das Übliche

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Kapitel 9


Konstantin sah genau, wie Laura schluckte, während sie sich der immer mal wieder zu ihnen huschenden Blicke bewusst wurde. Natürlich runzelten einige die Stirn und nicht wenige grinsten breit in sich hinein. Ein Rudel war nicht anderes, als alle anderen Gemeinschaften von klatschwütigen Individuen ... es wurde einfach viel zu viel geredet und Konstantin war sich sicher, spätestens Morgen früh so viele indirekte Fragen über Laura beantworten zu müssen, das er der Versuchung ihnen allen den Kopf abzureißen nur schwer widerstehen konnte. Aber so war dieser Haufen von ungehobelten Gestaltwandlern nun einmal und er wollte, dass sie sich gleich daran gewöhnte, auch wenn sein Wolf sehr viel eigennützigere Motive hatte.
Jeder sollte sehen, dass sie zu ihm gehörte und er dachte nicht im entferntesten daran sie zu teilen. Er steckte sein Revier ab und auch wenn noch einer anderer Wolf ein Auge auf sie werfen würde, wüsste er wem sie wirklich gehörte. Für einen Wolf ein normales Verhalten, aber er gab zu, dass es nicht gerade den menschlichen Konventionen entsprach.
Als Magnolie mit einem schlecht gelaunten Gesicht und einer bereits fleckigen Schürze an ihren Tisch herantrat und etwas übellaunig nach ihrem Getränkewunsch fragte wurde Konstantin klar, dass es noch einen anderen sehr guten Grund gab heute hier zu sein. Es war Magnolias erster Arbeitstag, nachdem sich Jason von ihr getrennt hatte und dummerweise viel dieser genau auf einen Samstagabend in dem Moonshine wie immer mit ihrer Clique in der Bar herumhing, um Billard zu spielen. Das konnte einfach nur Stress geben und plötzlich wusste Konstantin, warum seine rechte Hand sich dazu entschlossen hatte heute hier in der Nähe zu bleiben. Magnolia litt unter der Trennung und sie gab Moonshine die Schuld daran. Natürlich hatten die beiden Schwestern auch davor bereits ein schlechtes Verhältnis zueinander gehabt, aber die Tatsache, dass ihre Teenie-Schwester ihr den Mann ausspannte mit dem sie sich eine Zukunft ausgemalt hatte, war besonders schwer zu verdauen. Und es hatte es nicht besser gemacht, dass Shiny es so lange für sich behalten hatte.
Während Jason das Band erst anfing zu spüren als Moonshine mit etwas mehr als sechzehn Jahren die Schwelle vom Mädchen zur Frau überschritten hatte, musste sie es bereits seit Jahren gewusst haben, schließlich war Jason zwölf Jahre älter als Shiny. Ihr Wolf hatte ihren Gefährten von Anfang an gewittert und sie hatte dieses Geheimnis so lange mit sich herumgetragen bis sie es sich nicht weiter verheimlichen konnte. Bis zu dem Tag als sie eines Abends, wie heute, hier mit ihrer Clique aufschlug und Jason so heftig an Konstantins Seite zusammengezuckt war, dass er fast vom Stuhl gerutscht war.
Sie hatte wahrscheinlich nicht damit gerechnet, dass sie so plötzlich von ihm gewittert werden würde. Den Zeitpunkt der Reife abzuschätzen, ab wann ein Gefährte den anderen witterte, war absolut unmöglich. Aber wenn Konstantin daran dachte welches verlangen er nach seiner Gefährtin in diesen Moment hatte war er beeindruckt davon, wie zurückhaltend sich Shiny verhalten hatte, wenn sie ihre ältere Schwester zusammen mit ihren Gefährten gesehen hatte.
Natürlich hatte Konstantin sie gefragt warum sie es nicht eher erwähnt hatte, aber trotz des eigentlich schlechten Verhältnisses zwischen den Schwestern hatte Shiny Magnolia nicht wehtun wollen und sie hatte sich einfach nicht zu helfen gewusst, als sie erfuhr, dass die beiden plötzlich ein Paar waren. Ihre Furcht milderte Konstantins Meinung von ihrem Charakter allerdings nicht. Für ihr Alter war Shiny erstaunlich reif, obwohl sie immer ganz vorne mit dabei war, wenn es darum ging Unsinn zu machen. So wie jetzt, als sie sich über den Billiardtsich beugte und ganz unauffällig eine Kugel so mit den Fingern zu Recht schob, dass sie beim nächsten Zug einen Punkt machen würde. Sie war eben trotz aller emotionalen Reife einfach nur ein Teenager von siebzehn Jahren.
„Ich nehme eine Cola", meinte Laura und Konstantin wandte sich wieder seiner Gefährtin zu, die Magnolia ein leichtes Lächeln schenkte und seine Rudelgefährtin zwang sich auch dazu etwas freundlicher zu sein.
„Und du?", fragte sie an ihn gewandt. „Das übliche", lächelte er verständnisvoll. Die Situation mit Jason und Shiny war nicht gut gelaufen und obwohl Magnolia ein richtiges Ass sein konnte war dennoch sie diejenige die alleine zurückblieb, auch wenn er es nicht gutheißen konnte das sie sich selbst so gut in ihrer Opferrolle gefiel. Die Zeit würde das schon wieder richten, so wie sie zuvor größere Wunden wieder gerichtet hatte.
Als wäre es genau das Stichwort gewesen glitten Konstantins wachsame Augen zu einer kleinen Gruppe von alten Männern und Frauen, der klägliche Rest der von dem ehemaligen zurückgelassenen Rudel übrig geblieben war, nachdem er mit dem Großteil vor zehn Jahren verschwunden war. Sie gehörten offiziell wieder dazu, aber Konstantin konnte nicht behaupten, dass sie jemals wirklich zur Vernunft gekommen wären. Ihre Wut und ihre Abscheu gegenüber allen Jugendlichen, die ihrer Meinung nach unreines Blut hatten, war deutlich zu erkennen und so tief greifend, dass alle anderen Rudelmitglieder ein Auge auf ihre Welpen hatten, wenn das alte Rudel, was nur noch aus acht Personen bestand, in der Nähe war. Das würde auch ihn erwarten, denn seine Luna war ein Mensch und obwohl die Gabe der Gestaltwandlung immer dominant vererbt wurde, würden auch sie unreines Blut haben und diese Leute eine potenzielle Gefahr für sie darstellen.
„Was ist das übliche?", fragte Laura und Konstantin schmunzelte in sich hinein, während er dabei zusah, wie Magnolia durch die Tische wanderte und weitere Bestellungen aufnahm.
„Ein Bier und ein blutiges Steak", murmelte er und grinste dabei breit und zu seiner Überraschung lächelte sie ebenfalls. Sie war schön, wenn sie lächelte. Ihre Eisaugen sprühten vor Wärme und ihr weißblondes Haar ließ sie tatsächlich kurz wie ein Fabelwesen aussehen.
„Haben Sie auch Salat?", fragte sie neckisch und offensichtlich nur um ihn zu ärgern. Sie wollte den Kontrast zwischen ihnen hervorheben, dabei könnte dieser nicht deutlicher sein. Seine Großmutter war eine Indianerin gewesen und er hatte sowohl ihre etwas dunklere Haut als auch ihre Haarfarbe geerbt. Laura war die Reinkarnation der Mondgöttin persönlich. Er würde niemals an ihr sattsehen können.
