Übereilt

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Kapitel 49

Laura

Als der Telefonanruf von Konstantin kam, der ihr mitteilte, dass sie Carly gefunden und in das Territorium zu Bill Tenessy gebracht hatten, dem Rudelarzt, fiel allen Beteiligten ein Stein vom Herzen. Melissa riss ihr förmlich das Handy aus der Hand und quetschte Konstantin aus, doch der ermahnte sie einfach nur herzukommen. Carly sei unterkühlt und bräuchte neue Anziehsachen, sonst hätte sie nur kleinere Abschürfungen.

Sie ließ das Handy fast fallen, als sie aufstand, wie von der Tarantel gestochen und dicke Kleidung für Carly zusammensammelte. Laura beobachtete ihre Freundin mit panisch schlagendem Herzen, das so laut pochte, dass sie Konstantins Stimme am anderen Ende der Leitung kaum hören konnte.

„Lass sie nicht alleine Fahren, sie ist so aufgewühlt, dass sie noch im Graben landet", knurrte ihr Wolf und Laura nickte, bis ihr wieder einfiel, dass er das ja gar nicht sehen konnte.

„Sie fährt beim Sherriff mit, denke ich, der wird sich nicht davon abhalten lassen, selbst festzustellen wie es Carly geht", meinte sie und die Verbindung, die sie mit Konstantin teilte, zog sie regelrecht in seine Richtung. Sie war so froh, dass Carly lebte aber wollte gerade nichts lieber, als in den Armen ihres Wolfes zu liegen. Die bleierne Müdigkeit in ihren Knochen zog plötzlich an ihr und als sie auf die Uhr sah, wusste sie auch, warum. Es war halb vier am Morgen.

„Laura, ich habe William an ihr gerochen", sagte er so plötzlich, als würde er damit keine Bombe platzen lassen. Sie erstarrte. Die Müdigkeit verschwand wieder und machte einem heftigen Adrenalinschub Platz, der sie wieder in den Ausnahmezustand versetzte. Im wahrsten Sinne des Wortes.

„Was?", fragte sie und sie spürte wie Konstantin versuchte, sie durch das Band hindurch zu beruhigen, aber es funktionierte nicht. Er war zu weit entfernt und sie wollte sich schlicht nicht beruhigen lassen.

„Gerüche sind keine Beweise und es gibt tausende Arten wie sein Geruch auf ihr gelandet sein könnte aber ..."

„Diesmal werde ich ihn wirklich erschießen!", fauchte Laura, beendete das Telefonat ohne sich zu verabschieden und griff nach dem Autoschlüssel des Jeeps.

„Miss Mils? Wo wollen Sie hin?", fragte der Sheriff, der gerade ebenfalls in einem Telefonat steckte, aber dafür hatte Laura keine Zeit. Wenn sie ihm die Wahrheit sagte würde er versuchen sie aufzuhalten, genau deswegen hatte sie auch Konstantin nicht weiter zugehört, dessen Name wieder auf ihren Handydisplay erschien, doch sie drückte seinen Anruf weg, worauf eine Welle von Frustration durch das Band zu ihr hindurch sickerte. Vielleicht handelte sie gerade überstürzt, aber sie musste es einfach wissen und wenn sie die Wahrheit aus Langfeld heraus prügeln musste. Er würde gestehen!

„Weg. Bringen sie Melisa zu Carly auf das Territorium, ja? Ich muss was erledigen!", sagte sie schnell und der neue Sheriff runzelte misstrauisch die Stirn.

„Miss Mils, muss ich Sie darin ermahnen, sich nicht selbst in Gefahr zu bringen? Ich weiß von dem Geruch, den ihr Wolf aufgeschnappt hat und Sie wissen, dass das als Beweis nicht ausreicht. Machen sie bitte nichts Dummes!"

„William Langfeld betrachtet mich immer noch als seine Verlobte, sagen Sie mir, Johnson, wer von uns beiden hat die besseren Chancen ihn zum Reden zu bringen. Sie, bei einem Verhör, wo er sich herausredet wird wie damals bei dem Prozess gegen meinen Vater, oder bei mir, wenn er glaubt nicht abgehört zu werden", fragte sie, zog sich ihre Schuhe und ihren Mantel an und suchte sich die App für die Tonaufnahme.

„Wenn das schiefgeht und er Ihnen etwas antut, dann legt ihr Wolf mich um, dazu hätte er auf seinem Territorium sogar das recht." Meinte er nur, schien sie aber nicht weiter aufzuhalten, während sie sich ihren Schal umband und das Telefon mit der laufenden App in ihrer Manteltasche verschwinden ließ.

