Liebe aber kein Vertrauen

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Kapitel 42

Ihr Vater sah gebrochen aus, das war alles, was Laura denken konnte, als sie Carlos Mils betrachtete. Sie wusste instinktiv, dass die verquollenen Augen und die tiefen Falten, die sein Gesicht zierten, nichts mit seiner Haftstrafe zu tun hatten. Es war der Tod ihrer Mutter, der Frau, die er wahrhaftig geliebt hatte, die ihn in diese bedauernswerte Gestalt verwandelt hatten. Laura spürte wie sich in ihr alles zusammen zog. Ihr immer sehr stark wirkender Vater schien gebrochen zu sein und ihn so zu sehen verletzte sie. Es war das erste Mal, dass sie ihn im Gefängnis besuchte. Nicht weil sie ihn nicht lieben würde, sondern weil es ihr leidtat, gegen ihn ausgesagt zu haben, obwohl es richtig gewesen war und sie es jederzeit wieder tun würde. Er verdiente es hier drinnen zu sitzen, dennoch schmerzt es sie.

Der Besucherraum war grell beleuchtet und da sie außerhalb der Besuchszeiten kam, abgesehen von ihnen selbst Menschenleer. Carlos Mils trug einen blauen Overall und seine Füße waren unter dem Tisch an einer Kette befestigt. Seine Hände aber waren frei, er war kein Gewaltverbrecher. Natürlich wurde er nicht angebunden wie ein Tier, zumindest nicht komplett. Als er sie sah, blitzten seine hellblauen Augen, auf die sie von ihm geerbt hatte, und seine Lippen zogen sich zu diesen liebevollen Lächeln nach oben, das ihr immer das Gefühl gegeben hatte Zuhause zu sein.

„Laura", stieß er mit einem Ostküstendialekt aus, der sie daran erinnerte, woher er kam und dass er sich Alaska und BlackWater nie so verbunden gefühlt hatte wie sie. Während sie sich nicht einmal vorstellen konnte woanders zu leben, hatte ihr Vater das Land und die Leute zu seinem Vorteil ausgenutzt. Aber das zählte nicht. Er war hier und hatte seine Strafe für eine Taten bekommen und in diesem Moment, wo Carlos aufstand und Laura in die Arme schloss als wäre alles normal, verzieh sie ihm was er getan hatte.

Es fühlte sich gut an ihn zu umarmen. Sie war wieder ein kleines Kind, das froh war bei ihrem Papa zu sein, der scheinbar alles unter Kontrolle hatte und an den sie sich immer wenden konnte. Geborgenheit, Urvertrauen, alles was sie geglaubt hatte verloren zu haben. Ihr Vater war kein nachtragender Mann und schien nicht wütend auf sie zu sein, wegen ihrer Aussage. Das würde auch nicht zu ihm passen.

„Es tut mir leid, Engelchen. Dass ich euch allein gelassen habe und du das allein durchstehen musstest", meinte Carlos mit gebrochener Stimme und strich ihr über die Haare, bevor er sie aus der Umarmung entließ.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du hier herkommen würdest", gestand er und plötzlich schnürte sich Laura für ihr fernbleiben, auch wenn sie dafür Gründe hatte, die Kehle zu. „Ich brauchte eine Weile", sagte sie lediglich und er nickte bevor seine Aufmerksamkeit auf etwas hinter ihr fiel.

Konstantin. Laura war so aufgeregt gewesen, dass sie ihn glatt vergessen hatte.

„Das ist Konstantin Hunt, Alpha des Black-Water-Rudels", stellte Laura die Männer aneinander vor und die Hand ihres Vaters versteifte sich auf ihrem Haar. Doch sein Gesicht blieb neutral. Trotz der Monate im Gefängnis bleib er dennoch ein Politiker.

„Geht es um das Haus?", fragte er und Laura schüttelte schnell den Kopf, bevor ihr Vater sich in der Vorstellung verrannte, Konstantin wäre nicht gut zu ihr.

„Ich bin seine Luna, Dad", sagte sie schnell und hoffte, dass ihr Vater ebenso wie ihre Mutter wusste was das bedeutete. Was er wohl auch tat.

„Du bist kein Wolf", beschied er und nun ergriff zum ersten Mal Konstantin das Wort:

„Das spielt keine Rolle. Laura gehört zu mir." Carlos sah ihn lange einfach nur an, dann löste er sich von Laura und setzte sich. Wie es aussah, musste er das erstmal verarbeiten. Aber Laura beschloss für sich, dass er das wohl würde akzeptieren müssen, denn es gab sowieso kein Zurück mehr. Konstantin war ihre Zukunft, das spürte sie und es fühlte sich so richtig und selbstverständlich an wie jeder ihrer Atemzüge.

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now