„Ich bin sicher, dass sich unter dem ganzen Schnee das eine oder andere Salatblatt verbirgt, mit dem wir dich über den Winter bringen, kleines Reh", feixte er zurück und etwas glimmte in Lauras Augen auf. Sie mochte ihn, sie wollte ihn nicht mögen, aber er war charmant und wickelte sie ein. Das Band. Es machte es ihm leichter als üblich, obwohl sein Ego ihm versicherte, dass er es auch ohne das schaffen würde. Vielleicht war es auch nur seine Arroganz, egal was es war, er konnte damit leben und er würde damit leben müssen - auch wenn es sie in den Wahnsinn trieb, er war ein Wolf. Stolz war in seiner DNA ein wichtiger Bestandteil und auch in ihrer. Das hatte er bereits mit ihrem ersten Nasenrümpfen erkannt. Sie missbilligte sein wölfisches Gehabe und weigerte sich ihm auch nur einen Symphatiepunkt zuzugestehen. Sie gab ihm Kontra und sie konnte es nicht wissen, aber das stachelte sein Ego besonders an. Denn es war aufregend sich mit ihr zu duellieren.
„Das hoffe ich für Sie, Mister Hunt. Denn das kleine Reh sieht sich sonst nach anderer Beute um. In der Not isst der Teufel bekanntlich Fliegen oder eben auch mal einen Wolf", erwiderte sie aalglatt. Konstantin konnte sich einfach nicht helfen, er wurde hart. Von einer Sekunde auf die andere trafen ihn ihre Worte wie ein Stromschlag, der ihm direkt in den Schwanz fuhr und wie bereits vor der Baar schickte er die Erregung ungefiltert und brachial durch das Band.
Er sah, wie sie zusammen zuckte und wie sich ihr Puls beschleunigte, aber am eindrucksvollsten war die Art wie sich ihre Pupillen kurz erweiterten und Erkenntnis sie traf. Oh sie war zwar ein Mensch und würde niemals den gleichen Zugriff auf das Paarungsband haben wie er. Es war mehr oder weniger eine Einbahnstraße. Noch. Wenn sie erst wirklich zusammen waren, würde sie ihn zumindest abblocken können - sofern er es ihr beibrachte. Bis dahin lag ihr Ende des Bandes allerdings ungeschützt offen und er konnte sie nach eigenen gut dünken damit ärgern.
„Okay. Das reicht! Ich habe keine Ahnung wie Sie das machen, aber ich weiß, dass Sie etwas machen und ich will, das Sie damit aufhören!", fauchte sie und Konstantin grinste schief als eine weitere Welle von Erregung, die durch seinen Körper hämmerte, ungefiltert durch das Band drang.
Wieder weiteten sich ihre Pupillen und zu seinem entsetzen verrauchte ihre Wut und es bildete sich Schmerz darin. Und dieser Schmerz traf auch ihn, denn es war das Gefühl von Verrat.
„Aufhören!", schrie sie so verzweifelt und eindringlich, dass es sicherlich die ganze Bar hören konnte und sie plötzlich alle anstarrten. Sie atmete schwer und wenn sie die Blicke der anderen bemerkte, würde ihr das sicher noch weniger gefallen. Konstantin ließ einen scharfen Blick über seine Rudelmitglieder gleiten, die sich sofort wieder um ihren eigenen scheiß kümmerten, dann griff er nach Lauras Hand.
Sie wollte zurückzucken, aber Konstantin hielt ihre Hand fest obwohl er nicht wusste, was er vorhin falsch gemacht hatte oder warum sie so drastisch reagiert hatte, aber er würde sie niemals verraten. Dass sie es als Verrat wahrnahm verstörte ihn, das sollte sie nicht fühlen.
„Was soll das?", fragte sie und sie sah so verletzlich aus, dass es ihm das Herz zerquetschte. „Tut mir leid", hauchte er und ließ sie wissen wie ehrlich er das meinte. Kurz befürchtete er, dass es falsch sein könnte das Band wieder zu benutzen, aber es erschien ihm instinktiv richtig und als sie ihn diesmal anblickte schien sie nicht weniger verwirrt, aber dafür wehrte sie sich nicht als er Wärme und Verständnis durch das Band schickte. Sie wusste es noch nicht, aber sie gehörte zu ihm und egal was da vorhin zu ihrem Misstrauen geführt hatte, er würde es herausfinden und aus der Welt schaffen.

Beta: geany

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now