57~ Wie das Puzzle sich endlich zusammenfügt

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Sinja:

"Eure Mutter...sie...sie war schwanger."

Kurz blinzle ich...

dann ein zweites Mal...

und ein drittes Mal...

"Bitte was?", entfährt es mir schliesslich perplex und auch die Jungs scheinen mehr als bloss überrascht zu sein. Mein Blick fällt auf Jayden, der aussieht, als hätte ein Waschbär ihn gerade gefragt, was das beste Mittel gegen Augenringe sei. Alec hat es auch nicht besser erwischt. Sein Mund scheint sich entschieden zu haben, die Mutation zum Fisch abzuschliessen und klappt nun durchgehend auf und zu. Connor hingegen scheint die Situation wohl noch nicht ganz realisiert zu haben, denn er sitzt bloss da, die Augenbrauen zusammengezogen und den Kopf schiefgelegt.

Mein Körper sinkt automatisch tiefer in den Stuhl und ich fahre mir mit der Hand übers Gesicht. "Aber...aber wie ist das möglich?", stammle ich und Arthur entfährt ein leises Lachen. "Ach Kindchen, weisst du, wenn zwei Menschen sich lieben, dann ko-" "Was? Nein! Das meine ich nicht!", unterbreche ich ihn schnell.

"Ich...Es ist bloss so, dass ich keine Ahnung hatte...Sie haben es uns nie gesagt...", brabble ich unkontrolliert los. Mein Kopf scheint die Information nicht verarbeiten zu können, geschweige denn aufzunehmen. Ein ungläubiges Ausatmen entfährt mir und ich schüttle den Kopf.

"Ich verstehe es nicht...Was? Wieso? Wann? Wie?...I-ich habe keine Ahnung!..." Frustriert vergrabe ich das Gesicht in den Händen. Auf einmal spüre ich eine warme Hand auf meiner Schulter und wende den Blick Connor zu, der mich mitleidig mustert. "Wusstet ihr davon?", flüstere ich leise und suche die Gesichter meiner Brüder nach irgendwelchen Hinweisen auf eine Antwort ab.

Doch sie schütteln bloss die Köpfe. "Warum haben sie es uns wohl nie gesagt?", fragt nun Jay an den ehemaligen Doktor gerichtet, welcher mitfühlend die Lippen aufeinanderpresst. "Wisst ihr...es war damals eine...ein wenig komplizierte Situation, wenn man so sagen darf."

Aufmerksam richte ich mich auf und sehe Arthur abwartend an. Eine starke Emotion durchflutet mich. Sie ist mächtig und nimmt mein ganzes Dasein ein. Meine ganzen Sinne sind bis aufs Äusserste strapaziert und jeder Nerv in meinem Körper ist aktiv. Nach und nach geht mir auf, dass dies wohl das Gefühl der Wahrheit sein muss. Die Wahrheit, der mein ganzes Selbst gerade entgegenfiebert.

Meiner ganzen Existenz ist gerade bewusst geworden, dass in einigen Sekunden alles offenbart wird. Alles, was mich jemals von meiner Familie gehalten hat, uns aufgespalten und getrennt hat.

Ich scheine wie auf heissen Nadeln zu sitzen und rutsche unruhig auf dem Stuhl hin und her, während meine Augen sich abwartend auf den Mann vor uns fixieren, sich in seinen Kopf brennen und erhoffen, Informationen von dort entnehmen zu können.

Er räuspert sich, sieht jeden von uns noch einmal einzeln an und seufzt dann. "Es sieht so aus, als wäre es an der Zeit, euch einiges zu erklären..." Wie gebannt starre ich ihn an und nicke, als wäre mein Körper in einem Trance gefangen, dessen einziges Erstreben es ist, die folgenden Buchstaben, Worte, Sätze von Arthur zu hören.

"Na dann...Wie ihr wisst, hatte eure Mutter einen Unfall...Auf jeden Fall wurde sie in unser Krankenhaus eingeliefert und wir mussten sie sofort in ein künstliches Koma versetzen, da ihr Körper dies sonst nicht mitgemacht hätte. Sie war bereits am Ende des vierten Monats mit der Schwangerschaft, jedoch nicht weit entwickelt. Glücklicherweise schien in der Gebärmutter nichts beschädigt. Nur das Kind...naja, uns war leider allen bewusst, dass das Kleine mit möglichen leichten Behinderungen zur Welt gekommen wäre, wenn eure Mutter das Kind zumindest hätte austragen können. Doch ihr Zustand verschlimmerte sich von Tag zu Tag und wir waren dazu gezwungen, etwas zu tun. Uns blieben also nur zwei Möglichkeiten und keine der beiden gefiel auch nur irgendwem. Es handelte sich in beiden Fällen um riskante Operationen, die in der Prozentchance nicht besonders hoch standen. Beide der Eingriffe brachten je eine Möglichkeit der Rettung mit sich. Die erste hätte eurer Mutter das Leben retten können, doch das Kind in ihr wäre dem Tode geweiht gewesen. Die zweite Möglichkeit...nun, das Baby hätte überlebt, nur eure Mutter...Kurz gesagt, hätte jede der beiden Operationen einem der beiden das Leben gekostet. Doch lag es nicht an uns, über Leben und Tod zu entscheiden, weshalb ich euren Vater zum Gespräch einlud. Ihr Jungs wart ebenfalls im Krankenhaus zu dieser Zeit, erinnert ihr euch? Ihr durftet bei eurer Mutter warten..."

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