59~ Wie ich "natürlich" wieder einmal die allerbesten Ideen habe

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Sinja:

Ich lasse meinen Blick über die beiden Grabsteine schweifen. Noch am Todestag unserer Mutter hat Vater entschieden, dass wenn er stirbt, sein Körper am selben Ort begraben werden sollte, wie der seiner Frau.

Sofort wird mir warm ums Herz, als ich die Motive auf ihren Steinen sehe. Hat er sie ausgewählt? Die beiden sind einzeln aufgestellt worden und dennoch auf eine Art miteinander verbunden. Es sind grob geschlagene, dunkle Steine, die wie kleine, schmale Berge aussehen. Sie stehen ziemlich dicht nebeneinander, wobei eine kleine Brücke die beiden koppelt und zu einem assoziiert. Die Namen unserer Eltern stehen in verschnörkelten, goldenen Buchstaben auf dem Stein und heben sich somit von dem beinahe schwarzen Untergrund ab.

"Und was habt ihr jetzt genau vor?", richtet Kiana sich an Connor, der aber ebenso unschlüssig zu sein scheint. "Ich bin nicht sicher..." Er schaut zu Alec, "du bist mit dem Vorschlag gekommen, da Sinja diesen Traum gehabt hat...Also, wie sieht dein Plan aus Brüderchen?", fragt er und verschränkt die Arme.

Alec kratzt sich am Hinterkopf. "Äh...keine Ahnung. Irgendw-" "Ich weiss, was wir tun müssen", entfährt es mir plötzlich, als mich ein Geistesblitz durchfährt. Sofort landen alle Blicke auf mir und Jay hebt eine Augenbraue. "Du willst aber nicht wirklich ihre Geister beschwören oder? Dann bin ich aber ganz schnell weg", schnaubt er sarkastisch.

Ich rolle mit den Augen. "Natürlich nicht, du Idiot. Könnt ihr euch noch an den Abschiedsbrief von unserem Vater erinnern?" Die Jungs nicken, wenn auch zögerlich und ich fahre fort: "Naja...er hat geschrieben, dass sein einziger Wunsch, sein einziges Anliegen noch wäre, dass ich euch in seinem Namen um Entschuldigung bitte. Und das habe ich zwar getan, aber...habt ihr im auch verziehen? Ich denke, das ist der einzige Weg, mit welchem seine Seele Frieden finden kann...mit dem auch wir Frieden finden, die ganze Sache hinter uns lassen können. Ihr müsst ihm verzeihen!"

Unsicher blicke ich in die Runde. Die anderen scheinen ebenso unschlüssig zu sein. "Und woher wissen wir, ob es geklappt hat?" , murmelt Jay nachdenklich und ich schneide eine Grimasse. "Naja, ich denke Blitz- und Donnerschlag sollte reichen...Nein, Scherz, aber ich denke, wir müssen einfach darauf vertrauen, dass es sich als richtig herausstellt", murmle ich und ernte zustimmendes, wenn auch ziemlich zurückhaltendes Nicken.

Die Drillinge treten indeterminiert vor, während ich einen Schritt zurückgehe. Sie sehen sich an und man kann ihre Nervosität deutlich spüren. Die Befangenheit in ihrer Stimme, die Besorgnis in ihren Bewegungen, die Unentschlossenheit in ihren folgenden Worten.

Zurückhaltend beginnen sie zu sprechen, entschuldigen sich, gestehen ihren Fehler ein. Ich bin beeindruckt von der Tatsache, dass keiner von ihnen sich herauszureden oder zu rechtfertigen versucht. Sie scheinen bloss die Wahrheit loswerden zu wollen, ohne Verfälschungen, störende Worte oder Lügen. Ihr einziges Anliegen scheint zu sein, sich wirklich zu entschuldigen und ihm zu verzeihen.

Schon beinahe gerührt verfolge ich die Szene. Ganz so, als wären ich eine stolze Entenmama, die zusieht, wie ihre Babys erwachsen werden. Mit dem einzigen Unterschied, dass ich weder Ente noch Mama bin...hoffentlich.

Auf einmal werde ich von rechts sanft angestupst und drehe den Kopf, um in Finns Gesicht blicken zu können, der mich grinsend ansieht. "Du siehst ja noch stolzer aus, als Kiki wenn sie sich mal ausnahmsweise dazu überwinden kann, etwas im Haushalt mitzuhelfen", amüsiert er sich und ich zucke schmunzelnd die Schultern.

"Na und? Ich bin auch stolz auf die drei. Sie haben gelernt ihren Groll zu überwinden und unserem Vater zu verzeihen...ich denke, sie haben den richtigen Weg gewählt, was natürlich auch wieder nur Ansichtssache ist.", brabble ich darauf los, verstumme aber als ich sein Schmunzeln erkenne.

Wie ich bin...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt