Vertrauen

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Kapitel 19
Laura war wirklich versucht sich einfach seiner Anziehungskraft hin zu geben und Konstantin zu bitten, die Nacht bei ihr zu verbringen. Sie wollte mehr von ihm schmecken, all diesen Küssen erliegen, mehr von seinem Körper fühlen, sie wollte es wirklich. Sie wollte seinen Körper erkunden, herausfinden welche Geräusche er von sich gab, wenn ihre Finger über das Narbengewebe an seiner Brust wanderten und darauf warten welche Reaktion er ihr entlocken konnte, wenn er das Spiel umdrehte. Alleine die Vorstellung auf ihm zu sitzen und ihn ungehindert berühren zu können, ließ ihren Herzschlag stolpern und zu diesem unglaublich zärtlichen Gefühl, dass sie schon den ganzen Abend mit ihm hatte, gesellte sich ein tiefes Brennen, das sie drohte in Asche zu verwandeln.
Es war unfassbar. Sie fühlte sich wie damals, nachdem William sie das erste Mal verführt hatte und sie glaubte vor Begierde da hinzuschmelzen, aber diesmal fühlte sie sich nicht überfordert mit der Anziehungskraft. Sie war kein unerfahrenes Mädchen mehr, sie war eine Frau die wusste wie man sich durchsetzte und vor allem war sie eine Frau, die allein ihren Kopf entscheiden ließ und nicht ihre Libido.
„Tut mir leid", flüsterte sie ihm entgegen und hielt an ihren Entschluss fest. Diese Zweisamkeit hatte ein Verfallsdatum und Konstantin würde die Nacht allein verbringen, genau wie sie selbst. Er akzeptierte es, auch wenn sein Blick etwas Unheimliches an sich hatte als er sich herunterbeugte und ihr einen sanften Kuss auf die Lippen presste. Es fühlte sich an wie eine Verabschiedung und bei dem Gedanken er könnte nun tatsächlich gehen zog sich ihr Magen zusammen.
„Können wir den Rest des Abends nicht einfach nur reden?", fragte sie um ihm zu signalisieren, dass für sie dieser Abend noch nicht zu Ende war. Der Abschied musste noch warten. Allerdings war er bereits müde gewesen als er hier angekommen war und sie wusste nicht wie sie ihn davon abhalten sollte, wenn er sich dazu entschloss doch zu gehen. Sie wollte nicht klammern.
Er ließ ihr etwas Freiraum, behielt aber ihre Hand fest umklammert als er sie zurück in die Wohnstube führte und sich wieder auf die Couch setzte. Er lehnte sich weit zurück und sah trotz des kleinen Nickerchens vorhin ziemlich fertig aus. Es war sicherlich nicht fair von ihr ihn hier zu behalten.
„Über was willst du reden, Laura?", fragte er und seine Augen glühten unnatürlich im Halbdunkel. Sein Wolf lag auf der Lauer und dennoch schien er nichts weiter zu beabsichtigen, als weiterhin mit ihrer sehr viel kleineren Hand zu spielen, die er immer noch umklammert hielt. Er strich über ihre Finger, verschränkte sie dann mit seinen um sie gleich wieder loszulassen und ihren Handballen zu massieren und dabei war er wirklich geschickt. So sehr, dass es ihr die Röte in die Wangen trieb.
„Ich weiß nicht. Wahrscheinlich sollten wir über William reden und seine Einmischung im Kindergarten aber ich glaube, dass ich dich nicht vor ihm warnen muss", sagte sie und ein leichtes kehliges Lachen drang zu ihr durch.
„Eine Warnung ist nie verkehrt, aber ich bin von dem Vorfall in Bild gesetzt worden und obwohl mir Gedanke nicht gefällt, dass du dich ihm alleine gegenübergestellt hast, bin ich dennoch stolz auf dich. Du hast ein gutes Herz", sagte er, zog ihre Hand an seinen Mund und ließ seine Lippen über ihre Fingerknöchel gleiten. Der Mann wusste wirklich, was er tat. Das gefährliche Glitzern in seinen schmalen Augen nahm zu und sie ihr wurde klar, dass er zwar akzeptiert hatte, dass sie nicht vorhatte mit ihm zu schlafen – und darauf lief eine Übernachtung zwangsweise hinaus – aber das bedeutete nicht, dass er es nicht dennoch weiter versuchte.
„Sei dir da mal nicht zu sicher, ich kann auch sehr streng und entschieden sein, wenn es sein muss", das war eine Warnung an den Mann vor ihr, der langsam aber sehr eindringlich versuchte, sie für sich zu gewinnen. Er verstand den Wink selbstverständlich, lächelte aber nur wölfisch und änderte sein Verhalten in keinster Weise.
„Das eine schließt das andere auch nicht aus. Ich zum Beispiel bin ein verständnisvoller Mann, der einer Frau die Zeit gibt, die sie braucht und dennoch nichts unversucht lässt, alles ein wenig zu beschleunigen", murmelte er und Lauras Herz machte wieder einen Satz, was sie davon ablenkte, einzugreifen bevor Konstantin an einem ihrer Finger knabbern konnte. Nur ganz kurz und vor allem ganz sanft, aber der Druck seiner Zähne war da gewesen und das Klopfen ihres Herzens rutschte tiefer. Er war gut – das musste sie ihm wirklich lassen.
„Okay. Dann erzähl mir etwas über das Rudel", meinte sie eigentlich nur um irgendetwas gesagt zu haben und ihn ein wenig abzulenken. Und sich selbst, versteht sich. Wieder grinste Konstantin wissend und er schob ihre Hand in seinen Nacken, während er sich zu ihr lehnte.
„Werde ich, wenn du mir gibst, was du mir versprochen hast!", säuselte er leicht und Laura spürte, wie sie erneut rot wurde. Sie sollte ihn streicheln und das konnte sie ihm ja wohl schlecht verweigern, nachdem sie ihn das tatsächlich versprochen hatte. Also begann Laura damit, mit den Fingern über seinen Nacken zu fahren. Seine Hand strich ihren Arm herauf, er schloss die Augen und lehnte sich auf der Couch zurück. Er wirkte friedlich als er so eine Weile liegen blieb – naja, so friedlich wie ein ruhender Alphawolf eben wirken konnte.
„Die Sache zwischen Jason und Shiny macht mir immer mehr zu schaffen, sie wird in ein paar Wochen achtzehn und dann wird es schwerer", begann er und seine Sorge klang ehrlich. Eigentlich wollte Laura ihn nicht unterbrechen, aber sie hatte eben Fragen. Sie wusste, wer Shiny war, sie hatte das Highschoolmädchen in der Rudel-Bar gesehen. Das Maskottchen, wie Konstantin es nannte, aber wer war Jason?
„Was ist mit Monnshine und diesem Jason?", fragte sie interessiert, denn alles, was ihm zu schaffen machte, machte auch ihr zu schaffen. Was könnte denn einen großen, bösen Alphawolf aus der Ruhe bringen?
„Jason ist meine Rechte Hand, du hast ihn schon gesehen. Er ist der große Typ, der sich dir vor der Bar in den Weg gestellt hat", begann er und dann fiel es Laura wieder ein. Der Kerl hatte noch finsterer dreingeschaut als sie es bei Konstantin je gesehen hatte und ihr gefiel die Richtung nicht in die sich das Thema bewegte. Dieser Jason war in Konstantins Alter und was er mit seinen Sorgen andeutete, war.... Oh Gott, kein erwachsener Mann sollte sich für ein Mädchen in diesem Alter interessieren. Ihre Volljährigkeit war kein Freifahrtschein.
„Bedrängt er sie?", fragte Laura, ganz in ihrer Rolle als Erzieherin, aber Konstantins Lippen kräuselten sich und das tiefe Lachen sagte ihr, dass es nicht so etwas war.
„Gott nein. Ich habe ihm gesagt, dass ich ihm aus dem Rudel schmeiße, wenn er sie zu zeitig anfasst. Das Problem wird nicht er sein, sondern sie. Moonshine gehört zu den dominanten Wölfen und sie hasst mich jetzt schon, weil ich ihr und Jason Steine in den Weg lege", meinte er und nun stellte Laura keine Frage, sondern wartete darauf, dass er es ihr genauer erklärte. „Sie sind wie wir", sagte er dann plötzlich und öffnete die Augen einen Spalt breit um ihre Reaktion zu beobachten.
„Was meinst du damit?"
