotzdem, dass es euch gefällt.
Das kann ja was werden... ;)

- liljaxxx & knownastheunknown -

FeuerwerkWhere stories live. Discover now