46~ Wie ich Weihnachten mit den herzlichsten Menschen der WELT erlebe

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Sinja:

Hellwach schlage ich die Augen auf.

Heute ist Weihnachten!

Wir haben zwar beschlossen, erst gegen Abend richtig zu feiern, aber dennoch bin ich unglaublich hibbelig. Das erste Weihnachtsfest mit meiner Familie...meiner neuen Familie. Schlagartig ändert meine Stimmung, und Gedanken zu meiner Mutter, meinem Vater und dazu, was er getan zu haben scheint prasseln auf mich ein.

Stirnrunzelnd schüttle ich den Kopf, will nicht wahrhaben, was die Jungs erzählt haben. Die Geschichte passt nicht in das Puzzle, das ich mir zusammengebastelt habe. Etwas fehlt...etwas, das mir bisher entgangen, unbekannt ist. Und genau das will ich mit meinen Brüdern herausfinden und zwar in zwei Tagen. Wir haben bereits den Flug gebucht, der uns nach Europa bringen sollte.

Kurzfristig?

Vielleicht...

Nötig?

Auf jeden Fall!

Nur Finn und Kiki sind noch nicht informiert...sollte vielleicht noch erledigt werden. Ich nehme mir vor, dies noch heute zu tun. Leider kenne ich mich und nehme schwer an, dass mein Hirn diese Erinnerung wieder als unnötig erachten und aus meinen Gedanken katapultieren wird.

Plötzlich klopft es in der hintersten Ecke meines Gehirn an einer kleinen Türe und vorsichtig spähe ich hindurch. Dunkelheit...Konzentriert kneife ich die Augen zusammen, versuche mich auf das, was gegen die Tür geklopft hat, zu fokussieren. Da geht mir auf, dass dieses Ding eine Erinnerung sein muss. Eine Erinnerung, die sich vor mir verborgen hält, mir aber dennoch irgendetwas mittzuteilen versucht.

Stöhnend reibe ich mir das Gesicht und rapple mich auf. Mich anzustrengen hat keinen Zweck, die Erinnerung scheint viel zu tief vergraben zu sein.

Rasch schlüpfe ich in Trainerhose und Tanktop und ziehe meine Sockenschublade auf. Wo sind bloss die flauschigen Wuschelsocken? Nachdenklich kneife ich die Augen zusammen und versuche mich zu erinnern, doch auch hier versagt mein Erinnerungsvermögen erbärmlich und ich seufze geschlagen. Dann eben ohne Wuschelsocken.

Mein Blick fällt auf die Geschenke, die ich in einer Ecke meines Zimmers verstaut habe. Grinsend gehe ich auf den Berg von Paketen zu und beginne sie auf meine Arme zu stapeln. Konzentriert balanciere ich die Geschenke, darauf erpicht, dass bloss keines runterfällt. Ich hätte keine Lust, den Weg zweimal gehen zu müssen.

Mit vorsichtigen Schritten taste ich mich nach vorne. Nur nicht umfallen, nur nicht umfallen, nur nicht umfallen...

Mich vollkommen in meinem Fokus befindend, strecke ich meine Zunge ein Stück raus, was ich leider immer automatisch in Situationen mache, in denen Konzentration gefordert ist. Mir ist durchaus bewusst, dass dieses Bild höchstwahrscheinlich sehr verstörend aussieht, kann den Reflex aber nicht besonders effektiv kontrollieren.

Die Stufen sind das Problematischste und in Zeitlupe gehe ich Schritt für Schritt eine Stufe weiter. "Brauchst du Hilfe?", erklingt plötzlich Jays Stimme hinter mir und vor Schreck hätte ich beinahe die Geschenke fallengelassen.

"Mmmh, schon gut", presse ich zwischen meinen Lippen hervor, will es nicht riskieren, jetzt alles auf der Treppe zu verstreuen. Als ich endlich unten angekommen bin, taumle ich rasch dem Baum entgegen und kann endlich die Pakete auf den Boden gleiten lassen, wobei ich das Geschenk von Finn aber immer noch fest umklammert halte.

Abermals kommen mir die Worte des alten Mannes in den Sinn, aber wann wird der richtige Moment kommen? Seufzend richte ich mich wieder auf, entschieden, das kleine Paket erstmal noch in meinem Zimmer zu verstauen. Für heute Abend werde ich Finn wohl vertrösten müssen.

Wie ich bin...Where stories live. Discover now