„Sie sind vom Schicksal erwählte Gefährten. Shiny ist Jasons Luna", sagte er und für einen kurzen Moment stoppten Lauras Finger in seinen Nacken, bevor sie sich wieder fing und das Gesicht verzog.
„Sie ist viel zu jung!", brachen ihre Vorurteile aus sie heraus. Das konnte doch nicht wirklich wahr sein. Das war krank. Es war zwar nicht so, als könnte Jason ihr Vater sein – bei weitem nicht – aber dennoch, war der Altersunterschied zu stark.
„Sie war jünger, als es sie traf. Das Band, das erwählte Gefährten verbindet, spürt man von dem Augenblick an wenn der Partner körperlich herangereift ist. Shiny wusste es also eigentlich schon immer, dass sie Jasons Luna war. Ab wann sie es verstanden hat, kann ich dir leider nicht sagen. Schließlich ist sie mit diesem merkwürdigen Gefühl quasi groß geworden, sie war zwei oder drei als Jason erwachsen wurde. Jason aber traf es einige Monate nach ihrem sechzehnten Geburtstag wie aus heiteren Himmel. Er hatte keine Ahnung", sagte er und Laura dachte darüber nach.
Die beiden konnten nichts dafür, sie waren in der Situation gefangen genauso wie Konstantin und sie selbst und das weckte dann doch etwas Mitleid in ihr.
„Sie hat nichts gesagt? Du meintest ja, dass sie es irgendwann verstanden haben muss, weil er ja", sie versuchte sich an das Wort zu erinnern, dass er benutzt hatte, „herangereift war."
„So nennen wir den Zeitpunkt an dem ein Welpe die Witterung eines Welpen verliert und von unseren Wölfen als Erwachsen wahrgenommen wird. Das passiert in der Regel irgendwann zwischen dem sechzehnten bis achtzehnten Lebensjahr. Es ist ein biologisches Moment, ab dann gelten sie als Erwachsen und körperlich ausgereift. Leider ist das für die Gesetzgebung zu früh und nein, Shiny hat es für sich behalten und hatte gelitten, während wir alle keine Ahnung hatten. Dafür könnte ich ihr heute noch eins Überbraten. Sie hätte doch nur den Mund aufmachen müssen und dann wäre das Chaos weniger groß geworden", sagte er. „Das Spielt doch keine Rolle, der Altersunterschied bleibt", wandte Laura dagegen und Konstantin atmete ergebend aus.
„Ja, ich weiß. Aber das ist nicht wirklich ein Problem, sondern die Tatsache, dass Jason bis zu dem Zeitpunkt mit Shinys Schwester liiert war. Es schien ernst zwischen den beiden zu sein. Sehr ernst sogar und dann kam dieser eine Tag", meinte er.
„Das ist ja furchtbar. Und diese Luna-Sache hat dafür gesorgt, dass Jason sich einfach so einer anderen Frau zugewandt hat? Gegen seinen Willen?" Konstantin sah sie nun offen an und runzelte die Stirn.
„Nein, natürlich nicht. So funktioniert das nicht. Moonshine ist keine Sirene, die Jason mit ihrem Gesang in ihren Bann gezogen hat. Jason hat mir einmal gestanden, dass er sich schon seit Ewigkeiten etwas zu Shiny hingezogen gefühlt hat. Auf eine brüderliche Art, denn sein Wolf hat schließlich nur einen Welpen gewittert. Magnolia, das ist Shinys Schwester, war schon immer etwas eifersüchtig deswegen gewesen, hat sich aber nichts dabei gedacht."
Er wischte sich mit der Hand über das Gesicht.
„Es steht mir nicht zu, das zu analysieren. Ich bin nicht Jason und was er fühlte und was nicht, kann ich nicht sagen. Es ist kompliziert. Fakt ist aber, dass Magnolia tief verletzt ist, sie ihre Schwester hasst, Jason noch immer hinterher trauert und meine rechte Hand sich von Shiny fernhalten muss, um nicht gegen Gesetze zu verstoßen und seine Luna ist dabei wenig hilfreich. Shiny ist sauer auf ihn und reizt ihn mit Absicht und sobald sie achtzehn ist, fehlt mir ein wichtiges Argument, um es ihr zu verbieten. Ich will nicht wie ein Tyrann herrschen und es ihr einfach weiter verbieten" Das war tatsächlich schwierig und auch wirklich für keine Seite angenehm. Nur weil Shiny volljährig wurde, würde es nicht weniger verwerflich erscheinen, wenn sie sich mit einem Mann traf, der mehr als zehn Jahre älter ist als sie.