„Geben Sie mir eine halbe Stunde, bevor sie mir ihre Leute hinterherschicken, oder sagen Sie Anderson Bud Bescheid, der kann mir notfalls helfen.", sagte sie und wartete die Antwort gar nicht ab, bevor sie die Treppe von dem Wohnblock herunterging und in das Auto sprang. Sie wusste sehr wohl, dass das, was sie tat, nicht ungefährlich war, aber sie vertraute darauf, dass Caleb Johanson clever genug war sie nicht aufzuhalten. Er war noch nicht lange Sheriff und er brauchte diesen Ermittlungserfolg dringend und sie musste ihrem Ex-Freund ein paar Mal in die Eier treten.

Konstantin

Sie hatte aufgelegt, sie hatte verdammt nochmal einfach aufgelegt. Konstantin hatte immer gewusst, dass seine Luna über ein ganz eigenes Temperament verfügte aber, dass sie das tun würde ... er war fassungslos.

Er blickte noch einmal zu dem kleinen Mädchen, dass in einer Wärmedecke immer noch ohne Bewusstsein lag und dass Bill nicht aus den Augen ließ, während er akribisch ihren Herzschlag und ihre Sauerstoffsättigung im Auge behielt. Bill war sicherlich nicht der geselligste Wolf und fiel wohl eher in die Kategorie Einzelgänger, aber er hatte ein schlagendes Herz in seiner Brust und kümmerte sich peinlich genau um seine Patienten.

„Ich weiß nicht, ob sie durchkommt. Sie ist stark unterkühlt, ihr Herzschlag schwach und ihr Körper war definitiv bereits in einen degenerativen Zustand als ihr sie hergebracht habt. Wenn sie durchkommt, dann könnten ihre Körpergefäße beschädigt sein oder schlimmer: ihre Organe. Das kann ich noch nicht sagen." Das waren keine guten Neuigkeiten aber das beschäftigte Konstantin momentan nur wenig. Das war grausam, ja, aber sein Denken wurde gerade von Laura eingenommen, die mit Sicherheit gerade dabei war etwas Dummes zu tun. Sein Instinkt, seine Luna zu beschützen, kämpfte mit der Verantwortung gegenüber diesem Kind. Er war der Alpha, er konnte nicht einfach gehen, seine Frau war erwachsen, er musste darauf vertrauen, dass sie das richtige tat. Aber verdammt, er konnte nicht. Sie hatten die Luna-Zeremonie noch nicht vollzogen und sein Wolf hatte das Gefühl, dass sie ihm noch nicht ganz gehören würde und wollte ihr nacheilen. Der Mann aber wusste es besser, dennoch war es schwer das Dröhnen in seinem Kopf zu ignorieren.

Ungehalten ging Konstantin im kleinen Gebäude, dass das Rudel als Ärztehaus kannte und in dem Bill wegen der Wohnungsknappheit auch wohnte, auf und ab. Solange bis Jason ihm eine Hand auf die Schulter legte.

„Du drehst durch, wenn du deinen Instinkt ignoriert. Geh ihr nach, ich bleibe hier", sagte sein Stellvertreter und wenn jemand wissen würde, wie gefährlich es war seinen Instinkt in Bezug auf seine Luna nicht zu folgen, dann wohl er. Wie oft hatte Konstantin seine rechten Hand schon in Wolfsgestalt vor Shinys Wohnung herumlungern sehen, weil er es nicht aushielt von ihr getrennt zu sein? Das war selten gut ausgegangen, denn neben Shiny lebte dort auch Magnolia, die ihn momentan fast so sehr hasste wie ihre Schwester, der sie das Leben gerade zur Hölle machte. Moonshine hatte sich nie darüber beklagt, auch wenn das ganze Rudel es wusste, denn Shiny war alt genug und würde um Hilfe bitten, wenn sie sie brauchte.

„Wenn ich nur wüsste, wo sie hingeht", meinte er aber Jason zog nur eine dunkle Augenbraue nach oben und legte den Kopf schief.

„Weißt du das wirklich nicht?", fragte er und Konstantin horchte in sich hinein. Er kannte Laura und ahnte, dass sie versuchen würde Beweise zu bekommen. Sie hatte einen aufgeprägten Gerechtigkeitssinn, das hatte sie schon bei der Verhandlung gegen ihren Vater bewiesen. Und diese Beweise bekam sie nur ... Mist. Sie ging direkt zu ihm! Zu dem Mann, der vielleicht schon ein Leben auf den Gewissen hatte und keine Skrupel zu haben schien ein Kind erfrieren zu lassen. Er würde nicht zögern auch Laura etwas anzutun, wenn seine Luna Dummheiten machte. Vielleicht sollte er Bud um Hilfe bitten, bevor er sich selbst auf den Weg machte und wenn er seine Luna da herausgeholt hatte würde er ihr den Hintern versohlen!

Beta: Geany

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now