Familienpläne

18K 1K 19
                                    

Kapitel 11


Das Essen war wirklich gut und auch wenn Konstantins Steak wesentlich blutiger aussah als ihres, schien auch seines ihm gut zu schmecken. Denn er aß so schnell, dass Laura ernsthaft daran zweifelte, dass er den Geschmack tatsächlich registrierte. Und so war es auch nicht verwunderlich, dass er bereits fertig war, als sie ihren Teller noch nicht mal zur Hälfte aufgegessen hatte und sofort seine gesamte Aufmerksamkeit wieder auf sie legte. Es war schmeichelhaft wie eindringlich er sie beobachtete, als könnte er den Blick kaum von ihr losreißen aber die Intensität in diesem Blick kam ihr ziemlich bekannt vor und das gefiel ihr gar nicht. William Langfield sah sie auch so an, als wäre sie ein Stück Fleisch und etwas was man in Besitzen nehmen konnte und kein Mensch. Was war sie für Konstantin?„Warum Erzieherin?", fragte er und Laura, die sich gerade vorgenommen hatte ihn zu ignorieren, sah wieder zu ihm auf. Er und William hatten viel gemeinsam, aber Konstantin erschien ihr gefährlicher. Er schien kein Mann zu sein, der Kompromisse machte. Vielleicht war das einfach die Art der Gestaltwandler aber ihr bereitete es Sorgen. Dennoch schien er zumindest ernsthaft auch an ihr als Person Interesse zu haben, sonst würde er nicht so zwanghaft versuchen sie mit solchen Fragen kennenzulernen. Leider war sie gerade irgendwie nicht in der Stimmung dafür sich ihm zu öffnen und sie tat, was sie immer tat, weil sie nicht aus ihrer Haut konnte. Sie blockte ab.
„Ihnen ist doch sicherlich aufgefallen, dass es hier nicht gerade eine menge Jobangebote gibt", gab sie in einer wegwerfenden Stimmlage von sich, aber Konstantins Augen durchbohrten sie weiter. Dieses wölfische Silber war wieder da und verstörte sie irgendwie. Es fühlte sich an als würde ihr der Blick direkt durch Haut und Knochen fahren, nichts konnte vor ihm verborgen bleiben.
„Und dennoch hast du dich für einen der nervenaufreibendsten entschieden und nicht dafür zu kellern oder etwas anderes. Also: Warum?", fragte er weiter. Der Mann würde nicht locker lassen. Es war fast schon nervig wie hartnäckig er war, aber was sollte eine Frau soviel männlicher Aufdringlichkeit schon entgegensetzen? Er wollte die Wahrheit, tja die war nichts Besonderes, geradezu klischeehaft, wenn sie ehrlich war.
„Ich mag Kinder. Für mich ist es nicht nervenaufreibend. Manchmal etwas anstrengend aber das ist in Ordnung, es sind eben Kinder", meinte sie gerade heraus und gestand sich damit selber ein das sie zu dieser Art Frau gehörte: Kinder, Heim, Familie. Das ist es, was sie wollte. Keine große Karriere, keine großen Ziele. Sie wollte Sicherheit, einen guten Mann an ihrer Seite und dann ein langweiliges Leben führen.
„Du willst selber welche?", fragte Konstantin noch einmal nach und da sie sich jetzt bereits als häusliches, kleines Mädchen geoutet hatte spielte alles weitere sowieso keine Rolle. Sollte er sie doch für langweilig halten, für einfach und bäuerlich. Das war sie eben. Es gab nichts Besonderes an ihr, sie war nicht besonders witzig und auch nicht besonders tiefsinnig.
„Natürlich, wenn ich den entscheidenden Faktor dazu bekomme, will ich auch mal eigene Kinder haben." Das sollte dann nun eindeutig sein. Wahrscheinlich hatte er sich nur angefangen für sie zu interessieren, weil sie frech gewesen war und unleidlich. Aber so war sie eigentlich nicht, sie musste so sein, denn hier oben herrschten raue Sitten und sie durfte nicht das behütet aufgewachsene Mädchen spielen während andere ihr die Butter vom Brot nahmen. Sie war gezwungen sich zu wehren und sie würde nicht damit aufhören! Gerade jetzt wo auch William Langfield endlich zu verstehen schien, dass ein Nein wirklich Nein bei ihr bedeutete.
„Sex?",fragte Konstantin gerade heraus und fast hätte Laura genervt mit den Augen gerollt. Männer. Natürlich dachte er dabei sofort an Sex. Als wäre das alles was nötig wäre um ein Kind zu zeugen. Naja, theoretisch stimmte das natürlich und sie würde auch nie behaupten, man könnte Kinder nicht alleine groß ziehen – Melissa war dafür das beste Beispiel. Carly war so gut geraten wie kaum ein anderes Kind – doch das war kein Weg, den sie freiwillig nehmen würde.
„Einen Mann!", beharrte Laura mit Nachdruck und wusste genau, wie Männer normalerweise auf sowas reagierten. Ja, sie war nicht die Frau für lockere Affären, sie wollte etwas Ernsthaftes und die wenigsten Männer blieben dabei ruhig. Der Gedanke an Familie und Verantwortung verschreckte die meisten sofort, vielleicht hatte sie sich deshalb in William verliebt. Er war älter gewesen, gesetzter und hatte keine Angst davor Verantwortung für eine Familie zu tragen. Er hatte zwar dennoch immer hohe Ziele gehabt, aber überhaupt einen Mann zu finden der etwas Ernstes wollte war hier oben in Alaska ein wahrer Glücksgriff. Und wie vermutet verlor Konstantin den weichen und anzüglichen Blick und seine Gesichtszüge versteiften sich. Allerdings nicht aus dem Grund, den sie vermutet hätte.
„Also hast du Sex? Mit wem?", fragte er sauer und die Eifersucht, die so plötzlich und so heftig auf seiner Seite aufloderte, war so unangebracht und einfach nur inakzeptabel, dass Laura nicht anders konnte, als sich ihm entgegenzustellen.
„Das geht Sie sicherlich nichts an und ich werde darüber auch nicht mit Ihnen reden. Wir kennen uns kaum", war alles, was sie dazu sagen wollte. Aber natürlich war so etwas für einen Mann wie Konstantin absolut inakzeptabel und sie befürchtete, dass es erneut in einem Streit enden würde. Hatten sie sich nicht eben gerade erst wieder versöhnt? Was war dieses Essen? Eine Achterbahnfahrt?
„Wir haben ein Date", sagte er so plötzlich, als würde das alles erklären und alles rechtfertigen. Das tat es aber nicht. Aber bei seiner interpretation dieses Abends, als Date, würde sie nicht widersprechen. Dawar etwas zwischen ihnen und auch sie empfand es.
„Das gehört sicherlich nicht zu der Themenbasis von ersten Dates. Ich frage Sie ja auch nicht nach ihren verflossenen Geliebten oder gerade laufenden Affären", beharrte sie dennoch. Sie wollte ihm nichts von William erzählen oder der Tatsache, dass niemand dank ihrem Ex etwas von ihr wollte. Sie wollte nicht, dass auch er sich zurückzog. Irgendwie. Seit fünf Jahren war es das erste Mal, dass überhaupt ein Mann sie zu irgendetwas eingeladen hatte, egal wie merkwürdig die Umstände auch waren. Es störte sie nicht, das er ein Gestaltwandler war. Konstantin war etwas harscher als wohl die meisten Männer und seine Arroganz machte sie wütend, aber er war auch attraktiv und sie war eben trotz aller Enttäuschungen immer noch auf der Suche nach jemanden, mit dem sich ein Leben aufbauen konnte. Bei dem Gedanken, dass dieser Jemand Konstantin sein konnte, machte ihr Herz einen merkwürdigen Satz. Sie kannte ihn kaum und es war lächerlich zu viel in dies Abend hineinzuinterpretieren, aber die Hoffnung starb bekanntlich zuletzt.
„Es gibt keine. Also laufenden Affären, ich habe sie beendet" Okay, das war nicht das, womit sie nicht gerechnet hatte. Das er Affären hatte schon. Natürlich. Er war attraktiv und dominant, auf Frauen wirkte er sicherlich wie Honig auf eine Biene, aber das er es so klingen ließ als hätte er diese Affären ihretwegen beendet... Nein, das musste sie sich einbilden. Das war lächerlich. Sie kannten sich kaum.„Wie gesagt: ich frage nicht danach!", beharrte sie. Sie musste schnell auf ein anderes Thema zurückkommen, dass nicht drohte in einen weiteren ihrer kleinen Wutanfälle zu enden. Aber bei Gott, der Mann machte es einem wirklich schwer!
„Wer, Laura? Und lass diesen „Sie" Blödsinn. Ich bin Konstantin!", fuhr er sie etwas harsche, als notwendig gewesen wäre, an. Was sollte sie dazu sagen? Mist.
„Ich habe keinen Sex und mein einziger verflossener ist William Langfield", murmelte sie dann immer noch wütend, gab aber nach. Sollte er davon doch halten was er wollte! Sie war eben nicht besonders begehrt bei den Männern. Na und? Sie hatte ja auch schon gesagt, dass sie eher etwas Festes wollte und nicht auf der Suche nach einer schnellen Nummer war. Da passte das doch ins Bild, oder nicht? Die jungen Männer in ihrem Alter waren noch nicht dazu bereit sich zu binden, so war das nun einmal und das bedeutet, dass Laura würde warten müssen. Es sei denn, sie ließ sich einmal mehr verarschen. So wie sie sich von William hatte verarschen lassen, der sie ganz sicher nie geliebt hatte, sonst hätte er nicht sofort den Schwanz eingezogen und wäre nach NewYork geflohen um dem ganzen Debakel zu entkommen. Obwohl sie bereits vor seiner Abreise erkannt hatte, was für ein Mistkerl er war und mit ihm Schluss gemacht hatte, hatte sein Vorhaben sie verletzt. Besonders weil er noch wenige Stunden davor beteuert hatte er würde sie lieben und alles für sie tun. Ihre Gefühlswelt und Einstellung zu Männern war seitdem etwas merkwürdig geworden. Sie wollte einen Mann an ihrer Seite, wagte aber nicht sich diesem leichtfertig zu öffnen. Sie wollte, dass die Männer ihre ehrlichen Absichten bewiesen und hartnäckig blieben, schlug aber heftig mental um sich, wenn es dann doch einer wagte. So etwas musste doch potenziell jeden Kerl verschrecken, oder? Sie verstand sich doch selbst manchmal nicht, verflucht nochmal!
„Ihr wart zusammen?", fragte Konstantin mit ernstem Blick und deutlich zu erkennender Wut in der Stimme.
„Ja. Ich war jung und dumm und für ihn wohl eine gute Wahl, zumindest solange bis mein Vater ins Gefängnis wanderte. Das ist alles, was ich zu dem Thema sagen werde!", verkündete sie wieder und wollte das alles damit wirklich abschließen, aber natürlich ließ Konstantin nicht locker. Was wollte er eigentlich von ihr? Würde er erst Ruhe geben, wenn er jeden Aspekt in ihrem Leben kannte?
„Und danach kam keiner mehr?", hakte er nach. Laura schüttelte den Kopf als würde sie das nicht wie eine prüde, alte Jungfrau aussehen lassen, sondern als wäre das ihre Entscheidung. Als wäre keiner gut genug. Das sie selbst es bei zwei Männern versucht hatte und kläglich abgeblitzt war, würde sie nie zugeben.
„Du bist jung und schön, warum hat es nach ihm keinen mehr gegeben?" Warum tat er ihr das an? Was wollte er denn hören? Das Männer auch mehr wollten als eine junge, schöne Frau? Ja es reichte nicht halbwegs gut auszusehen. Offensichtlich.
„Mein Vater sitzt im Gefängnis unter anderem wegen Mordes, meine Mutter ist schwer krank und ich bin darauf angewiesen, dass du mich nicht auf die Straße setzt. Ich bin nicht gerade eine gute Partie." Sie brachte Probleme mit sich. Sie hatte nicht viel zu bieten außer ihrem Äußeren. Sie hatte ein Wesen, das sie selbst nicht verstand und eine noch viel komplizierte Familie. Es gab nichts, aber auch wirklich gar nichts, was für sie sprach und dann gab es ja noch diesen Bürgermeister Kandidaten der ihr aktiv Steine in den Weg legte. Langfield hatte nicht unrecht damit, dass es sich kein Mann trauen würde sich ihr zu nähern, weil er befürchten musste, sich den Zorn des zukünftigen Bürgermeisters auszusetzen.
„Und diese Verlobung?" Oh Gott, konnte er wirklich nichts einfach hinnehmen?
„Ich sagte schon, dass ich nicht näher darüber reden will!", meinte Laura noch einmal und wurde dabei etwas lauter. Das sollte ihn davon abhalten weitere Fragen zu stellen, aber nicht bei Konstantin. Er war ein Alpha, er würde solange Bohren bis er die Antworten hatte, die er wollte und Laura hasste ihn ehrlich dafür!
„Bist du mit ihm verlobt und ihr habt momentan nur so etwas wie eine Krise?"
WAS?!
„Gott! Nein! Ich hasse Langfield. Mein Vater hat damals in diese Verbindung eingestimmt und meine Mutter besteht heute noch darauf, das reicht um in dieser Stadt, am Ende der Welt, als Verlobt angesehen zu werden! Was ich davon halte ist erstmal egal. William Langfield wird Bürgermeister werden, ganz einfach, weil niemand es wagt, gegen ihn anzutreten. Er braucht eine Frau an seiner Seite. Warum er an mir festhält weiß ich nicht. Wie gesagt: ich bin theoretisch keine gute Partie."
So. Da war sie also, die ungeschminkte Wahrheit. Sie kam aus diesem Verlobungskram einfach nicht heraus und Langfield würde sie nicht gehen lassen. Es war besser für ihn die Finger von ihr zu lassen wenn er Problemen aus dem Weg gehen wollte. Konstantin hatte nun genügend Gründe sich von ihr fernzuhalten und all diese Dinge hatte sie eigentlich nicht sagen wollen. Es hatte ihr gefallen, dass ein Mann sich für sie interessierte. Natürlich hätte er all diese Dinge auch mit der Zeit selbst erlebt, aber dann hätte er zumindest die Chance gehabt sie besser kennenzulernen und sich vielleicht in sie ver... Nein. Sie hatte an dem ganzen Abend sowieso keinen guten Eindruck gemacht. Seine Hartnäckigkeit war ihre ein Rätsel.
„Doch bist du. Und das weißt du auch. Dein Vater sitzt im Gefängnis und ich bin mir sicher, dass einige Menschen in Black-Water ihn wirklich hassen, aber in dir sehen sie nicht deinen Vater. Sie sehen eine hübsche junge Frau, die sich liebevoll um ihre Kinder kümmert, bescheiden lebt und ihre Mutter pflegt. Du bist beliebt in der Stadt, du bist hier aufgewachsen. Abgesehen davon bist Langfield versprochen worden, das alleine würde reichen um dich zu wollen. Männer ticken eben so. Sie behalten was ihnen gehört und können es nicht leiden, wenn ihn etwas weggenommen wird. Umso mehr du dich dagegen wehrst, umso mehr will er dich."Das sollte sie aufbauen, aber diese unendliche pessimistische Stimme in ihrem Kopf sah in seiner kleinen Rede nur eines: Die Gründe, die ihn dazu bringen könnten, sich ihr zu nähern. Er war neu in der Stadt, er brauchte jemanden der ihm dabei half sich in die Gemeinschaft einzugliedern. Was wäre da besser als eine Frau, die war wie er es eben beschrieben hatte?„Ist das auch der Grund warum du mir nachstellst?", fragte sie gerade heraus. Sie würde sich niemals mehr benutzen lassen! Wenn er glaubte, mit ihr einen guten Fang zu machen um seine eigenen Pläne vorantreiben zu können, würde sie ihm eines Besseren belehren!
„Du lebst auf meinem Land, du gehörst mir bereits." Okay, so konnte man sich auch um eine Antwort drücken. Er versteckte seine Motive hinter Arroganz und zu ihrem Leidwesen funktionierte es.
„Ich gehöre niemanden!"
„Außer mir. Du weißt es, du fühlst es. Du verstehst es noch nicht, aber das wirst du schon noch. Du solltest keine Angst davor haben." Dieser elende Wichtigtuer! Er sollte ihr endlich sagen was er wirklich von ihr wollte! Er sollte ihr die Wahrheit sagen und nicht auf diese blödsinnige Verbindung anspielen, die sie sich wahrscheinlich eh nur einbildete, weil sie glauben wollte endlich jemanden gefunden zu haben!
„Ich habe keine Angst! Weder vor William noch vor dir!", machte sie deutlich und beschloss ihm weitere Narben im Gesicht zu verpassen, wenn er auch nur versuchen sollte sie auszunutzen! Ja, es entsprach nicht ihrem Wesen. Aber wenn er glaubte, dass Menschen keine Krallen haben konnten, würde sie ihn eines Besseren belehren!
„Es gibt auch keinen Grund warum du dich fürchten solltest. William Langfield wird dich in Ruhe lassen, dafür sorge ich schon und ich würde dir nie etwas antun, Laura. Aber bitte vergiss nicht, was ich bin und wozu ich fähig sein kann, wenn es darum geht die Meinen zu beschützen. Ich habe keine bösen Absichten, für mich ist das genauso Neuland wie für dich auch. Bitte versteh, wenn ich dir nicht mehr sagen kann, aber momentan bist du aufgebracht und ich glaube die Wahrheit wäre nicht hilfreich." Na ja zumindest mit einem hatte er recht. Sie war aufgebracht und als er erneut versuchte nach ihrer Hand zu greifen, zog sie diese schnell weg. Zweimal würde das nicht funktionieren. Und dann überkam sie wieder ein seltsam warmes Gefühl der Vertrautheit und des Schutzes und allem anderen wonach sie sich innerlich sehnte. Manipulation, mehr war es nicht! Und sie spürte ihrerseits nichts als Enttäuschung! Es war hoffnungslos. Das hier würde niemals klappen. Was sie sich dabei gedacht hatte, würde sie aber erst morgen analysieren.„Das Essen war toll. Danke, aber deine Arroganz vermiest mir den Abend! Ich will nach Hause!" forderte sie streng. Und Konstantin blickte ihr lange in die Augen während ihm tatsächlich klar wurde, dass er etwas falsch gemacht hatte. Darin war er besser als William. Sich eingestehen etwas falsch zu machen war schwer, aber er konnte es. Das war ein Punkt für ihn, die Frage war, wie er damit umging. 


Beta: Geany

Die Rückkehr des Wolfes- Alaska Werewolves Bd. 1Where stories live. Discover now