„Solange sie zur Schule geht, sollte sie es tatsächlich lassen mit ihm eine Beziehung zu führen. Egal wie alt sie ist, die Leute werden nur eine Schülerin sehen, die von einem erwachsenen Mann verführt wurde. Selbst nach ihrem Abschluss wird es Gerede geben. Aber dann wird sie zumindest als junge Frau wahrgenommen und nicht als halbes Kind." Und Wahrnehmung war etwas wichtiges, gerade für ein Gestaltwandlerrudel das gerade versuchte sich in die Gemeinschaft wieder einzugliedern.
„Ja, der Meinung bin ich auch. Aber sie macht erst in einem Jahr ihren Abschluss und ich kann nachvollziehen, dass jeder Tag, den sie warten müssen, ihnen nachhaltig schadet. Ich weiß leider momentan sehr genau welchen Schmerz ihnen die Trennung verursacht und dabei hab ich nicht mal halb so große Probleme mit meiner Luna wie Jason." Lauras Finger in seinem Nacken stockten und sie sah ihn etwas bedrückt an.
„Welche Probleme macht dir denn deine Luna?", fragte sie und konnte nicht verhindern, dass es etwas bissig klang. Dass sie ihm Schmerzen zufügte, wollte sie nicht glauben. Wirklich nicht. Aber als Konstantin sich von der Rückenlehne erhob, einen Arm um ihre Hüfte schlang und sie an sich zog, lächelte er versöhnlich.
„Nur die Probleme, die wohl jede Frau einem Mann macht. Sie ist für meinen Geschmack zu zögerlich und will sich sicher sein mir vertrauen zu können. Ich weiß nicht wie ich ihr begreiflich machen kann, dass sie als meine Luna einen Stellenwert einnimmt, der ihr nicht mehr Sicherheit bieten könnte. Ich würde für dich töten und das meine ich ernst, Laura. Du bist für mich momentan das Wichtigste auf der Welt und das ist kein romantisches Geschwätz, das ist eine schockierende Wahrheit. Denn ich bin ein Alpha und ich sollte so nur für mein Rudel empfinden", meinte er mit einer Ernsthaftigkeit in der Stimme, die ihr das Herz schwer werden ließ. Er hatte recht, sie verstand es nicht. Aber sie war auch kein Wolf und würde das Band, nach seiner Aussage, nie so intensiv wahrnehmen wie er und das, obwohl es ihr bereits jetzt zu schaffen machte.
„Es tut mir leid", sagte sie und stützte sich an seiner Brust ab, während sie sich weiter an seinen Körper pressen ließ. Auch ihre Worte waren ehrlich. Es tat ihr wirklich leid. Sie wünschte, sie könnte das Vertrauen fassen, das sie brauchte um sich ihm hinzugeben. Körperlich und seelisch.
„Es ist in Ordnung. Das Leben hat dich dieses Misstrauen gelehrt und ich verstehe das gut. Erfahrungen zu ignorieren ist dumm, denn ich werde die Erfahrung sein, die dich lehrt, an das Schicksal zu glauben", versprach er und Laura konnte sich nicht davon abhalten ihm für diese süßen Worte einen sanften Kuss auf die Lippen zu drücken. Er ließ es geschehen, aber sie spürte genau, wie der Wolf wieder ungeduldig wurde und meinte sogar ein kleines frustriertes Knurren zu hören als sie diesen keuschen Kuss beendete.
„Ich würde dir gerne mit Shiny helfen. Die Highschool hat keinen Sozialarbeiter, deswegen habe ich einige Erfahrungen damit, mit Teenagern zu reden und ihnen Dinge zu erklären. Wenn ich mit ihr rede, kann ich ihr vielleicht begreiflich machen, wie wichtig es ist, diese Beziehung erst noch ein wenig aufzuschieben", bot sie an und sie sah genau, wie Konstantin intensiv darüber nachdachte, bevor er langsam nickte. Er hatte Zweifel, sie sah es in seinen Augen, aber so wie sie ihm einen Vertrauensvorschuss gab, tat er es in diesen Moment und Laura hatte nicht vor ihn zu enttäuschen.


Beta: Geany

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt